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Das Kochen war wirklich wie eine eigene Party vor der Party. Sie schienen das Beisammensein zu genießen. Irgendwie tolle Familie.

"Juna, stimmts? Hilfst du Tischdecken?" Seine Mutter sprach mich an. Ich schaute hilfesuchend zu Ricardo. Patrik bemerkte dann, dass ich unruhig wurde und stupste Ricardo an. Er kam zu mir und gab mir ein paar Servietten aus Stoff.

"Hilfst du ihr?" Sein Blick verriet alles ohne viele Worte. Ich vertraute ihm und ging mit ins Esszimmer. Ich musste mich einfach mal normal benehmen.

"Legst du die bitte auch auf jeden Teller und gib mir die Servietten. Ich möchte sie Falten." Sie zauberte Rosen die sie wunderschön arrangierte.

"Darf ich fragen, wie alt du bist? Du schaust sehr jung aus."

"Neunzehn Ma'm." Sie lachte.

"Ma'm? Nein. Amilya reicht. Ich will ganz offen sein. Es ist befremdlich ihn mit so einer jungen Dame zu sehen. Vorallem, weil du auch so ruhig bist." Was sollte ich dazu sagen? Ich schwieg lieber.

"Er scheint verändert." Erst hatte ich Angst, dass sie es eher negativ aufpasste. Aber dann lächelte sie.

"Aber diese Veränderung gefällt mir. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung." Worauf? Immer noch schweigend schaute ich sie an. Dann kam sie rum zu mir an die andere Seite des Tisches.

"Komm, ich zeig dir mal ein paar Techniken in der Serviettenkunst. Das ist ganz einfach. Ihm wird gefallen, dass die Rose von dir gemacht wurde." Sie zeigte mir geduldig wie es ging, ich brauchte aber paar Anläufe um es so hinzubekommen wie sie.

"Talent hast du wohl in vielen Dingen. Gut gemacht. Danke. Du darfst gern wieder zu ihm." Das wars schon? Wie sollte ich das jetzt werten? Vorallem das Danke. Warum bedankte sich jeder bei mir? Voll in Trance lief ich in die Küche und stieß da gegen Patrick.

"Ähm, Verzeihung."

"Siehst du Sis? Das ist Erziehung. Das heißt ... was noch mal?"

"Verzeihung?" Wiederholte ich mich.

"Richtig. Verzeihung! Nicht, kannst du nicht aufpassen du Arsch!" Ricardo musste lachen.

"Ist aber auch eine Möglichkeit." Verarschte er ihn. Ich glaube, dass war einfach seine Art, um mir die Angst zu nehmen. Locker zu werden. Mit Humor solche Situationen zu meistern. Er merkte nämlich, dass ich kurz davor war, die Füße in die Hand zu nehmen.

"Lach auch mal. Steht dir bestimmt besser." Flüsterte er mir entgegen, als er an mir vorbeilief.

"Pat! Hier wird nicht geflirtet." Er hob symbolisch die Hände und schaute unschuldig, bevor er mir ziemlich keck entgegenzwinkerte.

"Mach dir nichts drauß. Das ist seine Art nett zu sein und dich persönlich willkommen zu heißen." Sagte Eva und schmiss das Hand zu Ricardo der sich dann auch die Hände abtrocknete.

"Er flirtet gern. Aber nimm es nicht ernst. Er wurde nie etwas versuchen. Nur .... halte dich fern, wenn er dicht ist." Der letzte Satz machte mich etwas unsicher und half so gar nicht um mich besser zu fühlen.

"Haben alle Hunger? Jetzt wird ordentlich gespeist meine Lieben!" Gröhlte sein Vater.

"Vorallem du Mädel! Du brauchst was auf den Rippen. Sonst hat er ja nichts zum festhalten ..."

"Dad! Bitte, setzt dich und iss." Eva schaute zu Ricardo. Sie schien sich Sorgen über irgendetwas zu machen. Ricardo hingegen lächelte, schien aber auch nachdenklich.

"Mir geht es gut." Irgendwie ahnte ich worum es ging. Denn nur die beiden wussten davon.

"Bald wieder. Ja."

"Nein. Nicht bald. Glaub mir. Mir geht es gut. Besser als jeh zuvor in meinem Leben. Dank dir." Er legte eine Hand auf mein Bein und lächelte dankbar. Dann wurde das Essen verteilt. Jeder wollte, dass ich von etwas koste. Sie stopften mir den Teller förmlich voll, bis Ricardo einen Riegel vorschob.

"Stopp Leute! Ihr sollt sie nicht mästen! Sie wird schon nehmen, wenn sie will."

"Ach, sie verträgt das sicherlich. Sieht aus wie eine Kämpferin." Lachte sein Vater und schob sich eine Gabel voll Essen in den Mund. Er schien ein guter Esser zu sein. Genoss jeden Bissen. Sein kleines Bäuchlein zeigte es. Aber trotzdem sah er sehr stramm aus. So wie die Strongest Men im TV. Mir wäre das zu viel Masse.

"Vorsicht, so könnte er auch aussehen. Er achtet auch nicht auf das was er isst." Stänkerte Patrick.

"Das ist Sexy Schwungmasse. Der Bub braucht noch ordentlich was drauf! Geh mal wieder trainieren! Könntest mal wieder mitkommen. Die Jungs fragen oft nach dir. Steht die kleine auf richtige Männer?"

"Ja. Deswegen bin ich bei deinem Sohn. Sir." Grinste ich. Gott! Ich habs mir echt getraut. Wäre fast unter den Tisch gerutscht. Zuerst schauten mich alle komisch an dann lachte sein Vater und lockerte die Stimmung wieder. War wohl keiner drauf gefasst, dass ich schlagfertig war. Naja, so halbwegs zumindestens.

"Wie habt ihr euch kennengelernt?" Fragte dann Patrick.

"Internet." Gab Eva für uns die Antwort. Alle schauten erst zu ihr, dann wieder zu uns. Erst herrschte Schweigen. Dieses war merkwürdig. Irgendwann schien das Eva zu nerven.

"Leute! Sie ist kein Alien die irgendwelchen Informationen zur unserer Vernichtung stehlen will. Sie will einfach dazu gehören. Normal behandelt werden. Also benehmt euch Normal. So wie immer. Sie ist merkwürdige Leute gewohnt. Sie hat sich den ja ausgesucht." Grinste sie und zeigte lässig auf Ricardo.

"Sehr witzig!" Er schmiss ihr tatsächlich eine Erbse zu.

"Hey! Mit essen spielt man nicht!" Und schmeißt trotzdem was zurück.

"Bitte! Könnt ihr euch mal nicht mit essen bewerfen? Wenn in den Mund bitte, nicht in die Augen!" Schimpfte seine Mutter. Die beiden mussten sich das lachen verkneifen. Dann wurde die Runde lockerer und alle redeten. Jeder mit jedem. Eine gemütliche Runde. Dachte ich jedenfalls.

"Weißt du überhaupt was er macht? Ich denke nicht. Da er es eigentlich immer für sich behält um ..."

"Ich bin selber Reich." Gab ich kurz und knapp wieder. Patrik war erstaunt.

"Endlich mal eine, die nicht hinter seinem Geld her ist. Oder auf Status? Was machst du den?"

"Nichts. Mein Vater. Luxusimobilien." Wieder kam es sehr kurz. Wollte eigentlich nicht viel reden und wieder die Aufmerksamkeit auf mich lenken.

"Wer ist es? Vielleicht kennt man ihn?" Ich legte die Gabel weg und schaute zu Ricardo. Ich fand diese Fragerei unangenehm.

"Du musst nicht antworten. Und du Pat, lass sie doch einfach." Aber dann flüsterte er mir ins Ohr

"Du hast dich tatsächlich nie komplett vorgestellt." Stimmt. Er kannte meinen Nachnamen noch nicht. Aber ich war auch nicht stolz auf diesen.

Last Chance - Lebe jede SekundeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt