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In Haus herrschte eine merkwürdige Stimmung.
Irgendwie fühlte ich mich schuldig. Wollte weglaufen. Konnte aber nicht wegen Ricardo, da ich bei ihm bleiben wollte.

"Noch mal von vorne. Ich weiß, für euch schwer sich einfach mal zu benehmen, dass war der Grund, dass ich keine mitnahm. Mit allen anderen hätte es wohl mehr Stress gegeben. Ich hoffte, da sie genauso wie wir ist, anders ... das ihr sie akzeptiert! Ihr wisst alle wie es ist ein Außenseiter zu sein, also bitte, werdet nicht wie die, die uns ausgrenzten." Ich hörte nur das, alle anderen. Das machte mich sauer. Welche Weiber waren wohl mit ihm zusammen? Wie viele hatte er schon? Waren es so viele?

"Wir grenzen sie ja nicht aus. Wir sind nicht du ..." Jetzt war ich etwas verwundert. Was hat er getan?

"Ich ... Es tut mir leid. Ich wollte nicht ... Ich war einfach Fokussiert. Wollte nur was erreichen, was ich auch tat! Wir hätten sonst einiges nicht, was wir jetzt haben. Verurteilt mich nicht dafür, dass ich was besseres wollte." Er wollte gerade weiter seine Worte durch den Raum schmettern, aber Eva unterbrach ihn.

"Ja! Ja mein großer. Das wissen wir und sind dir dankbar. Aber ... wir haben dich vermisst. Es war ja nicht nur dein Job. Diese Storys mit den ..." Er schob sie bei Seite und versiegelte ihr mit einem Blick den Mund.

"Weiß sie nichts davon? Der große Richie Rich. Auf der suche nach der Einen." Fing Patrick an, was Ricardo wohl nicht toll fand, aber wohl wusste, dass er eh nichts gegen tun konnte. Pat würde nicht so schnell den Mund halten.

"Du warst gerade zu drauf besessen die richtige zu finden. Aber das man die Frau nicht nach Auswahlverfahren aussucht und nach Plan kennenlernt, war dir ja fremd. Du bist mit ihnen umgegangen wie mit deinen Job. Versuchtest sie zu kalkulieren. Genau einzuschätzen. Als wären sie Zahlen auf ein Blatt Papier. Nicht jede Rechnung geht am Ende auf. Manchmal verzettelt man sich. Manchmal braucht man Zufälle. Sich treiben lassen ist wichtig. Zumindest in der Liebe Bro! Und Sie ... sie hat es wohl geschafft dein Plan der Liebesberechnung zu durchbrechen. Willkommen im Leben mein Freund." Dann lief er zu mir.

"Pass gut auf ihn auf. Er ist ... Unberechenbar." Lachte er, nach seinem schlechten Wortwitz.

"Kommt. Mein Tag ist noch nicht vorbei. Hoffe ist das essen noch warm." Er legte ein Arm um meine Schulter und nahm mich einfach mit. Ich schaute zu Ricardo der wohl etwas durcheinander war. Schien wohl auch unsicher was ich nun über ihn dachte. Aber meine Gefühle zu ihm haben sich nicht geändert. Deswegen lächelte ich ihn an bevor ich mit Patrick in der Küche verschwand.

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Das essen wurde dann doch ganz angenehm. Ich entschuldigte mich dann auch. Sagte, dass ich nie unter Menschen wirklich war und wenn, hat man mich ignoriert oder gemobbt. Das ich unbeholfen bin und nicht weiß wie ich mich benehmen sollte. Das ich ihnen nicht den Tag versauen wollte. Sie fragten immer noch viel, aber diesmal versuchte ich es nicht als unangenehm zu sehen. Menschen waren nun mal neugierig. Sie wollten auch wissen wie ich lebte, warum ich so lebte. Über meine Familie. Den Unfall. Mein Vater. Ich wurde auch nicht wirklich bemitleidet. Das wollte ich auch nicht. Wie ich mitbekam, waren Eva und Pat so wie ich und Nick. Außenseiter. Sie hatten zwar hier und da Leute die sie mochten, da sie selbst auch gebranntmarkt waren, aber beliebt waren sie nie. Wie Ricardos Eltern und Tina. Dke sich alle schon seit der Schulzeit kennen. Tina war der Nerd der Schule sie hat drei Brüder. Zwei sind in der Bundeswehr. Ian ist Fachangestellter einer Elektronikfirma. Der Abteilungsleiter sogar. Amilya ist dort im Büro. Tina war auch in dieser Firma, wollte aber irgendwann was anderes machen und macht momentan eine Umschulung und will später dann ein zweites Studium anfangen. Da sie immer im Literatur Bereich arbeiten wollte. Sie hatten alle immer Ziele. Waren Sozial, trotz Probleme als Außenseiter. Waren arangiert taten was für ihr Leben. Wieso konnte ich das nie?!

"Gleich zur Erklärung. Das ist unser Aufnahmeritual. Immerhin sind wir alle geächtet. Und bleiben lieber unter uns. Daher verstehe ich, dass Ricko nie jemanden mitbrachte. Und wenn, war es schwer mit uns. Aber ich will nicht, dass irgendwer sich hier verstellen muss. Wer in die Familie will, muss genauso sein wie wir, oder sich anpassen!" Sprach sein Vater in einem lauten Ton. Fast schon wie eine Rede.

"Hab ich bestanden?" Fragte ich kleinlaut und hoffte, sie würden das als Witz aufnehmen.

"Sowas von kleines!" Patrick legte den Arm über meine Stuhllehne, dass er mir immer so nah kam, gefiel Ricardo wohl nicht. Der Blick sagte alles.

"Ich denke du passt gut hier rein liebes. Trotzdem muss man sich seinen Platz verdienen." Ich musste dann an Henry denken. Was ist nun mit ihm? Ich sitze hier in einer Familie die ich nie hatte und lass es mir gut gehen. Und er ist völlig allein. Ich war so geblendet von Ricardo und allem was er mir bot, dass ich Henry im Stich ließ. Ich wollte Ricardo aber genauso wenig im Stich lassen. Außerdem hatte ich immer das mit dem Betrug im Hinterkopf. Ich konnte ihn vielleicht nicht vertrauen. Und die Gefühle haben sich geändert. Ich griff wohl tatsächlich nach dem ersten Strohhalm den man mir zuwarf. Und tu es gerade wieder. Vielleicht bin ich deswegen bei Ricardo vorsichtiger. Denn bei Henry dachte ich echte Liebe zu spüren. Er sei mein Schicksal. Habe geklammert wie an Nick damals. Tat den gleichen Fehler wieder. Drängte ihm regelrecht mich zu lieben, sogar intim mit mir zu werden. Das war einfach lächerlich! Jetzt lasse ich es lieber auf mich zukommen. Und wenn ich entscheiden müsste, wird mir mein Herz schon sagen, wer der richtige ist.

Last Chance - Lebe jede SekundeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt