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Über zwei Stunden wurde ich gedreht, befummelt und abgehört. Bilder gemacht und abstriche genommen. Das war eine Tortur vom feinsten. Als ich es endlich hinter mir hatte, wollte ich unbedingt zurück zu Ricardo, was Patrick natürlich verstand.
Er lächelte auch immer wenn ich über ihn redete. Auch als wir zurückliefen, hatte er dieses fast schon vollkommen zufriedene Lächeln drauf.

"Danke. Dass du Ricardo endlich liebst, wie er es verdient hat. Ich sehe, dass es nicht gespielt ist. Ich hätte nie gedacht das auch ich mal von einer seiner Mädels so angetan bin." Zwinkerte er. Ich schaute einfach nur dämlich. Was sollte ich auch schon dazu sagen?

"Ich wollte dich jetzt nicht verwirren. Nur meine Gedanken mitteilen. Es sollte ein Kompliment sein, keine anmache oder so." Fing er an zu lachen.

"Bin ich nicht zu aufdringlich?" War der einzige Gedanke, der mir dann in den Sinn kam. Ich wollte ihn ständig um mich haben. Beziehungsweise immer in seiner Nähe sein. Ich hing an ihn, wie an Nick damals. Das kann nicht gut sein. Er bemerkte, wie meine Mimik sich plötzlich veränderte und das starke ins Negative.

"Hey! Hör zu, egal was du gerade für einen wirren Gedanken in deinem kleinen, hübschen Kopf hast. Vegiss ihn! Also den Gedanken. Du bist nicht wie andere, genau so wie er. Du hast nie und machst auch jetzt nichts falsch! Ok?"

"Das Unheil ... ich klebe an ihn wie eine Krankheit, die ihn mit runterzog. Sieh was passierte!" Reagierte ich dann zornig. Er wusste das ich gerade Nick im Kopf hatte. Das was er sagte und es mit dem was passierte verband.

"Hör auf mit dem Scheiß! Dein Bruder war ein kranker Bastard und hatte Probleme mit euren Vater und sich. Du wudest da nur mit reingezogen, weil beide nicht auf ihr Leben klarkamen, also hör auf, oder ich muss es dir austreiben!" Ich dachte, dass das mit meinem Bruder mich nicht traf. Oder ich es schnell überwinden konnte, aber irgendwie schien ich es nur unterdrückt zu haben.

"Du bist dumm, wenn du glaubst dass dein Bruder auch nur ein funken Recht hat. Denkst du, Ricardo ist auch so? Dann solltest du gehen. Ich sag ihm dann, dass ..."

"Nein ... Nein! Ich ..." Er nahm mich dann in denn Arm und atmete kurz leicht frustriert über meine Gedanken.

"Soll ich dir sagen wie er ist? Was tun würde, wenn er aus vollem Herzen liebt? Was bei ihm selten der Fall war, weil ihn alle nur ausnutzten, oder ihn als zu anstrengend oder kalt empfanden. Weil er eine Zeitlang sehr kalt war ... bis du kamst." Er hob meinen Blick, strich mir übers Haar und lächelte sanft.

"Sie kommt immer an erster Stelle. Egal wie schlecht es ihm geht. Nähe ist für ihn nicht nur ein Wort und etwas was nebenbei mal im Bett passiert, sondern wichtig. Er könnte dich ohne Probleme den ganzen Tag um sich haben. Und dann sieben Tage die Woche. Du bist wie eine Oase der Sinne für ihn. Ein Moment der Entspannung. Er ist eine Schulter zum anlehnen. Ein offenes Ohr und wachsames Auge. Der Mittelpunkt seines Lebens. Und das Tag ein Tag aus. Ich glaube, er könnte nicht mal schlafen, wenn er wüsste, dass er dich morgens nicht als erstes sehen darf. Du siehst ... anhänglich? Das Wort kennt er nicht  dass er das ja will und teils auch sein kann. Aber er versucht dabei stets die Grenzen zu wahren und dir Raum zu lassen. Besser als euch kann es niemanden treffen. Ihr seid wie für einander geschaffen." Mittelpunkt. Man muss sich das erst verdienen. Ob er das meinte? Nur der Mensch den er vom ganzen Herzen liebt, hat sich das verdient. Ich hätte nie gedacht, dass ich das sein könnte. Ich fing an zu lächeln. Patrick schien ein Stein vom Herzen zu fallen.

"Gott sei Dank! Ich dachte und fällst  in Depressionen oder so. Glaub mir, der brauch das. Kleb so fest, dass es ... na gut, wehtun soll es nicht. Du weißt was ich meine. Na komm, er wartet sicher." Er wollte gerade weiter als ihm wohl noch was einfiel.

"Achso. Falls du dich fragst, wie man auf anstrengend kommen kann bei ihn. Er hat eine eigenart ... ein Fetisch, den nicht alle sehr begrüßten. Teils merkwürdig fanden. Das mit dem Kätzchen? Er soll dir mal Petplay erklären. Noch scheint er das etwas zurückzuhalten, aber er soll dir da mehr vertrauen. Ich denke, du wirst da nicht das weite suchen, sondern gefallen dran finden. Er ist halt speziell. Und bis jetzt kam keine damit klar." Ich glaubte zu wissen was er meinte und fand es tatsächlich toll, wenn er mich anders behandelt als man das sonst erwarten würde. Diese Spitznamen. Wie er die Stimme verstellt in manchen Situationen und mich erziehen will. Ja, in der Tat etwas, was mir sehr gefällt. Fast schon heiß ist.

Im Zimmer sah ich ihm auf dem Bett sitzen. Er trank gerade etwas. Schien immer noch leicht sagen wir benommen.

"Wir können Bro. Die Ergebnisse sollten schon morgen, spätestens übermorgen da sein. Sie wird zwischengeschoben als Notfall." Irgendwie gemein den anderen Patienten gegenüber, aber irgendwie war ich so aufgeregt, was nun wirklich mit mir ist.

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Im Auto waren wir beide ziemlich geschafft. Ich vom wenigen Schlaf, Ricardo immer noch von dem Verletzungen. Patrick wollte jeden Tag mal vorbeischauen. Eigentlich wollte er sogar bleiben, aber Ricardo bat ihn um etwas Privatsphäre mit mir, wo er dann, wenn auch unfreiwillig, einwilligte. Obwohl ich persönlich Patrick gern noch als Unterstützung da gehabt hätte, wollte das aber nicht erwähnen. Wusste nicht ob Ricardo das vielleicht falsch aufgefasst hätte.

Last Chance - Lebe jede SekundeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt