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Ich setzte mich an den Laptop. Ich brauchte Ablenkung. Ricardo war gerade in einem Spiel wie ich sah. Ich wartete das er mich vielleicht einlud. Ich traute mich nicht einfach beizutreten. Das Spiel wurde aber dann auf Privat gesetzt. Er war mit zwei anderen im Spiel. Man konnte aber durchs Private nicht sehen, wer da drin war. Hab zu spät geschaut.

Ich blieb eine ganze Weile. Ich wartete tatsächlich eine halbe Stunde. Aber so länger ich wartete so trauriger wurde ich. Ich redete mir ein, dass er wohl kein Bock mehr auf mich hatte. Er ging dann auch off. Er lud mich sonst immer ein. Ich wollte ihn dann schreiben  aber sollte ich tatsächlich einen fremden hinterherrennen? Immerhin hatte ich Henry. Aber für ihn hatte ich zu viele Gefühle. Mich störte das. Andere würden sich bestimmt freuen und das genießen, ich konnte das nicht. Ich fing leise an zu weinen. Vergrub mein Gesicht hinter meinen Knien die ich an den Körper zog. Es war alles so schön ruhig. Warum musste ich Henry kennenlernen. Und warum meldete ich mich in diesem doofen Forum an?! Es klopfte dann an der Tür.

"Mäuschen? Darf ich rein kommen?" Mir war klar, dass das nicht Henry war, der platzte einfach immer rein. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken. Ließ Dad aber dann rein.

"Ja, mach doch."
Er trat auf mich zu mit einer Tüte in der Hand.

"Vielleicht noch besser als ein Laptop. Ein modernes Handy. Ist wie Laptop in klein und manchmal praktischer und handlicher." Schon wieder ein Geschenk. Und bestimmt ging er wieder, weil er sonst keine Zeit hatte.

"Henry soll es dir einrichten. Ich muss wieder los." Das war so klar. Ich bemerkte Henry auch dann am Türrahmen. Er schaute mich so betrübt an. Schien zu merken, dass ich es schade fand, dass Dad immer nur Geschenke brachte, aber nie Zeit für mich hatte.

"Mir wäre ein Buch lieber." Säuselte ich genervt.

"Er soll dir diese Bücher App drauf tun. Kindle? Heißt die so?" Dabei schaute er zurück zu Henry, der das mit einem nicken bejahte.

"Ich will Bücher in der Hand halten. Ihren Duft in der Nase haben. Es spüren. Dann fühlt es sich nur echt an."

"Dann kauf dir welche. Du kennst meine Bankdaten. Mach dir bei Amazon oder woanders ein Profil und bestell welche." Kauf dir, hol dir, mach nur. Aber ein nettes Wort als Vater hatte er nicht für mich.

"Danke Dad." Ich wollte das er geht. Und das tat er auch. So enttäuschend. Manchmal fehlt mir eine Mutter, die für mich da ist, in den Arm nimmt und sagt, wie stolz sie ist. Wie lieb sie mich hat. Mich aufklärt, über Frauendinge spricht. Ich bin nur unter Männern aufgewachsen. Ich musste mit vielen alleine klar kommen, auch wenn Nick helfen wollte.

"Wie sie wohl aussah?" Henry war verwirrt wem ich meinte.

"Mum. Ob sie hübsch war?" Er lächelte und setzte sich zu mir.

"Bestimmt. Immerhin bist du ihre Tochter. Da muss sie wunderschön gewesen sein."

"Schleimer. Ich bin nicht hübsch. Langweilig. Dürr. Ich habe nichts besonderes an mir." Er strich mir mein Haar über die Schulter und schaute mir liebevoll in die Augen, nachdem er sanft mein Blick hob.

"Du bist außergewöhnlich schön. Glaub mir, viele Männer würden dich begehren, wenn du mal rausgehen würdest, würdest du das merken." Ich schaute skeptisch und glaubte das nicht.

"Ist doch nur ein Trick um mich vor die Tür zu bekommen. Nein danke!" Ich sah nicht im Spiegel dass was er vielleicht sah. Ich war ein blasses dürres Mädchen. Meine Haare waren nicht gerade dass, was man unter gesund versteht. Sie sind zwar lang und voll, aber wirken immer strohig. Kann auch an der Ernährung liegen. Ich bin dazu relativ groß mit 172 Zentimeter. Da wirkt man wie Slanderman. Nicht gerade Erotisch. Daher verstand ich nicht was er an mir sah? Was er so toll fand? Das konnte nicht wahr sein.

"Wenn dir dein eigenes Spiegelbild stört, mach was dagegen. Mehr Bewegung. Richtige Ernährung und etwas freude im Leben. Das wirkt wahre Wunder. Aber tu das immer nur für dich. Nie für andere."

"Nicht mal für dich? Würdest du mich dann nicht hübscher finden. Du kannst mir nicht sagen, dass das kränkliche Mädchen vor dir schön ist." Er gab wohl langsam auf.

"Oh Mann. Dann halt so ... Dich scheint jemand interessant zu finden ohne das er dich gesehen hat. Hoffe ich. Es geht nicht immer  ums Aussehen. Man kann sich auch mögen oder miteinander klar kommen, ohne jemanden nach dem Aussehen zu beurteilen." Stimmt. Obwohl ich in dem Moment unsicher war, da er sich nicht mehr gemeldet hatte.

"Ich geb nicht auf, bin aber momentan echt Ideenlos wenn es darum geht, dich aus dem Haus zu bekommen. Vorallem dir zu zeigen, wie ernst ich es meine. Du glaubst mir immer noch nicht. Stimmt's? Das ich wirklich interessiert bin. Ich meine ..."

"Schläfst du bei mir? Also in meinem Zimmer. In mit mir in meinem Bett. Eigentlich will ich das nicht, aber irgendwie ..." Ich wollte ihn dann erklären was vorhin los war. Die Panik. Die Gefühle die ich hatte. Warum ich so reagierte und ich eigentlich nicht möchte das er mich mag, oder dass er mich dazu gebracht hat ihn zu mögen. Und bei uns scheint es mehr als nur das zu sein. Aber ich kann diese Gefühle noch nicht einordnen und kontrollieren. Sie machen mir Angst, obwohl sie mir wohl eher freude machen sollten. Aber zu glauben, dass ich so plötzlich jemanden fand der bei mir bleiben will, mich gar lieben könnte, war für mich immer noch unvorstellbar. Es hätte keine Zukunft. Und das ist wohl die größte Angst. Ich erklärte ihn dass alles tatsächlich und hoffte er würde verstehen.

Last Chance - Lebe jede SekundeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt