68. Damian

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Da standen sie vor mir. Drei Jungen, die kein schönes und sicheres Leben hatten wie wir in unserem Rudel. Ich verstand ihre Beweggründe, aber nicht ihr Handeln. Ich war mir sicher, dass Leon ihnen geholfen hätte.

Sie hatten jemanden entführt, der anderen wichtig war und ist. Zudem war die Person schwanger und meine Mate.

Mein Wolf nahm seine Wut zurück, dennoch hatte er Angst. Genauso wie ich. Ich wollte zu ihr. Ihre Hand halten. Sie küssen. Ihren Bauch berühren, um zu wissen, dass es meinem Nachwuchs gut ging.

Leon hatte es früher verstanden, während ich ihnen am liebsten die Kehlen heraus gerissen hätte. Doch ich hielt mich zurück und verstand langsam das ganze Ausmaß. Als dieser Anführer dann sein klingelndes Handy aus der Tasche herauszog, hatte ich plötzlich ein ungutes Gefühl.

Ich weiß nicht wer am anderen Ende war, auf jeden Fall klang er verzweifelt. 

"Ganz ruhig. Nicht die Nerven verlieren. Nimm den alten Pickup. Du weißt, wo der Schlüssel ist. Kira soll dir helfen, sie hineinzusetzen. Fahr sie ins nächste Krankenhaus. Wir kommen sofort nach. Hörst du?": fragte er denjenigen am Telefon.

Er soll sie ins Krankenhaus fahren? Er meinte Cassiopeia. Panik stieg in mir auf. Mir wurde es abwechselnd heiß und kalt.

Ich trat auf ihn zu. Ängstlich zuckte er zurück.

"Ich will dir nichts tun.": sagte ich und hielt die Hände ausgestreckt in 
Friedliche Haltung.

"Ihr habt von Cassiopeia gesprochen. Was ist mit ihr? Geht es ihr und den 
Welpen gut?": fragte ich mit zitternder Stimme.

Er muss gemerkt haben, dass von mir keine Gefahr mehr ausging, denn dafür war ich im Moment nicht in der Verfassung. Meine Gedanken galten meiner Mate und Welpen.

"Sie liegt in den Wehen. Mein Bruder bringt sie ins nächste Krankenhaus. Ihr geht es den Umständen entsprechend gut": sagte er und seine Augen spiegelte sich Angst und Reue.

"Ok. Bring uns hin und du bringst meine Leute zu dir nach Hause. Unser Arzt wird auch dorthin kommen.": sagte Leon zu dem Schwarzhaarigen und deutete auf das Auto.

Leon packte mich am Arm und zog mich mit. Ich war gerade nicht fähig einen klaren Gedanken zu fassen. Sie waren zwei Wochen zu früh. War das schlimm? 
Werden sie das überleben?

Fragen über Fragen schossen mir durch den Kopf. Ich sah aus dem Fester die Bäume an uns vorbei schießen. Zumindest fuhr er heute nicht wie ein Opa. Der Anführer saß vorne und der kleine eben mir. Er war bis an die Tür gerutscht und zitterte. Mit ängstlichen Augen sah er mich an.

"Hey Sportsfreund. Mach dir nicht ins Hemd. Ich hoffe, es geht ihnen gut.": sagte ich traurig und legte meinen Kopf an die Scheibe.

Ich hörte ein Rutschen und spürte, wie der Kleine sich an mich lehnte, meine Hand nahm und sie drückte.

"Sie war tapfer und hatte mir so leid getan. Wir hatten es dann alle bereut, 
denn wir hatten nur an Sina gedacht. Es tut mir leid.": flüsterte er und ich spürte, wie mein Shirt durchnässte.

Ich setzte mich gerade und zog ihn an mich ran. Er weinte jetzt lauter und ich streichelte beruhigend seinen Rücken. Er hatte es jetzt gebraucht. Sie brauchten die Nähe zu anderen, vor allem zu Hochrangigen. Es waren noch Welpen, und sie taten mir alle so leid. Ich sah Leons Blick und ich lächelte ihm zu. Ich wusste, was ihm im Kopf umherging, und nickte bestätigend zu.

Die Fahrt kam mir ewig vor, bis wir vor dem Krankenhaus hielten. Wir stiegen aus und ich rannte sofort auf den Eingang zu.

"Kreißsaal.": brüllte ich der nächsten Schwester zu und rannte in die Richtung, in der sie ängstlich gezeigt hatte.

Vorbei an einem Jungen, der Ähnlichkeit mit dem Anführer hatte, rannte ich durch die Tür und hörte meine Mate schreien.

Mit schnellen Schritten war ich bei ihr und nahm ihre Hand. Ich küsste sie und legte meine Stirn an ihre. Ich liebte sie über alles und wollte nie wieder von ihr getrennt sein.

"Damian": schluchzte sie, bis sie wieder schrie. Ich spürte ihren Schmerz und würde ihn ihr gerne nehmen.

"Halte durch. Du machst das ganz toll.": hauchte ich ihr ins Ohr, als die 
nächsten Wehe kam.

"So. Cassiopeia und mit der nächsten Wehe Pressen.": hörte ich den Arzt sagen und drückte ihre Hand.

Mir kam es vor wie Stunden. Tränen liefen ihr über das Gesicht, die ich ihr 
zärtlich weg küsste.

Dann hörte ich das wunderbarste Geräusch und sah auf. Der Arzt hielt ein kleines Wunder in den Händen. Verschrumpelt und blutverschmiert. Ich liebte den Welpen vom ersten Augenblick an. "Ein Junge ": sagte er und lächelte mich an.

Die Schwester führte mich zu ihm und der Arzt hielt ihn mir hin. Eine Schere wurde mir in die Hand gedrückt, die ich irritiert ansah.

Mir kam es sofort. Das hatte ich in einem Magazin gelesen, das der Vater die Nabelschnur durchtrennen darf und somit schnitt ich sie durch. Verträumt sah ich zu, wie sie ihn säuberten, und hörte Cassy hinter mir wieder stöhnen. Ich überwand die Distanz und nahm wieder ihre Hand. Sie wimmerte und brach mir fast die Hand dabei. Ich hielt den Schmerz aus, denn gegen ihren war es nichts. Ich sah zu meinem Jungen und gleich wieder zu Cas die stöhnte. Ein kurzer Schrei und er wurde durch ein anderes Schreien ersetzt.

Ich küsste Cassiopeias Stirn und ging an ihr vorbei. Ich durchschnitt die 
Nabelschnur, als hätte ich nie zuvor etwas anderes gemacht.

In der Zeit, wo sie unser Mädchen säuberten, brachte eine Schwester uns unseren Welpen und legte ihn auf Cassys Brust. Ich strahlte vor Glück und legte vorsichtig meine Hand an seinen winzigen Kopf. Meine Hand sah riesig aus, mit dem kleinen Köpfchen darin.

Ich küsste Cassiopeia erneut.

"Ich danke dir, dass du diese wertvollen Geschöpfe auf die Welt gebracht hast": flüsterte ich und sah zu, wie sie unser Mädchen brachten.

Cassiopeia weinte vor Glück und gab jedem unserer Welpen einen Kuss auf ihre Köpfchen.

Ich wusste vorher schon, dass einer der Welpen ein Wolf war. Ich konnte die Aura spüren und war mir sicher, ein Beta zu sein.

Nun wusste ich, dass es der Junge war und war überglücklich. Aber auch unsere Küken liebte ich abgöttisch und gab ihr meinen Finger, den sie sofort umklammerte.

"Bleiben wir dabei? Du das Mädchen und ich den Jungen?": fragte ich sie. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass jeder den Namen aussuchen durfte.

"Du zuerst.": bestimmte ich und sah sie glücklich an.

"Keyla: " kam es von ihr und ich küsste sie.

"Es ist ein wunderschöner Name. Der kleine Wolf hier soll Mateo heißen.": eröffnete ich ihr und sie nickte strahlend. 

Eine Weile schwiegen wir und ich genoss mein Glück. Ich liebte meine kleine Familie. Cassiopeia war von der Geburt erschöpft. Ich gab ihr einen Kuss auf ihre Lippen und ließ mir beide Welpen auf die Arme geben, um sie als neue Mitglieder des Rudels vorzustellen.

 Der Beta und die flüchtende MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt