otto

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Beatrice

Ich gehe zurück in mein Zimmer und knalle die Tür zu. »Was ist passiert?«, fragt Elaine geschockt. »Was ist das für ein Arschloch?!«, brumme ich. »Wer? Dante?« »No, Leonardo«, knurre ich. »Warte, wie Leonardo? Wo hast du ihn gesehen?« »Ich wollte zu Dante, aber irgendwie bin ich in Leonardos Zimmer gelandet«, erkläre ich frustriert. Elaine sieht mich verwirrt an. »Wie ist das passiert?« »Ich habe an Leonardos Tür geklopft, obwohl ich dachte, das wäre Dantes Zimmer. Danach haben wir Stimmen gehört, und plötzlich hat Leonardo mich ins Zimmer gezogen. Er meinte, es sei verboten nach 23 Uhr, in den Fluren herumzulaufen«, erzähle ich ihr. Elaine nickt verständnisvoll. »Das stimmt, ich habs vergessen dir zu sagen.« »Wieso gibt es überhaupt so ein Regel?«, frage ich. »Es gab in den früheren Jahren paar Vorfälle und seitdem gibt es die Regel«, schildert sie.

»Er ist komisch«, murmele ich und setze mich auf das Bett. »Jeder liebt ihn«, sagt sie. »Also wirklich jeder. Er ist hier so beliebt und so erfahren.« »Erfahren?« »Kurzgefasst, er wäre der beste Sexpartner.« »Oh..«

»Jetzt, scheiß auf ihn. Was machen wir wegen Dante?«, fragt sie. »Wie was machen wir?« »Du findest ihn anziehend«, stellt sie fest. »Ich-« Lächelnd kommt sie auf mich zu. »Komm schon! Gib zu. Ich helfe dir dabei.« »Er ist nur hübsch«, sage ich und muss wegen Elaine grinsen. »Ich vermute, dass er etwas für dich empfindet.« »Denkst du?« »Natürlich! Sonst würde er dich nicht die ganze Zeit so anschauen«, entgegnet sie. »Hattest du schonmal ein Date?«, fragt sie, doch ich schüttele den Kopf. »Als ob?! Du und kein Date? Merda, du bist wirklich ein Überraschungsei.« Ich lache. »Ich hatte nie Zeit für Dates oder generell Jungs«, gebe ich zu. »Dann hast du sehr viel im Leben verpasst.«


Freitag, 18. Oktober
Nach einem langen Tag voller Vorlesungen und Seminare betrete ich mein Zimmer auf dem Campus mit einem Seufzen der Erleichterung. Die vertrauten Wände und der vertraute Geruch bringen ein Gefühl von Geborgenheit in mir hervor, das mich in den letzten Wochen begleitet hat. Ich lege meine schwere Tasche auf den Boden und lasse mich erschöpft auf mein Bett fallen. Die Matratze gibt unter meinem Gewicht nach, und ich schließe für einen Moment die Augen, um die Stille um mich herum zu genießen. In diesem Moment kommen meine Gedanken unweigerlich zu meinen Eltern. Es ist nicht das erste Mal, dass ich an sie denke, seit ich auf dem Campus angekommen bin.
Sie sind nicht stolz auf mich. Sie gönnen mir dieses Leben nicht und ich denke an sie? Wieso kann ich nicht einfach herzlos sein?

Ein Seufzer entweicht mir, als ich mich daran erinnere, was ich bei ihnen alles durchmachen musste. Doch ich weiß auch, dass ich stark sein muss. Von nun an baue ich mein eigenes Leben auf und das ohne sie an meiner Seite. Mit einem letzten traurigen Blick durch das Zimmer stehe ich schließlich auf und beschließe, mich abzulenken. Es bringt nichts, in Erinnerungen zu schwelgen, die ich nicht ändern kann. Stattdessen werde ich mich auf die Zukunft konzentrieren und darauf, was ich hier auf dem Campus noch erreichen kann.

Unten im Gemeinschaftsraum sehe ich Santiago, weshalb ich mich neben ihm setze. »Schlecht gelaunt?«, fragt er. »Geht so. Ich will mich ablenken.« »Heute findet eine Party statt, komm wenn du willst mit Elaine vorbei«, schlägt er vor. »Wirklich? Dürft ihr Partys veranstalten?« »Nicht immer. Da wir aber in unserem 3. Jahr sind, macht die Rektorin ein paar Ausnahmen.« »Wow, also seid ihr dann bald schon fertig«, stelle ich fest. Er nickt. »Und du fängst erst neu an«, entgegnet er.

Ich rede eine Weile mit Santiago und als mir eine Frage einfällt, muss ich sie einfach nur stellen. »Wie lange kennst du schon Dante?« »Seitdem ich hier bin.« »Und seid ihr eng befreundet?« »Sí. Wir sind gute Freunde, kann man so sagen.« »Und weißt du vielleicht zufälligerweise, was sein Geschmack ist?« Santiago fängt an zu grinsen. »Du bist ihm verfallen«, murmelt er. »Ich will es nur wissen.« »Naja also, er steht aufjedenfall auf Erfahrene und ihm ist auch wichtig, wie man als Frau im Bett ist.« »Ehrlich? Also achtet er nur auf das eine?« »No, natürlich nicht. Aber es spielt schon eine große Rolle. Er hat gerne Spaß«, erklärt er. Du hast verloren, Beatrice. Du bist noch jungfrau und hast gar keine Erfahrungen.

»Er steht auf blaue oder grüne Augen. Da stehst du schonmal im klaren Vorteil. Dann ist ihm auch sehr wichtig, dass man nett, ruhig und selbstbewusst ist. Dante ist jetzt kein Streber, aber er steht auf solche. Also wenn du eine gute Studentin bist, dann hast du wieder ein Plus Punkt.« Es wundert mich, dass er mir alles genau sagt. »Kann das bitte unter uns bleiben?«, frage ich. »Na klar.« Er lächelt mich an und ich erwidere sein lächeln.

Ich sitze mit Elaine in einer gemütlichen Lounge-Ecke auf der Party, umgeben von anderen Studenten, die miteinander tanzen und Cocktails genießen. Die pulsierende Musik füllt den Raum, während wir uns in unser Gespräch vertiefen. »Die Party ist wirklich super«, ruft Elaine über die Musik hinweg aus, während sie an ihrem Cocktail nippt. »Sí, definitiv«, antworte ich und nehme einen Schluck von meinem eigenen Getränk. »Es ist schön, einfach mal abzuschalten und den Stress der Uni hinter sich zu lassen.« Wir lassen unseren Blick über die Tanzfläche schweifen, wo andere Studenten ausgelassen feiern und tanzen. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich, und ich kann nicht anders, als mich davon mitreißen zu lassen. Elaine lacht. »Ich bin so froh, dass wir hergekommen sind. Es ist genau das, was wir gebraucht haben.« Ich nicke zustimmend und lächle.

»Hey«, kommt es von Ennio. Er setzt sich zu uns und schließlich kommen auch die anderen. Als Dante sich neben mich setzt, fühle ich mich direkt besonders. Da vorne gibt es auch ein Platz, doch er hat sich genau neben mich gesetzt.

Ich sehe jeden, außer Leonardo.

Während die Jungs untereinander reden, denke ich an Dante, der genau vor mir sitzt. »Komm mit«, flüstert Elaine zu. »Hm?« Sie zieht mich mit sich und schon sind wir draußen. Hier ist es zumindest ruhig und entspannt. »Was ist los und an was denkst du?«, fragt sie. »Was?« »Mit dir ist was los, Bea«, brummt sie und verschränkt die Arme. Ich will es ihr nicht sagen.. das ist peinlich?

»Dante steht auf Erfahrene. Ihm ist wichtig, wie eine Frau im Bett ist«, haue ich raus. Sie hebt ihre Augenbrauen hoch und denkt nach. »Was ist daran schlimm?« »Elaine.. ich bin noch jungfrau.«
Schlagartig weiten sich ihre Augen. »Du hattest noch nie- mio dio.« »Wie gesagt, ich hatte noch nie einen Freund und somit auch nicht mein erstes Mal«, schildere ich. Sie denkt nach. Merda, an was denkt sie? Findet sie mich jetzt deswegen schrecklich?

»Dann gibt es nur eine Lösung.« »Die wäre?« »Du suchst dir einen Sexpartner aus, mit dem du alles lernen kannst.« »Das ist lächerlich, seit wann gibt es sowas?« »Such dir einfach einen Typen, der erfahren ist und dir das am Besten beibringt«, meint sie. »Ich soll also jemanden darum bitten, mir beizubringen, wie das alles abläuft?«, hake ich nach. »Naklar.« »Ich weiß es schon, da ich Bücher lese, aber das auch nochmal im echten Leben.. das ist für mich unwahrscheinlich weißt du? Und ich will nicht, dass mein erstes Mal mit Dante ist.« »Wieso denn? Schau mal, dann musst du ganz einfach mit jemand anderem Sex haben und von ihm aus lernen, wie und was du in manchen Situationen machen sollst. Du kannst dann mit ihm deine Verführungskünste auch üben.«

»Jetzt sei nicht so geschlossen. Du musst dich trauen und eine Bad Bitch sein. Ich kann spüren, wie sehr du es ausprobieren willst«, ergänzt sie. »Wer? Wer wäre perfekt dafür?«

Ich kann nicht glauben, dass ich wirklich hier stehe und mein Leben riskiere. Und das, obwohl ich nicht viel getrunken habe.

Als er die Tür öffnet, gehe ich an ihm vorbei und drehe mich zu ihm um. Er macht so leise wie möglich die Tür zu und schaut mich mit aufgerissenen Augen an. »Was soll das? Wieso bist du schon wieder hier?« Ich verdrehe die Augen und fange direkt an.

»Ich habe.. einen Vorschlag für dich«, beginne ich. »Ich möchte, dass du mir etwas über Sex beibringst.« Er schaut mich geschockt an, doch sagt nichts. »Ich habe von deinem Ruf gehört. Du bist hier der Badboy und hast Erfahrung-« »Und du willst also sagen, dass du selbst keine Erfahrung hast?«

»Leonardo, ich hatte noch nie Sex. Ich kenne es nur von Büchern und das wars dann auch.« »Du bist noch jungfrau?!«, fragt er unglaubwürdig. »Sí, bin ich.«
Wieso ist dieses Gespräch so verdammt unangenehm? »Denk nach. Ich weiß, dass du ein guter Lehrer wärst.« Er schmunzelt und kommt mir ein paar Schritte näher. »Gut, ich werde dir helfen.«

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass Leonardo mein Sexpartner wird. Wie sagt man aber so schön? Sag niemals nie.

Tu sei mio Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt