ventisette

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Beatrice

Donnerstag, 19. September
Ein schwaches Gefühl der Desorientierung überkommt mich, und ich öffne langsam die Augen, um mich zu orientieren. Ich befinde mich in einem Auto, und die sanfte Bewegung lässt mich wissen, dass wir uns auf der Straße bewegen. Ein Blick zur Seite bestätigt meine Vermutung: Leonardo sitzt am Steuer, sein Blick konzentriert auf die Straße gerichtet.

Meine Erinnerungen kehren langsam zurück, und der Schmerz, der mit ihnen einhergeht, trifft mich wie ein Schlag. Die Erinnerung an den Stich in meinen Bauch schickt einen Schauder durch meinen Körper, und ich spüre, wie meine Hand automatisch zu der Stelle wandert, wo die Wunde war. Es ist schon eine Woche her, doch trotzdem fühlt es sich wie gestern an.

Plötzlich fällt mir ein, wie ich ins Auto gekommen bin. Leonardo hat mich getragen, als ich noch im Tiefschlaf war, meine geschwächten Körper in seine starken Arme.

Ein Blick auf Leonardo lässt mein Herz schneller schlagen. Seine Züge sind ernst, seine Augen konzentriert auf die Straße gerichtet. »Du bist wach«, stellt er fest. »Wieso weckst du mich nicht einfach auf?«, frage ich. »Du bist federleicht, piccola mia und du hast so friedlich geschlafen, da wollte ich es nicht ruinieren.« Ich verdrehe die Augen und schaue aus dem Fenster. Tagelang war ich im Krankenzimmer eingesperrt und wieder die Landschaft zu sehen, fühlt sich gut an. »Übrigens, wir sind umgezogen. Alle deine Sachen sind auch da.« »Ist das dein ernst? Ich will zurück nach Rom. Was verstehst du daran nicht?« Plötzlich legt er seine Hand auf mein Oberschenkel und streicht mit seinem Daumen. »Ich lasse dich nicht gehen. Was verstehst du daran nicht?«

»Es ist psychisch krank was du da machst«, entgegne ich. »Wieso? Du liest doch Bücher, wo es um Entführung geht. Ist es erst ein Problem, wenn ich es tue?«, hakt er. »Ja ist es.« Er soll aufhören meine Bücher ständig mit ihm zu vergleichen.

Zwei unterschiedliche Welten.

Das Auto fährt durch das imposante Tor des neuen Anwesens. Der Anblick der vielen Männer um uns herum erfüllt mich mit einem Gefühl der Beklemmung und Unsicherheit. Ihre bloße Anwesenheit zeigt die Macht und Autorität, die diesem Ort innewohnt.

Als das Auto auf der Einfahrt parkt, spüre ich, wie meine Muskeln sich verkrampfen, als Leonardo aussteigt und mir seine Hilfe anbietet. Ich will sie nicht, ich will nichts von ihm, nicht seine Fürsorge, nicht seine Nähe. Ich hasse ihn dafür, dass er mich nach Bari gebracht hat, gegen meinen Willen.
Trotz meiner inneren Wut und Verzweiflung lasse ich ihn mir helfen, denn ich weiß, dass ich keine andere Wahl habe. Ich steige aus dem Auto und folge ihm widerwillig zur Haustür, die sich mit einem dumpfen Knarren öffnet.

Als wir die Schwelle der Villa überschreiten, umhüllt uns ein Hauch von Luxus und Pracht. Der Eingangsbereich strahlt eine elegante Schönheit aus, die mich beeindruckt, obwohl ich versuche, meine Gefühle der Ablehnung und des Unbehagens zu unterdrücken. Das Innere der Villa ist geräumig und opulent, mit edlen Möbeln und kunstvollen Dekorationen, die den Raum füllen.

Ich halte meinen Blick gesenkt, unfähig, den Blicken der Männer zu begegnen, die uns auf Schritt und Tritt folgen. Ihr Schweigen und ihre beobachtenden Blicke verstärken mein Gefühl der Beklemmung, und ich frage mich, was sie über mich denken, was sie über meine Rolle in diesem Spiel denken.

Trotz des Luxus und des Glanzes der Villa fühle ich mich wie eine Gefangene in meinem eigenen Leben, gefangen zwischen der Vergangenheit, die ich zurückgelassen habe, und der Zukunft, die mir von Leonardo aufgezwungen wurde.

»Das ist unser Zimmer«, sagt er und öffnet die Tür. Ich trete rein und schaue mich um. Wieso ist alles so perfekt eingerichtet, wie in meinen Träumen? »Alle deine Klamotten sind in diesem begehbaren Kleiderschrank. Ich nicke erschöpft, weil ich wirklich nicht mit ihm reden will. »Kriege ich mein Handy?«, frage ich. Das ist auch das Einzige, was ich momentan will - Mein Handy. Elaine macht sich bestimmt Sorgen. »Bitte, Leonardo.« »Wozu?«, fragt er. »Weil es mein Handy ist und ich es haben will?« »Das alles ist für deine Sicherheit, piccola mia.« »Was redest du da für ein schwachsinn? Bei dir bin ich nicht sicher.« Er kommt mir näher und legt seine Hände auf meine Wangen. Als er mir so nah ist, dass ich sein Atem auf meiner Haut spüre, habe ich Gänsehaut. »Du bist bei mir sicher. Mach dir da keine Sorgen.«

»Für dich würde ich sterben.«

»Ich will aber nicht, dass du für mich stirbst«, brumme ich und will zurück weichen, doch er hält mich vorsichtig fest und zieht mich zu sich. »Du wirst das alles noch wollen, glaub mir«, flüstert er und gibt mir ein sanften Kuss auf die Wange.

Arschloch

Nachdem er mich endlich lässt, setze ich mich auf das Bett und starre den Boden an. »Ich muss wieder los, Mamá ist aber unten«, gibt er Bescheid. »Komm nie wieder«, murmele ich vor mich hin. »Ich soll nie wieder kommen?«, fragt er und dreht sich um. »Und dann, principessa? Willst du abhauen, aber wohin? Du hast niemanden, außer mich.« »Natürlich habe ich-« »Lüg dich nicht selber an. Wir wissen beide, in was für eine Situation du dich befindest.«

Er dreht sich um und lässt mich alleine im Zimmer zurück. Die Tränen steigen mir in die Augen, heiß und salzig, und ich kann sie nicht zurückhalten. Sie rollen ungehindert über meine Wangen, ein stummer Ausdruck meiner tiefsten Ängste und Sorgen.

Ich presse meine Hand gegen meinen Mund, um das Schluchzen zu ersticken, weil dadurch meine Wunde wehtut, doch die Tränen fließen unaufhaltsam.
Was ist nur aus Leonardo geworden? Wieso bin ich nur in so einem Zustand? Ich wollte eine erfolgreiche Ingenieurin werden und jetzt stecke ich hier in irgendeinem Anwesen.

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Was wird sie wohl machen, wenn sie herausfindet, dass Leonardo der Mafiaboss ist..

Tu sei mio Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt