trentanove

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Leonardo

In der Tiefe des Meeres ziehe ich Beatrice verzweifelt hoch. Mit jedem Zug kämpfe ich gegen die Strömung an, während ich Richtung Oberfläche schwimme. Endlich erreiche ich das Tageslicht und schnappe nach Luft, bevor ich eine Atemübung mache.

Meine Lippen pressen sich auf ihre, als ich versuche, ihr Leben zu retten. Doch trotz meiner Bemühungen und meines verzweifelten Flehens bewegt sie sich nicht. Mit Tränen in den Augen hebe ich Beatrice hoch, meine Muskeln brennen vor Anstrengung, während ich mich bemühe, zurück zu den anderen zu gelangen. Die salzige Gischt des Meeres peitscht mir ins Gesicht, und der Wind trägt das dumpfe Dröhnen der Klippen zu mir herüber. Als ich die Umrisse meiner Männer am Horizont erkennen kann, sehe ich, wie sie bereits auf mich zukommen. Doch bevor sie eingreifen können, halte ich sie mit einem energischen Blick auf. Meine Hände umklammern Beatrice fest, als würde ich sie nie wieder loslassen wollen. Ein Gefühl der Verzweiflung und des Schmerzes durchdringt mich, als ich sie schützend an mich drücke. Mein Verstand ist ein Wirrwarr aus Gedanken und Emotionen, aber in diesem Moment ist da auch eine unbeugsame Entschlossenheit, Beatrice nicht aufzugeben, egal was passiert.

Ich sitze im Flur des Krankenhauses, umgeben von gedämpften Stimmen und dem leisen Summen der Beleuchtung über mir. Mein Blick ist starr auf den Boden gerichtet, doch meine Gedanken sind weit weg, gefangen in einer Welt aus Angst und Sorge.

Das Geschehene spielt sich immer wieder vor meinen Augen ab, wie ein endloser Albtraum, aus dem ich nicht erwachen kann. Der Boden unter mir fühlt sich kalt und unnachgiebig an, während ich versuche, meine Emotionen zu kontrollieren und nicht den Verstand zu verlieren.

Ihr Lächeln, ihr Lachen, all die kostbaren Momente, die wir gemeinsam erlebt haben, durchdringen meine Gedanken. Die Vorstellung, sie zu verlieren, ist unerträglich. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als ich mir vorstelle, wie sie dort unten im Meer lag, leblos und allein. Die Angst und Verzweiflung würgen mich fast, und ich kann den Schmerz in meiner Brust kaum ertragen.

Doch trotz allem gibt es auch einen Funken Hoffnung in mir, ein Flackern des Glaubens, dass sie es schaffen wird, dass wir es schaffen werden. Ich klammere mich an diese Hoffnung, wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring, und bete, dass Beatrice stark genug ist, um diese Prüfung zu überstehen. Denn wenn sie es nicht schafft, dann ist das auch mein Ende.

»Immer noch nichts?«, fragt Kai und setzt sich neben mich hin. »Sie ist wegen mir in so einer Situation.. hätte ich sie doch gehen lassen-« »Passiert ist passiert, wir können nichts mehr ändern.«

»Wir haben Cillian und seine Männer. Auch das Geld und den Umschlag, mach dir da also keine Sorgen.« Dankend nicke ich und klopfe auf seine Schulter. Die Schiebetüren des OP-Saals gleiten auf, und der Arzt tritt mit einem traurigen Blick heraus. Ein kalter Schauer durchfährt mich, als er vor uns stehen bleibt. Ohne zu zögern stehe ich auf, meine Muskeln angespannt vor Angst.

Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, und meine Hände ballen sich zu Fäusten, als ich mich innerlich auf das Schlimmste gefasst habe. »Sie hat es geschafft, aber..« Er zögert einen Moment. Doch bevor er fortfahren kann, unterbreche ich ihn mit einem knappen »Aber?« Der Arzt seufzt schwer und setzt seine Erklärung fort: »In ihrem Körper wurden Substanzen injiziert, die ihre Fähigkeit, schwanger zu werden, verhundern.« »Und außerdem«, fährt er fort. »sie ist höchstwahrscheinlich traumatisiert. Ihre Wunden sind immer noch anfällig, und sie wird weiterhin Schmerzen haben. Es wird eine lange Genesungszeit sein.« Die Worte des Arztes dringen wie ein scharfer Stich in mein Herz, und ich kann kaum fassen, was ich höre. Kai legt seine Hand auf meine Schulter und versucht mich zu trösten. Ich gehe an ihm vorbei und trete in den OP-Saal. »Sir, Sie dürfen nicht hier rein!«, ruft eine Krankenschwester, doch ich höre nicht zu. Niemandem. Als ich Beatrice sehe, gehe ich zu ihr hinüber und nehme behutsam ihre Hand in meine. Ein leiser Seufzer entfährt mir, als ich ihre Hand küsse und meine Lippen sanft auf ihre Stirn drücke. »Du bist nicht allein, Amore mio. Ich bin hier, bei dir.« Die Emotionen überwältigen mich, und ich kann kaum die Tränen zurückhalten, die sich in meinen Augen sammeln. »Bitte verlassen Sie sofort den OP-Saal!« Die Krankenschwestern versuchen mich nach hinten zu ziehen, doch ich lasse es nicht zu. Ich will Beatrice nicht alleine lassen. Nicht, in so einem Zustand.

Tu sei mio Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt