5 | Pokerabend

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Ich arbeitete bereits seit zwei Wochen im Jacks. Man gewöhnte sich schnell an das Umfeld und die Abläufe. Selbst an die nächtlichen Idioten. Besonders einer hatte sich vorgenommen, mir auf die Nerven zu gehen. Cruz Salvador. Seit unserem ersten Aufeinandertreffen taucht er jede Nacht in der Bar auf, um seinen Whiskey zu trinken. Natürlich erst dann, wenn bereits alle gegangen waren und ich schon fast alles aufgeräumt hatte. Es lief immer gleich ab. Ich stellte ihm ein Glas und die Flasche Whiskey auf den Tresen, während er mich stillschweigend beim Abräumen der Tische beobachtete. Keine Ahnung, was er damit bezwecken wollte, aber es war mir auch ehrlich gesagt egal. Vorausgesetzt, er lässt mich in Ruhe.

Heute Abend hatten wir neben dem üblichen Geschäft auch ein privates Treffen. Jack hatte erwähnt, dass es sich um ein paar Mafiosi handelt. Jack hatte erwartet, dass es mich schockieren würde, so vorsichtig, wie er es mir erklärte. Das tat es aber nicht. Ich bin in der Bronx aufgewachsen. In einem Viertel, was nicht nur heruntergekommen war, sondern auch täglich von Kriminalität überschattet wurde. Gewalt, Drogen und Prostituierte waren Dinge, die ich täglich erlebte. Wenn man eine drogensüchtige Mutter hat, die für neuen Stoff täglich irgendwelche Männer nach Hause brachte, gewöhnte man sich daran. So traurig es ist. Selbst an die Schläge, die sie mir verpasste, wenn sie mal wieder keine Pillen hatte, gewöhnte ich mich.

Ich lernte schnell und vor allem früh, damit umzugehen. Als ich älter wurde, kümmerte sich Camilla um mich und zeigte mir, dass auch wir eine Zukunft haben konnten. Seitdem kämpfte ich mich durch. Das Gleiche würde ich auch hier tun.

„Sky, ist der Pokerraum hinten vorbereitet?", riss mich Jack aus meinen Gedanken. „Ja, alles vorbereitet. Deine ominösen Gäste können also kommen.", grinste ich ihm frech zu.

„Ich weiß, du bist eine sehr aufgeweckte und schlagfertige junge Frau, tu mir und besonders dir selbst heute Abend einen Gefallen und halte dich etwas zurück. Ich kümmere mich darum, dass hinten alle versorgt sind. Du übernimmst das Abendgeschäft." Er schien wirklich besorgt darüber, dass der Abend anders verlaufen könnte, als geplant. Ich war schon etwas neugierig, ob da mehr als nur ein Pokerabend einiger Mafiosi dahintersteckte. Da ich Jack aber nicht noch mehr ins Schwitzen bringen wollte, tat ich ihm den Gefallen und legte mein süßestes Lächeln für den Abend auf. Da sah er über meine Schulter hinweg zur Tür und automatisch drehte ich mich um.

Sechs Typen betraten die Bar und kamen ohne Umschweife auf uns zu. „Nicht der schon wieder.", flüsterte ich vor mich hin. Doch scheinbar nicht leise genug, denn Jack hörte mich. „Wen meinst du?", fragte er mich. „Cruz. Als ob es nicht schon genug ist, dass ich ihn jede Nacht bevor meine Schicht endet, ertragen muss. Jetzt auch noch den ganzen Abend?" Bevor ich aber weitersprechen konnte, drehte sich Jack von mir weg und begrüßte die Typen. „Hey. Der Tisch ist vorbereitet. Ihr könnt schon durchgehen. Ich bin gleich bei euch." Was zu Hölle? Das sind die Mafiosi, von denen er mich warnte?

Cruz musste meine Verwunderung über diese Erkenntnis mitbekommen haben, denn er musterte mich mit einem teuflischen Grinsen. Ich hingegen verdrehte nur die Augen und drehte mich weg. „Jack! Ich möchte, dass sie uns heute Abend bedient." Jacks Augen weiteten sich vor Schock über Cruz' Aussage. „Du weißt, ich schlage dir ungern eine Bitte ab, aber ich brauche Sky heute vorne. Sie ist die einzige Bedienung im Moment." Cruz lehnte sich auf den Tresen und sah mich mit diesem durchdringenden Blick an. „Das war zwar keine Bitte, aber natürlich muss das Geschäft laufen. Richtig, Sky?, fragte er mich. „Wenn du das sagst, dann muss es ja stimmen.", antwortete ich frech.

„Können wir jetzt endlich anfangen, oder wollt ihr weiter wegen einer Kellnerin diskutieren?", kam es von einem der anderen Typen aus dem Hintergrund. Cruz richtete sich wieder auf und zwinkerte mir provozierend zu, bevor er mit den anderen nach hinten in den Pokerraum verschwand. Die nächsten Stunden hatte ich Ruhe vor diesem arroganten Arschloch. Ich hab in meinem Leben schon viele Typen erlebt, aber niemand war so überheblich und von sich selbst überzeugt wie er.

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