34 | Hass mich...

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Ich stand minutenlang regungslos vor der Tür, meinen Blick starr auf das Holz gerichtet, als könnte ich damit verhindern, dass irgendetwas Schlimmes von der anderen Seite eindringen würde. Alles um mich herum fühlte sich weit entfernt an, als ob ich in einem dichten Nebel gefangen wäre. Die Geräusche der Wohnung, das leise Summen des Kühlschranks, das entfernte Rauschen der Stadt draußen, alles war gedämpft, unwirklich.

Selbst Cruz' Stimme, die immer wieder meinen Namen rief, drang kaum zu mir durch. >>Savannah... Savannah, hörst du mich?<< Er klang besorgt, fast verzweifelt, aber ich konnte nicht reagieren. Ich war zu sehr in meinem eigenen Tunnel aus Angst und Verwirrung gefangen, als dass ich seine Worte wirklich begreifen konnte. Es war, als wäre ich in einer Blase eingeschlossen, die mich von der Realität trennte.

>>Savannah!<< rief Cruz erneut, und dieses Mal war seine Stimme lauter, drängender. Es war dieser letzte Ruf, der endlich zu mir durchdrang, der den Nebel ein wenig lichtete und mir erlaubte, seine Worte zu hören.

Ich blinzelte und versuchte, mich zu orientieren. >>Ich bin vor der Tür<< sagte Cruz, seine Stimme jetzt klarer in meinem Kopf. >>Du kannst jetzt aufmachen.<<

Ich zögerte, meine Hand auf dem Türgriff, unsicher, ob ich wirklich in der Lage war, die Tür zu öffnen. Erst jetzt bemerkte ich, dass mein ganzer Körper zitterte. Es war ein unkontrollierbares Zittern, das von meiner tiefsten Angst herrührte, und ich konnte es nicht stoppen. Meine Knie fühlten sich schwach an, als ob sie jeden Moment nachgeben könnten.

>>Savannah, es ist okay. Ich bin hier,<<,hörte ich Cruz erneut, diesmal sanfter, beruhigender. >>Du bist sicher. Lass mich rein.<<

Langsam, als würde ich mich durch zähen Widerstand bewegen, drehte ich den Schlüssel im Schloss und entriegelte die Tür. Als ich sie öffnete, stand Cruz direkt vor mir, und die Sorge in seinen Augen war unverkennbar. Er sah mich an, und in diesem Moment brach der Damm meiner Emotionen, den ich so lange aufrechtzuerhalten versucht hatte.

>>Cruz...<< flüsterte ich, unfähig, mehr zu sagen. Er trat sofort näher, legte seine Hände beruhigend auf meine Schultern und zog mich in eine feste Umarmung. Das Zittern durchlief meinen Körper noch immer, aber in seinen Armen fühlte ich mich endlich wieder etwas sicherer, als ob der Sturm in mir langsam nachließ.

>>Alles ist gut<< murmelte er leise in mein Ohr. >>Du bist in Sicherheit.<<

Ich schloss die Augen und ließ mich von seinen Worten trösten, versuchte, die Realität wieder zu begreifen. Der Weg zurück zur Normalität schien so lang, so weit weg, aber für diesen Moment, in dieser Umarmung, fühlte ich mich, als könnte ich es schaffen.

>>Savannah, ist das das erste Mal, dass so etwas passiert?<<

Seine Frage ließ mich innehalten. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, während ich darüber nachdachte, was ich ihm sagen sollte. Ein Teil von mir wollte es herunterspielen, wollte so tun, als wäre es nichts, als ob diese beunruhigende Kette von Ereignissen nur ein Zufall gewesen wäre. Doch ich wusste, dass ich es sagen musste.

Langsam nahm ich mein Handy wieder hoch. Ich scrollte durch die Nachrichten, bis ich zu derjenigen gelangte, die mir das Blut in den Adern hatte gefrieren lassen. Ich hielt das Handy in meiner zitternden Hand und reichte es ihm. >>Ich habe diese Nachricht bekommen, bevor mir das Auto gefolgt ist,<< sagte ich leise, während er auf den Bildschirm starrte.

Cruz nahm das Handy und las die kurze, aber bedrohliche Nachricht: Ich sehe dich. Seine Miene verhärtete sich, als er den Text studierte. Er sah mich an, und ich konnte sehen, wie sich seine Sorge in etwas Dunkleres verwandelte – eine Mischung aus Wut und Besorgnis.

Eyes on you - Ich sehe dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt