»Ich bekomm' so langsam richtigen Hunger.« , jammerte Dag, nachdem sie gefühlt eine Ewigkeit durch den Wald gewandert waren.
»Ja. Ich auch.« , stimmte Vincent zu. »Ob das Essen echt ist?«
»Ja, denke schon.« , antwortete Dag grübelnd.
Vincent schaute ihn skeptisch an. »Wie kommst du darauf?«
»Ich habe schon einen Apfel gegessen.« , erklärte er. »Er hat sich echt angefühlt. Geschmeckt. Also alles.«
»Und ich habe Wasser getrunken. Das könnte natürlich auch ein Placebo-Effekt sein.«
»Placebo-Effekt?«
»Ja, weil hier nichts echt sein kann.«
Dag seufzte. »Vielleicht. Aber ... es fühlt sich trotzdem ... ich meine ... Eva. Sie war ... ich will sie in echt spüren.«
Vincent grinste leicht. »Wenn wir alles wieder auf Werkseinstellung zurückgesetzt haben, kannst du sie spüren, und keine Ahnung was, mit ihr machen.«
Dag blieb stehen. »Das werde ich wirklich tun. Ich weiß, dass ich keine andere will. Dieses von Frau zu Frau springen hat mir doch rein gar nichts gebracht.«
Vincent hielt nun auch in seinem Schritt inne. »Das wird alles schon wieder. Du musst nur aufhören, zu viel darüber nachzudenken. Wir müssen einfach nur die Mission im Auge haben.«
»Ja, ich weiß es doch. Aber ... eben das, hat mir umso mehr gezeigt, wie sehr ich sie will. Ich liebe sie.« Dag lehnte sich an einen Baum und ließ sich ins viel zu grüne Gras fallen.
Vincent setzte sich zu ihm. Er wusste, wie ernst es Dag damit war.
»Jeder Tag ... war wie ein ... Suchen.« , gab der Lockenkopf leise von sich. »Ich wusste es selbst nicht so genau. Aber jetzt weiß ich es. Ich habe in jeder Frau Eva gesucht, ohne zu wissen, dass sie mir fehlt.«
»Und ... Inès?«
»Inès war etwas anderes. Sie war nie unwichtig gewesen. Nicht hier ... und auch nicht in der echten Realität. Glaube ich zumindest. Aber ... ich spüre, Eva hat mich herausgefordert. Mich besser gemacht. Wir haben uns beide zusammen weiterentwickelt.«
Vincent sah Dag schweigend an. Er hoffte, dass sie es hinbekommen würden. Irgendwie ahnte er, dass Dag sonst daran zerbrechen könnte.
»Sollen wir eine kleine Pause machen?« , fragte er den Lockenkopf schließlich.
»Eine Rast wäre mit Proviant besser.«
»Auch wenn's nur Placebos sind?« Er schmunzelte leicht, um ihn aufzuheitern.
»Ja. Selbst dann.« Er dachte kurz an die Erscheinung von Eva. Nein, das war keineswegs besser gewesen. Dag zupfte gedankenverloren am Gras, als urplötzlich ein kleiner pinker Pilz aus der Erde schoss.
Er starrte auf das farbige Ding, das so unnatürlich aus dem Boden ragte, und riss es ab.
Als er erneut am Gras zupfte, erschien ein weiterer Pilz. Dieses Mal in Lila. »Hey Vinne, sieh dir das mal an.«
Vincent schaute herüber und bemerkte die ungewöhnlichen Pilze. »Was hast du gemacht?«
»Auf beiden steht, Iss mich.« , gab er an.
»Dann tun wir genau das Gegenteil.« , sagte Vincent und lachte dabei unsicher. »Oder sollten wir es doch tun?«
»Du meinst, damit wir aufwachen?«
Er nahm den Pinken entgegen und betrachtete ihn. »Na ja nichts tun, wird uns nicht weiterbringen. Aber wenn, essen wir beide gleichzeitig und vom selben, mit dem Ziel, dass uns wenn, das Gleiche passiert.« Er teilte den Pilz in der Mitte, der wie ein Stück zerbröckelter Kuchen plötzlich aussah.
»Clever Herr Stein.« , sagte Dag mit einem Grinsen, bis er bemerkte, das dieser ihm nie seinen Nachnamen gesagt hatte. »Soooo ... heißt du, oder?«
Vincent runzelte erst die Stirn, eh er lächelte. »Ja. Na komm schon. Drei ... zwei ... eins.«
Sie bissen gleichzeitig zu und noch bevor sie etwas schmecken konnten, begannen die Bäume in die Höhe zu schießen und ihre Körper fühlten sich ... winzigklein an.
»Fuck.« , quietschte Vincent mit einer piepsigen Stimme, als er bemerkte, dass sie geschrumpft waren.
»Ja.« , murmelte Dag mit derselben hohen Stimme. »Aber wir wussten ja, dass irgendwas passieren würde.«
»Ich wusste aber nicht, dass wir hier eine verdammte Alice-im-Wunderland-Nummer abziehen.«
Dag lachte trocken und sah auf den anderen Pilz, der mit geschrumpft war. »Vielleicht sollten wir jetzt den essen.«
»Nein. Das Risiko ist zu groß, noch kleiner zu werden.«
Dag betrachtete sich. »Möglicherweise wachen wir aber auch auf.«
»Ich will nicht riskieren, dass wir uns in nichts auflösen.«
»Wenn nichts real ist, können wir auch nicht verschwinden.« Vincent zögerte, doch bevor er etwas sagen konnte, schubste Dag ihn leicht. »Ich lecke nur mal dran, dann ist die Wirkung nicht so heftig.«
»Nein.« , rief Vincent, allerdings wartete Dag nicht. Er leckte dran und ... verschwand augenblicklich. »Fuck.« Er starrte umher. Der Lockenkopf war wie vom Erdboden verschluckt. »Das kann doch nicht wahr sein.« Er hob den Pilz auf und untersuchte ihn.
Schließlich führte er den Pilzling nun ebenso langsam an seine Lippen und leckte daran.
Als er seine Augen vorsichtig öffnete, fand er sich vor einer alten Holzhütte wieder. Seine normale Größe hatte er anscheinend zurückerlangt, aber Dag war immer noch nirgends zu sehen.
Dennoch ...
Spürte er irgendwie eine vertraute Umgebung.
»Dag?« , rief er laut, gleichwohl regte sich nichts. Der grünlich-neblige Dunst, der den Boden umgab, verstärkte sein Gefühl der Einsamkeit. »Wir wollten das doch zusammen machen.« , murmelte er enttäuscht und seufzte tief.
Trotz seiner Vorsicht öffnete Vincent die Türe der Hütte und trat ein.
Sie kam ihm nicht nur bekannt vor, weil sie derer ähnelte, wo er Dag nach der Höhle vorgefunden hatte, sondern auch ... weil ... ja wieso überhaupt?
Er wusste es nicht.
Er war definitiv schon mal hier gewesen ... und ... das nicht nur einmal. Das spürte er.
»Dag, bist du hier?« , rief er und erhielt weiterhin keine Antwort.
Instinktiv sah er zu einer Türe, vor die eine schwere Kommode geschoben war. Mit einem Ruck schob er diese zur Seite und öffnete den knarrenden Eingang.
Eine schmale Treppe führte in die Dunkelheit hinab.
»Dag, bist du da unten?«
Nichts.
Vincent atmete tief ein und machte sich daran, Stufe für Stufe in die Finsternis hinabzusteigen.
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Volle Kraft zurück in die Zukunst (Band 4)
Fanfiction(Band 4) Dag und Vincent stehen vor ihrer größten Herausforderung. Der Wurmlord hat sie gnadenlos bestraft. Verbannt in die Vergangenheit, finden sie sich in einer Zeit wieder, ohne Erinnerung an ihre tiefe Freundschaft. Sie sind Fremde füreinander...