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Dag saß auch einige Zeit später noch immer gelehnt an der Türeinfassung.

Die Tränen liefen über sein Gesicht, als er in das leere Treppenhaus starrte.

Er hatte Eva weggeschickt, um sie zu schützen, doch momentan fühlte es sich so an, als hätte er sie gänzlich verloren.

Die Angst und die Erleichterung, die sich in ihm mischten, ließen ihn abermals zittern. Er kam sich so schwach vor. Diese Gefühle in ihm waren zu überwältigend, als das er dagegen ankämpfen konnte.

Er versuchte, sich aufs Positive zu beschränken.

Er hatte sie gerettet.

Doch der Schmerz, sie weggeschickt zu haben, zerriss ihn innerlich.

Seine Hände bedeckten wieder mal sein Gesicht. »Was habe ich getan?« , wimmerte er.

Dag fühlte sich elend.

Er war traurig, glücklich und voller Schuldgefühle.

Vincent trat vorsichtig näher, während Blobby im Hintergrund verharrte. »Dag, du hast richtig gehandelt.« , sagte er leise. »Wenn das, was du gesehen hast, wahr werden könnte ... dann hast du sie vielleicht wirklich gerettet.«

Dag hob den Kopf. Seine Augen waren klatschnass und rot von der Heulerei. »Aber ... was, wenn ... was, wenn sie das nicht versteht?« , flüsterte er. »Sie denkt vielleicht, ich habe sie weggeschickt, weil ich sie nicht mehr sehen will.«

»Sie versteht es vielleicht nicht, ...« , sprach Vincent mitfühlend. »... aber wenn es wahr ist ... wenn der Lord wirklich hier auftaucht, dann war das die einzige Entscheidung, die du treffen konntest.«

Blobby nickte zustimmend. »Er hat Recht, Dag. Ich weiß, es ist hart, aber wenn das, was du gesehen hast, auch nur ansatzweise wahr ist, dann war es besser so. Der Lord hätte sie getötet, und du hättest sonst nichts dagegen tun können.«

Dag starrte auf den Boden. Sein Herz war schwer. »Aber ... es war nur eine Illusion, oder nicht? Was, wenn ich sie weggeschickt habe, und ... nichts wäre geschehen. Wir hätten glücklich sein können. Sie wollte doch mit mir reden. Sie war wiedergekommen.«

Vincent setzte sich neben ihn hin. »Ich weiß, das es nur in deinem Kopf geschehen ist. Du hast es dennoch erlebt, als wäre es tatsächlich passiert. Und so wie die Dinge momentan laufen ... vielleicht wäre es doch in die Richtung abgeschwenkt.«

»Aber ...« , begann Dag, allerdings konnte er die Worte nicht aussprechen. Alles war viel zu verwirrend, und die Angst ließ ihn nicht klar denken.

Sofort versank er abermals in seine Gedanken.

Die Bilder der Illusion spulten sich immer wieder in seinem Kopf ab.

Sein eigen produzierter Albtraum.

»Es ... es war ... es war alles genauso.« , sagte er leise. »Wir sind geflohen, in gleicher Weise wie ich es gesehen habe. Wir haben den Schmeggel gefunden, wie in meinem Kopf.«

Vincent runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«

»Es war nicht exakt genauso, aber es war fast alles so. Die Flucht, der Schmeggel ... Eva, die hergekommen war.«

»Vielleicht ...« , startete Blobby und schüttelte dann seinen Kopf.

»Nein, hau raus, was du sagen willst.« Vincent drehte sich in seine Richtung.

»Nein, also ... es ist nur eine Vermutung, aber ... die ... die Grauen sind im Grunde nicht böse. Sie ...«

»Hast du gesehen, wie Dag ausgesehen hat, als er zurückgebracht wurde?« , moserte er ihn an. »Oder jetzt?! Er ist immer noch mit seinen Nerven am Ende. Und du willst mir sagen, sie sind nicht böse.«

»Das sind sie auch nicht. Der Lord ist ihr Erschaffer. Sie handeln halt in seinem Auftrag.«

»Das macht es nicht besser.«

»Nein. Natürlich nicht. Sie besitzen keinerlei Gefühle, um dies richtig einordnen zu können, aber ... worauf ich hinauswollte, ... sie agieren außerhalb von Zeit und Raum. Denkt mal an Jack.«

Vincent sah ihn fragend an. »Ich weiß nicht, was du sagen willst.«

»Was ist, wenn es keine Illusionen waren, sondern ein Blick in die Zukunft.«

»Du meinst ... eine Art Vorhersage?«

»Vielleicht.« , sagte er und zuckte dabei leicht mit den Schultern. »Möglicherweise eine Warnung, dass das alles passieren könnte.«

Vincent runzelte die Stirn. »Du meinst ... eine Zukunft, die wir quasi damit ... verhindern konnten? Also, die er anders ... gestaltet hat?!«

Dags Atem wurde ruhiger, als er den beiden lauschte. »Wenn das stimmt ...« , begann er langsam. »... dann ... dann ... wären wir in der Lage, Dinge zu ... ändern.«

Sein bester Freund half ihm auf die Beine und schloss die Türe. »Wie denn? Deine ... nennen wir es jetzt mal ... Vision ... ging ja nur bis Evas ... na, bis zu ... du weißt schon.«

»Ich weiß es nicht.« , sprach er. »Ich will auf jeden Fall nicht nochmal, so etwas mitmachen. Ich kann nicht zusehen, wie ihr das einmal mehr geschieht.«

Blobby verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die Couch. »Wir haben keine Option in die Zukunft schauen zu können.«

»Nein. Wir laufen andauernd gegen eine Wand.« , sprach Dag.

Vincent starrte ins Leere. »Aber was, wenn ... was, wenn wir gar nicht gegen die Wand rennen müssen?« , sagte er plötzlich. Seine Stimme wurde leiser, als die Idee in ihm Gestalt annahm.

»Was meinst du?« Dags Augenbrauen zogen sich zusammen.

»Stellt euch vor, wir laufen tatsächlich die ganze Zeit gegen diese Wand.« , sagte er und hielt die Hände ausgestreckt nach oben. »Doch was wir dadurch die ganze Zeit übersehen, ist die Tür neben uns.«

»Welche Tür?« Dag blickte sich um, als würde im weiteren Verlauf eine sichtbar werden.

»Die Tür zurück.« , antwortete er.

»Was?« , sprachen beide im Chor.

»Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, um anders zu handeln, aber ... wir können zurück.«

»Zurück wohin?« , fragte Blobby.

»Zurück in die Zeit, bevor der Lord uns in diese verfickte Realität schickt.«

»Du meinst ... es ... verhindern?« Dags Augenbrauen blieben an Ort und Stelle, eh sie in Original-Position zurückrutschten. »Das ... das könnte tatsächlich funktionieren. Wenn wir den Ursprung abwenden, den Moment, in dem der Lord uns in diese falsche Realität geschickt hat, wäre eigentlich alles wieder ... normal.«

»Ihr wollt ... in der Zeit zurückreisen? Zudem noch ... in eine andere Realität?« Blobby sah beide abwechselnd an.

»Ja genau.« , entgegnete Vincent direkt. »Warum hast du nie daran gedacht, einfach in die Vergangenheit zu reisen, oder besser gesagt, die paar Minuten, bevor es geschehen ist und das Ganze an der Wurzel zu packen?«

Blobby starrte sie für einen Moment an, dann hob er eine Augenbraue. »Ich ... ehm ...«

»Ja genau.« Dag sah ihn jetzt ebenfalls an. »Du hättest das direkt vorschlagen können, als du uns gefunden hast.«

Der Metamorph hob abwehrend die Hände in die Luft. »Halt. Wartet mal. So einfach ist das nicht. Die Zeit zurückzudrehen ist ein ganz anderes Level.«

Vincent schüttelte seinen Kopf. »Aber es wäre der logischste Schritt gewesen. Du reist hierher, um uns zu retten, und du denkst nicht mal daran, das Ganze einfach zu verhindern?!«

Blobby seufzte. »Zeitreisen sind kompliziert. Man kann nicht einfach in die Vergangenheit reisen. Zu 99,9 Prozent ist all das, was man sieht auch geschehen und niemand hat ihn aufgehalten. Versteht ihr?!«

»Dann ändern wir es jetzt.« , gab Vincent entschlossen von sich. »Vielleicht war das eine Zeitlinie, keine Ahnung, wo ... all das Schlimme geschehen ist, was Dag gesehen hatte. Verstehst du? Wahrscheinlich sind wir deswegen nicht auf die Idee gekommen, aber ... jetzt ... reisen wir zurück ... und treten diesem langen Hans in den Arsch.«

Volle Kraft zurück in die Zukunst (Band 4)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt