"Hallo und Herzlich Willkommen, was kann ich Ihnen bringen?", ratterte ich mit einem gefälschten Lächeln auf den Lippen den Satz hinunter, welchen Chiara mir fast schon gewaltsam eingetrichtert hatte. Sie fand, ich sei zu desinteressiert und gleichgültig seitdem ich von dem Ausflug zurück bin.
"Bay, wir sind Freundinnen, da brauchen wir solch Formalitäten nicht.", kicherte die hochgewachsene Blondine vor mir verhalten während sie sich die Hand vor den Mund hielt und auffällig oft mit den Wimpern klimperte. Zur Hölle, war ich ein Typ oder wieso zog sie bei mir diese Bitch-Nummer ab?
"Holly, weder sind wir Freundinnen noch werden wir je welche sein. Du bist mir viel zu primitiv mit deinem Erbsengehirn.", sagte ich apathisch während meine Augen durch den Raum zur Uhr flogen. Nur noch gut eine Stunde, dann hätte ich endlich Feierabend und könnte mich in der Wohnung meines Vaters verkriechen.
Entrüstet schnappte das Mädchen vor mir nach Luft, ihre rehbraunen Augen blitzten verletzt auf und ihre Lippen pressten sich zu einer schmalen Linie zusammen: "Du solltest dich nicht mit mir anlegen, Bay.", warnte sie mich. Allerdings musste ich bei ihrer indirekten Drohung auflachen.
Mit meinen Armen voran stützte ich mich auf dem weißen Tisch vor mir ab, lehnte mich so weit nach vorn wie es nur möglich war und hielt kurz vor dem Gesicht der Cheerleaderin inne: "Was willst du gegen mich anrichten, deine kleinen Freundinnen gegen mich aufhetzten? Mach dich nicht selbst zum Gespött und halt dich einfach fern von mir.", meine Stimmlage war bedrohlicher als ich wollte, doch sie schien ihre Wirkung nicht zu verfehlen, denn die Blondine zuckte zusammen und beäugte mich prüfend, ob ich nicht doch nur scherzen würde.
Mehr als nur ein wenig eingeschnappt erhob sich die Queen B unserer Schule und stapfte mit ihren überhöhten Heels aus dem Lokal meiner Tante. Diese schien das Schauspiel mit verfolgt zu haben, denn ihr tadelnder Blick streifte mich, ehe sie mich ignorierte und ihrer eigenen Arbeit nachging.
Als ich endlich Schluss machen konnte mit dem Kellnern war die Schürze schneller weg als sie vorhin dran war und mit eiligen Schritten verließ ich das Restaurant, zu groß war die Angst, dass Chiara noch mit mir reden wollte. Wie so ziemlich jeder, war sie nicht gut auf mich zu sprechen.
Der Ausflug mit den Jungs war drei Wochen her, mit Damien hatte ich kein Wort mehr gewechselt und mit Ben nur das nötigste geredet. Aaron und sein Gefolge hatte ich am nächsten Tag darüber aufgeklärt, dass ich Abstand bräuchte, und die einzige mit der ich noch freiwillig Zeit verbrachte war Heaven.
Natürlich war dies alles nicht so reibungslos verlaufen wie ich es mir gewünscht hätte, stattdessen hatte ich mich so gut wie mit jedem männlichen Wesen gestritten. Reece war wütend, weil ich nicht mehr mit ihm Trainierte, Aaron weil ich ihn und die Jungs sitzen gelassen hatte, Damien aus dem einfachen Grund, dass er nicht verstand, was er denn falsch gemacht hätte und Ben, weil ich nicht mit ihm über meine Gefühle sowie über meine Probleme sprechen wollte.
Hoffnungsvoll öffnete ich den Metallkasten vor meiner Nase, betend, dass endlich ein Lebenszeichen meines Erzeugers dabei sein würde, doch vergebens. Wieder kamen mir nur Prospekte und Werbungen entgegen, was mich niedergeschlagen eine Strähne meines dunklen Haares aus dem Gesicht pusten ließ.
Als würde es nicht genügen, dass ich kaum schlief und hier alles drunter und drüber ging, war nicht einmal mein Vater dazu bereit, mir zu schreiben wie es ihm ginge. Lediglich die Gewissheit hatte ich, dass die US-Army mich kontaktiert hätte, wenn mein Dad gefallen wäre. Da von dieser aber noch nichts gekommen war, ging ich davon aus, dass mein Vater zumindest noch auf den Beinen stand und atmete.
Träge schlürfte ich die Treppenstufen hinauf um anschließend die Wohnungstür aufzuschließen und hinein zu treten. Aus dem Schlafzimmer von dem schwarzhaarigen Adonis war wie so oft in letzter Zeit laute Musik zu vernehmen und die Augen rollend ging ich in die Küche um dort meine Wasserflasche aufzufüllen. Ich wollte ihn nicht sehen, deswegen würde ich einfach meine tägliche Runde laufen.
In frischen Sportsachen und mit viel mehr Elan als zu vor hüpfte ich die steile Treppe wieder hinunter, nur um stehen zu bleiben und den Zettel am Briefkasten durchzulesen.
Ich kenne dein Geheimnis
Das Atmen fiel mir augenblicklich schwer und aus weit aufgerissenen Augen überflog ich die Buchstaben immer und immer wieder. Das durfte nicht sein, das konnte gar nicht sein. In all den Monaten hatte ich darauf geachtet, dass niemand hinter die Lügen kam, welche ich tag täglich den Leuten in meiner Umgebung auftischte. Ich war mehr als nur vorsichtig gewesen.
Mit flinken Fingern riss ich den Post-It-Zettel vom Metall. Verdammt, ich steckte sowas von tief in der Scheiße, dass es schwer werden würde, wieder aus ihr hinaus zu gelangen.
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Not the truth
Romansa»Du hast uns über Monate hinweg angelogen.« »Was hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zu verlieren? Ich hatte keine Familie, mein Selbstwertgefühl war für den Arsch und ich konnte einem Mädchen helfen, dass es nötiger hatte als ich in der Gesellschaf...