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Meine Schritte hallten an den Wänden der Schulgänge ab und fielen wieder auf mich zurück, wieder einmal war ich viel zu spät dran, weil ich verschlafen und meinen Wecker überhört hatte. Mit einer hastigen Bewegung strich ich mir die verklebten braunen Strähnen aus dem Gesicht und blieb stehen.

Lediglich mein Keuchen erfüllte die Stille um mich herum und nur mit viel Mühe bekam ich es hin, meinen Spind zu öffnen und meine Bücher für Geschichte heraus zu nehmen. Meine herzallerliebste Lehrerin hatte nichts gegen Schüler, die zu spät in den Unterricht schneiten, dafür aber gegen die, die ihre Materialien vergaßen und somit nicht mitarbeiten konnten.

Erneut eilte ich in schnellem Tempo durch die Gänge meiner heiß geliebten Schule, jedoch wurde ich grob zur Seite gerissen als ich um eine der Ecken biegen wollte um endlich zu meinem Kurs zu gelangen. Mein Dickschädel knallte gegen eine gut trainierte Brust und meine Hände fanden wie von selbst genau diese um Abstand zwischen mich und meinen Peiniger zu bringen: „Was zur Hölle?", fragte ich verärgert als ich ihn die stahlgrauen Augen von Aaron blickte.

Dieser hatte ein argwöhnisches Grinsen auf den Lippen, achtete gar nicht weiter auf meinen Protest und zog mich an der Taille mit in den renovierungsbedürftigen Biologieraum, welcher derzeit nur als Lager für Bücher und andere Utensilien gedacht war.

„Aaron Thomson, was willst du von mir?", zischte ich wutentbrannt während ich seine Hände von meinen Hüften stieß. Ich versuchte meine Stimme nicht zu sehr zu heben, immerhin hatten andere Klassen Unterricht und wenn man uns hier erwischen würde, dann säße ich nur noch mehr in der Zwickmühle. Dies wiederum konnte ich mir nicht leisten, nicht in meiner derzeitigen Position.

Wieder fanden seine schmierigen Griffe meine Hüften und zogen mich an sich: „Darling, du solltest deinen süßen Mund halten und mir jetzt genauestens zuhören. Ab Montagmorgen wirst du wieder bei uns sitzen in den Pausen, das Training mit Reece wird nachgeholt und wenn du es auch nur noch ein einziges Mal wagen solltest, dich gegen mich zu stellen, dann werde ich nicht mehr so freundlich sein.", seine Worte brauchten einige Zeit um bei mir im Kopf einzusickern, doch als ich sie verstand übermahnte mich die Wut, wie das Schlagen von Wellen bei Sturm.

Ich legte trügerisch meine Finger um seinen Nacken, verschaffte mir somit einen Moment der Verwirrung seinerseits und rammte ihm mit voller Kraft mein Knie in seine Heiligtümer. Sein durchaus attraktiver Körper sackte nach vorn und mit einem nicht gerade sanften Griff packte ich seine haselnussbraunen Haare: „Wenn du mir Steine in den Weg legst, ich schwöre dir, werde ich sie aufheben und in deine Visage werfen. Ich bin eine Nummer zu groß für dich, Aaron.", schockiert über mich selbst ließ ich von ihm ab und stürmte aus dem Raum.

Meine Hände zitterten als ich die Mädchentoiletten erreichte und mich in einer der Kabinen einschloss. Verdammt, wieso musste gerade ich mich immer in die misslichen Situationen bringen?

Nicht nur, dass ich die erste Stunde geschwänzt hatte, darüber hinaus hatte ich soeben einem Typen gedroht und ihn wahrscheinlich impotent gemacht mit meinem Tritt. Außerdem müsste Aaron nur wie ein Vögelchen zwitschern und schon wäre ich weg vom Fenster. Keine Schule wollte aggressive Schüler.

Mein Atem ging stoßweise, mein Schädel dröhnte von all den Ereignissen der letzten Monate und dem wenigen Schlaf und meine Handinnenflächen schwitzten. Ich wollte nur noch nach Hause, mir einen heiße Schokolade machen und mich auf die Couch von meinem Vater legen, zusammen mit Damien.

„Hey, Bay.", flötete eine erfreute Heaven als ich die Bibliothek der Schule betrat und stoppte das einsortieren der verschiedensten Bücher. Ihre bläulichen Haare waren zu einer skurrilen Frisur zusammengesteckt und ihre Lippen hatte sie sich schwarz bemalt, wodurch ihr dunkles Nasenpiercing gut in Szene gesetzt wurde. Sie sah hübsch aus, auf ihre eigene Art und Weise.

Ich legte meinen Rucksack zu einen der Tische, setzte mich auf dessen Kante und betrachtete meine Freundin dabei, wie sie auf mich zukam und sich neben mir positionierte. Ihr herber Duft strömte mir entgegen und entlockte mir ein Schmunzeln. Sie liebte Männerdüfte.

„Du wolltest einen Rat?", erkundigte ich mich und bezog mich auf den Zettel, welchen ich kurz zuvor in meinem Spind gefunden hatte. Ihre dunklen Augen blickten mich wie die eines hilflosen Welpen an und in mir zog sich unmerklich ein kleiner Teil zusammen. Heaven war taff, ließ sich nichts nehmen was sie wollte und posaunte ihre Meinung in aller Öffentlichkeit hinaus wie es ihr passte. Dieses Auftreten passte dementsprechend nicht zu ihr.

„Normalerweise würde ich einfach die Klappe halten, doch da wir so etwas wie gute Freundinnen sind, möchte ich mich dir anvertrauen.", schweigend nickte ich während mein Blick durch die Räumlichkeit huschte und Ausschau nach anderen Mitschülern hielt. Wir waren Gott sei Dank alleine, wodurch wir nicht erst die Umgebung wechseln mussten.

„Ich habe mich verliebt.", gestand sie und ihre Wangen verfärbten sich in ein leuchtendes Rot. Immer noch nicht verstehend, worauf sie genau hinaus wollte, denn dies schien mir kein super wichtiges Geheimnis zu sein, zog ich die Augenbrauen zusammen, „In einen Lehrer."

Not the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt