41

8.5K 426 28
                                    

„Du meidest meinen Blick. Wieso?", Damien hielt mich am Ellenbogen, damit ich nicht die Glastür der Werkstatt durchschreitet und vor ihm flüchten konnte.

Wir hatten noch eine gefühlte Ewigkeit im Autokino verbracht, bis schlussendlich Ryo kam und uns bat, doch bitte zu gehen, damit das Personal Feierabend und die Lichter ausgestellt werden konnten. In der gesamten Zeit hatten wir kaum ein Wort miteinander gewechselt, zu sehr waren wir mit unseren eigenen Gedanken beschäftigt.

Der schwarzhaarige Adonis war am heutigen Abend gnadenlos ehrlich zu mir gewesen, hatte mir von seiner schwer kranken Mutter erzählt und mich endlich darüber aufgeklärt, wieso er bei Dean wohnte. Ich dagegen verschwieg ihm immer noch mein halbes Leben, verheimlichte ihn alles, nur, damit meine Lügen weiterhin aufrechterhalten wurden.

„Weiß nicht.", gestand ich ihm, sah in seine eisblauen Augen und fragte mich, wie er wohl jetzt über mich dachte. Immerhin hatten wir uns geküsst, wobei ich vor einigen Tagen noch gesagt hatte, zu dem würde es nie kommen, da ich kein leichtes Mädchen sei, welches man mal einfach so um den Finger wickeln kann. Scheiße gelaufen, würde ich mal sagen.

Seine Gesichtszüge wurden weicher, seine Gesichtsmuskulatur fiel in sich zusammen: „Ist es wegen dem Kuss? Denkst du, ich stemple dich jetzt als Schlampe ab?", die Tatsache, dass er mich so schnell durchschaut hatte, machte mir eine Heidenangst. War ich etwa ein offenes Buch für ihn, kannte er all meine Lügen und war womöglich er der Unbekannte, der die seltsamen Post-It-Zettel anklebte?

Trotzig reckte ich das Kinn in die Höhe: „Ich bitte dich, als ob mir deine Meinung so wichtig sei.", wir wussten beide, das ich log und dieses Mal machte ich nicht einmal Anstalten, meinen Protest zu unterbreiten und sie zu verdeutlichen. Verdammt, seine Meinung war mir wichtiger, als meine eigene.

Damiens Mundwinkel begann zu zucken und mit einem abrupten Hieb zog er mich so an sich, dass seine Lippen meine trafen, bevor ich überhaupt etwas hätte sagen können.

Meine Arme legten sich um seinen Nacken, ein angenehmes Kribbeln fuhr durch meinen Körper und seine Hände, die sich auf meine Hüften legten, verstärkten das Gefühl nur noch mehr. In mir brach ein wahrhaftiges Feuerwerk aus.

Seine Lippen schmiegten sich an meinen, schmeckten nach Nikotin und Minze mit einem leichten Hauch Honig und auch wenn ich ihn gerne noch Jahre weiter geküsst hätte, löste ich mich schwer atmend von ihm. Eins musste man ihm lassen, küssen konnte er.

Mir fehlten die Worte, weshalb ich ihn mit schnell schlagendem Herzen ansah und betete, dass er das Pochen durch die wenige Distanz nicht spürte. Sein Adamsapfel hüpfte als er schwer schluckte: „Du bist keine Schlampe, Bay. Ganz sicher nicht und schon gar nicht für mich."

Ich pustet eine meiner braunen Haarsträhnen aus meinem Gesicht, nickte mit hochrotem Kopf und schenkte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange, ehe ich mich von ihm und seinem Anblick los riss und in die Werkstatt stürmte, wo ich erneut abrupt inne hielt.

„Heaven? Ben?", stotterte ich perplex, während meine beiden Freunde auseinander fuhren und sich hastig versuchten die Haare sowie die Klamotten zu richten. Wollten die einen Soft-Porno drehen oder wieso war meine blauhaarige Freundin nur noch zur Hälfte angezogen?

„Ich- wir können das erklären!", beschwichtigte mich Blondchen, doch ich wank noch immer irritiert ab und schüttelte abwegig den Kopf. Ich wollte ganz sicher keine Details über ihr Sexleben hören, so gerne ich die beiden auch hatte.

„Verhütet bitte einfach. Mein Plan war es nicht, mit sechzehn schon Patentante zu werden.", ich schenkte beiden noch ein flüchtiges Lächeln, bevor ich an ihnen vorbei und zu der Hintertür ging, von welcher man ebenfalls in die Wohnung meines Vaters kam.

Zwar war der Gedanke, dass die beiden miteinander vögelten, nicht gerade berauschend, doch ging mich diese Angelegenheit nichts an. Vielleicht war Blondchen auch nur Mittel zum Zweck und Heaven lenkte sich mit ihm von der ganzen Lehrergeschichte ab.

In der Wohnung angekommen machte ich mich schnell im Badezimmer fertig und zum Schlafen breit, wartete dann aber noch in der Küche auf die Sahneschnitte, welche auch kurz nachdem ich mich gesetzt hatte erschien.

Seine Lippen waren von unserer kleinen Knutscherei vorhin noch immer ein wenig geschwollen, seine Haare standen ihm wirr vom Kopf und seine Aura strahlte puren Sex aus. Wenn ich nicht gerade darauf bedacht wäre, ein letztes bisschen Würde zu behalten, hätte ich ihn angefallen und wahrscheinlich mit ihm die gesamte Nacht Dinge gemacht, die nicht sonderlich Jugendfrei gewesen wären. Seit wann hatte ich solch unanständige Gedanken?

Er kam auf mich zu, spreizte meine Beine und stellte sich zwischen sie. Er umfasste mein Gesicht mit seinen beiden Händen und küsste mich, als würde er krepieren, wenn er es nicht täte. Adieu letztes bisschen Würde und Hallo Sahneschnitte. 


Not the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt