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Als ich am nächsten Morgen aufwachte war mir sofort klar, dass ich nicht auf der heruntergekommenen Couch meines Vaters lag, sondern im weichen Bett des Gästezimmers alias Damiens Zimmer.

Meine Lieder schlugen nur schwer auf, noch immer war ich mehr als nur ein wenig müde, dennoch konnte und wollte ich nicht weiter schlafen. Mein Tagesablauf war klar, ich würde etwas essen und anschließend mit Aaron und den Jungs trainieren müssen, auch wenn ich keine Lust hatte.

„Na, Schlafmütze, auch mal wach?", neckte mich die Sahneschnitte neben mir mit rauer Stimmlage, sodass sich mir die Nackenhaare aufstellten und ein warmer Schauer meinen Rücken durchlief. Wir hatten keine hingebungsvolle Nacht miteinander verbracht, lediglich miteinander geredet, gelacht und geknutscht. Wann war ich zu dem Typ Mädchen geworden, der Stunden damit verbrachte, einen Kerl anzuschmachten?

„Fresse, River.", knurrte ich verschlafen, rieb mir den Schlaf aus den Augen und zog mir die wärmende Decke bis zum Kinn. Damien grinste, führte seine Zigarette zu seinen Lippen und nahm einen tiefen Zug, ehe er den Rauch auspustet und sich zu mir vor lehnte, um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben.

„Hast du gut geschlafen?", erkundigte er sich. Es war schon niedlich von ihm, dass er mir so viel Aufmerksamkeit schenkte, doch konnte er diese getrost bei sich behalten, solange ich noch nichts im Magen und keinen Kaffee hatte.

„M-mh.", brummte ich zustimmend, während ich mich ausgiebig streckte und so meine müden Glieder streckte. Der Adonis mit schwarzen Haaren beobachtete meine Tortur aus ruhigen Augen und drückte seine Nikotinstange im Aschenbecher neben sich aus.

„Du bist definitiv nicht sehr gesprächig am Morgen.", stellte er stumpf fest und rutschte wieder auf meine Höhe hinunter, sodass er auf direkter Augenhöhe zu mir war und mir entgegen blickte. Dutzende Fragen jagten mir bei seinem Anblick durch den Kopf, doch nur eine schaffte es, dass ich sie aussprach.

„Was ist das zwischen uns, Damien?", seine Gesichtszüge verhärteten sich für den Bruchteil einer Sekunde, wurden dann aber mit einer Zärtlichkeit geflutet, dass ich bezweifelte, dass diese für mich gedacht war, doch das war sie.

„Na was wohl?", raunte er, schlang die Arme um meine Mitte und riss mich geradezu an sich, „Du bist mein Mädchen, meine Freundin. Du verstehst?"

Wärme stieg mir ins Gesicht und vor Verlegenheit biss ich mir auf die Unterlippe. Ich hatte durchaus mit so etwas in der Art gerechnet, doch es aus seinem Mund zu hören ist dann doch noch etwas ganz anderes. Zur Hölle, ich war offiziell mit Damien River zusammen.

Ohne weiter darüber nach zu denken presste ich ihm meine Lippen auf seine und küsste ihn so überrumpelt, wie er es bis jetzt auch immer bei mir getan hat. Damien war zwar nicht mein erster Kuss, doch mein erster fester Freund, weshalb die ganze Situation ziemlich neu für mich war.

Erst das Klingeln meines Handys ließ uns wieder zurück in die Realität finden und widerwillig löste ich mich von der Sahneschnitte, welche ebenso nicht sonderlich erfreut schien.

Wo bleibst du?

Mit den Augen rollend stemmte ich mich auf, schwang die Beine über die Bettkante und erhob mich. War ja klar gewesen, dass Aaron den gesamten Moment zerstören musste. Er war solch ein egoistisches Arschloch, das ich mich fragte, wie ich ihn je hatte nur ansatzweise mögen können.

„Ich muss los. Sehen wir uns später?", fragte ich an meinen Freund gerichtet, während ich meine wirren Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen band, mir einen Pullover aus seinem Schrank stibitzte und durch die halbe Wohnung eilte, um all meine Sachen zusammen zu suchen und mir die Zähne zu putzen.

„Klar. Soll ich dich fahren?", entgegnete der blauäugige etwas überrascht, doch ich schüttelte verneinend den Kopf und lief in die Küche. Er durfte definitiv nicht erfahren, was für eine Scheiße ich derzeit mit den Jungs abzog.

„Nicht nötig.", lächelte ich ihm entgegen und griff nach den Stapel an Briefen, welcher auf der Anrichte lag und sah die Absender durch. Versicherung, Jungendamt, Rechnungen, Layla Martin.

Die Umschläge glitten mir aus den Händen, ein Kloß bildete sich in meinem Hals und benommen machte ich einen wackligen Schritt zurück. Wieso schrieb meine Mutter mir, wenn sie mich doch freiwillig hat weggegeben an einen Mann, denn ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte?

Mein Herz rutschte mir in die Hose und ich spürte wie die Übelkeit mich überkam. Jegliche Funktion meines Körpers setzte aus und wie in Trance bekam ich mit, wie Damien sich auf mich zubewegte und die Papiere aufhob.

„Bay, was ist los?"


Not the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt