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Wind wehte meine Haare umher, sodass die gewellten Strähnen mir im Gesicht hingen und mir weitgängig die Sicht nahmen. Ich versuchte meine Unsicherheit und das kleine Problem mit dem Wetter zu überspielen, strich mir immer wieder das Haar zurück und schielte aus dem Augenwinkel hinüber zu Damien, welcher still schweigend neben mir her ging und bislang kaum ein Wort verloren hatte.

Es war nicht so, als würde ich auf einen Kommentar zu meinem Aussehen pochen, doch zu wissen, dass es ihm gefällt wäre schon schön. Seufzend blieb ich auf der Stelle stehen.

Erneut traf eine Windböe mich von hinten, wirbelte mein Haar umher und ließ mich minimal frösteln: „Du hast mich gefragt, ob ich mit dir ausgehe, sagst aber kein einziges Wort. Ich fühle mich verarscht, River!", motzte ich und musste mir das hervor schieben meiner Unterlippe schwer zurück halten, da ich gerade ziemlich gerne schmollend auf der Couch liegen würde.

Damien durchbohrte mich mit seinen eisblauen Augen, schüttelte den Kopf und trat näher an mich heran, sodass wir nicht mal einen halben Meter voneinander getrennt waren. Er hob seine rechte Hand, streifte meine Wange mit seinen Fingerkuppen, ehe er mit Druck über meine Lippen fuhr und so meinen wenigen Lippenbalsam wegwischte.

Mein Herz drohte zu explodieren bei seinen sanften Berührungen, mein Atem ging stoßweise und noch immer machte er keine Andeutungen, von mir weg zu treten.

„Das bist nicht du, Bay.", flüsterte er nur für mich hörbar und legte seine rauen Hände um mein Gesicht, „Weißt du, ich habe Interesse an dem Mädchen, dass kein Make-Up benötigt um gut auszusehen und die sich nicht darum schert, ob die Haare nun liegen oder nicht."

Ich blickte zu Boden, mied seinen Blick und presste meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass ich das alles nur für ihn gemacht habe, dass ich nervös gewesen war und mir deshalb so viel Mühe gegeben hätte, doch ich traute mich nicht.

Seine Daumen fuhren imaginäre Kreise auf meiner zum Teil trockenen Haut, jagten wollige Schauer über meinen Rücken und ließen eine Gänsehaut entstehen, bei der sich jedes meiner dünnen Härchen aufstellte. War das die nette Art zu sagen, dass ich scheiße aussah?

Die Sahneschnitte vor mir seufzte, rollte mit den Augen und hob mit Zeige-und Mittelfinger mein Kinn an, sodass ich dazu gezwungen war, ihm in die blauen Augen zu sehen: „Heißt nicht, dass es schlecht aussieht.", sein Mundwinkel zuckte in die Höhe und ein spitzbübisches Grinsen zierte seine Lippen.

„Arschloch.", murmelte ich beleidigt, da ich wirklich davon ausgegangen war, dass ihm mein Aussehen nicht gefiel und er deswegen so wenig sprach. Damien lachte heiser auf, entfernte seine Hände von meiner erhitzten Haut, drückte seine rissigen Lippen für den Bruchteil einer Sekunde auf meine Wange und griff dann nach meiner Hand um mich hinter sich her zu ziehen. Überrumpelt ließ ich die Tortur über mich ergehen und lief hinter ihm her.

„Krasse Scheiße!", stieß ich hervor als wir das herunter gekommene Autokino erreichten und der schwarzhaarige uns in Richtung der Kasse taktierte. Dutzende von Wagen standen auf dem großen Gelände, welches nach hinten hin Berg auf ging, damit man auch von überall die gigantische Leinwand sehen konnte. Irritiert sah ich zu dem Typen neben mir: „Wir haben kein Auto, du Genie."

„Haben wir wohl, nur sind wir mit diesem nicht hergekommen.", schmunzelte Damien, welcher gegen die Fensterscheibe des Kassenhäuschens klopfte und so dafür sorgte, dass eine Tür im Innenraum aufging und eine schemenhafte Silhouette herbei eilte. Überrascht sah ich Ryo entgegen.

„Alter, chill mal, ich war auf Klo.", fluchte der Asiate seinen Freund an, überreicht ihm dann einen Schlüssel und nickte in Richtung der Leinwand, „In zehn Minuten startet der Film. Viel Spaß euch Turteltäubchen."

Der junge Mann mit dem rabenschwarzen Haar nickte mir zwinkernd zu und ich spürte, wie sich mein Gesicht erhitzte und mir das Blut in die Wangen schoss. Verdammt, hatte Damien all seine Freunde in das Date eingeweiht, oder wieso schien keiner überrascht, dass wir miteinander ausgingen?

„Werden wir haben.", grinste die Sahneschnitte mit ebenso schwarzen Haar breit übers ganze Gesicht, ehe er wieder meine Hand ergriff und hinter sich herzog. Ich fühlte mich wie ein Sack Mehl, der ständig überall mit hin geschleppt wurde.

Wir kamen dem rostigen Jeep von Damien näher und allmählich dämmerte mir, dass er sich richtig Gedanken über dieses Treffen gemacht hatte. Er half mir auf die Ladefläche hinauf, bot mir so den Blick auf zig Decken und Kissen, sowie einem alten Radio mit Antenne.

„Damien, ich-", mir fehlten die Worte, um auszudrücken, wie ich mich fühlte. Mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen pustet ich mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht: „Es ist toll."

„Davon hätte ich ein Foto machen sollen.", sagte er, sich am Nacken kratzend und mich betrachtend. Verwirrt über seine Aussage zog ich die Augenbrauen kraus. Wieso hätte er ein Foto machen sollen?

„Was?", fragte ich dümmlich.

„Das erste, was du in meiner Anwesenheit gesagt hast, war: Mach ein Foto, hält länger.", lächelte er, „Jetzt gerade hätte ich gerne ein Bild von dir, du siehst süß aus, so verlegen."

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