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Als ich mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachte ging mein Atem flach und mein Herz pulsierte in einem unregelmäßigen Takt. Arme waren um meine Körpermitte geschlungen und keuchend schlug ich diese beiseite. Tränen strömten mir über die Wangen und verschwammen meine Sicht.

Ich wollte mich aufrichten, doch wurde ich wieder auf den harten Boden des Waldes und geradewegs in die Arme von Damien gezogen, welcher mich aus müden Augen ansah. Seine dunklen Haare standen ihm zu Berge und der Ausdruck auf seinem Gesicht war unleserlich.

„Was ist los?", fragte er mit rauer Stimme, wodurch ich am ganzen Körper Gänsehaut bekam. Einen Schluchzer unterdrückend schüttelte ich den Kopf. Seine Hände, welche unglaubliche Gefühle in mir auslösten, weg schiebend stand ich auf.

Verdammt, ich musste aufhören immer und immer wieder von denselben Ereignissen zu träumen. Sie zerstörten und zerfraßen mich von innen heraus, machten mich untauglich und zu einem hilflosen Wrack in dieser beschissenen Welt.

Die abgefallenen Blätter von den Bäumen über mir knisterten als ich auf den See zusteuerte, mich über diesen beugte und mir das kalte Wasser ins Gesicht spritzte. Erleichtert atmete ich aus als ich merkte, dass meine Atmung und mein Herzschlag sich wieder beruhigt hatten.

„Bay.", unwillkürlich zuckte ich zusammen beim Klang seines samtweichen Tonfalles. Aus großen Augen blickte ich hinauf zu Damien, welcher mich ansah, als sei ich ein angefahrenes Reh. Ich wollte kein Mitleid von ihm, von niemanden.

Ich räusperte mich, verbannte die Bilder von den Flammen aus meinem Kopf und richtete mich wieder auf: „Alles in bester Ordnung.", antwortete ich auf seine unausgesprochene Frage knapp und monoton, was ihm aber nicht zu genügen schien, da er auf mich zu kam und mich an den Schultern festhielt.

„Sag nicht, alles sei okay, wobei du geweint hast wie ein kleines Baby!", zischte er aufgebracht und rüttelte leicht an meinem zierlichen Körper. Gerne hätte ich protestiert, ihn von mir gestoßen und angefahren, dass er dem meine Sorge lassen sollte, doch fehlte mir die nötige Kraft dazu.

Meine Augen fingen erneut an zu brennen und der Schleier aus Tränenflüssigkeit machte sich wieder bemerkbar: „Kannst du einfach die Klappe halten und mich in den Arm nehmen?", wisperte ich gebrochen von all dem, was in den letzten Monaten vorgefallen war, in die ohrenbetäubende Stille der Nacht hinein.

Wie auf Kommando lag oder besser stand ich in seinen Armen. Seine Muskeln waren allesamt angespannt und mit immer wieder aufkommenden Tränen krallte ich mich in seinem abgetragenen Shirt fest, welches er nur zum Schlafen nutzte.

Das Feuer, die Schreie und das einstürzen der Decke blitzte wieder vor meinen geschlossen Lidern auf und ich biss mir gewaltsam auf die Unterlippe um keinen qualvollen Schrei von mir zugeben.

Der Junge, welcher mich ohne etwas zu sagen einfach beschützte, glitt mit mir zusammen auf die Knie und legte uns anschließend, eng umschlungen, auf den dreckigen Boden des Waldes ab. Seine Hände strichen mir beruhigend über das Haar sowie über den Rücken und nur langsam konnte ich meinen Körper dazu bewegen, sich wieder im Einklang zu verhalten.

„Gott, ist das peinlich.", lachte ich leise und vergrub mein Gesicht in seiner Brust, welche so einladend wirkte, dass ich am liebsten nie wieder von seiner Seite geweicht wäre. Der blauäugige hielt in seiner Bewegung inne und drängte mich noch näher an seinen erhitzten Körper.

„Hör auf so etwas zu sagen. Hör auf zu sagen, dass es peinlich wäre Gefühle zu zeigen.", befahl er mir, brachte mich so aber nur noch mehr zum auflachen. Er wollte von mir, dass ich meine Gefühle nicht versteckte, selbst aber war er nicht besser.

Mit geröteten Augen und verstopfter Nase sah ich zu ihm auf: „Ach, ich soll Gefühle ruhig zeigen, aber die Sahneschnitte höchstpersönlich verbirgt immer alles?", ein süffisantes Grinsen machte sich auf meinen Lippen breit und mit gemischten Empfindungen löste ich mich von ihm.

Zu gerne wäre ich noch langer in seinen Armen liegen geblieben, doch hatte er mir oft genug gezeigt, dass zwischen uns nie mehr sein würde als es bis jetzt war. Wir waren auf eine seltsame Art und Weise Freunde. Freunde, die miteinander kuschelten wenn niemand hinsah und die es mochten in der Nähe des anderen zu sein.

„Was soll das schon wieder bedeuten?", erwiderte er mit zusammengezogenen Augenbrauen und stützte sich auf seinen Ellenbogen um mich besser ansehen zu können. Ich schlang meine Arme um meine Knie und warf ihm einen flüchtigen Blick über die Schulter zu.

„Alle wollt ihr etwas über meine Vergangenheit und meine Gefühle wissen, dabei weiß ich genauso wenig von euch wie ihr von mir. Warum lebst du mit meinem Vater unter einem Dach? Wieso hat mir niemand gesagt, dass Dean beim Militär war oder besser gesagt ist und was zur Hölle ist das zwischen uns?", letzteres rutschte mir einfach so heraus. Es war eine Frage, die mich schon seit geraumer Zeit beschäftigte, doch hatte ich sie nie ausgesprochen und nach dem Ausdruck auf dem Gesicht von Damien würde ich auf diese auch keine Antwort erhalten, auf keine meiner Fragen.

Not the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt