Schulsport war für mich schon in Deutschland eine Strafe, immer wurde man mit anderen verglichen, man sollte sich steigern wo es nichts mehr zu steigern gab und man sollte schneller werden wo es kein schneller mehr gab. Zugegebenermaßen konnte ich sagen, dass ich schulischen Sport hasste.
Jeder Mensch war selbst verantwortlich für seinen Körper und seine sportlichen Aktivitäten. Manche gingen regelmäßig Joggen um ihre Ausdauer zu steigern, andere gingen pumpen um Muskeln aufzubauen und definierter auszusehen, wiederum andere taten gar nichts und waren dennoch durchschnittlich. Ich gehörte zu keiner der Gruppen speziell.
Meister Han hatte mich getrimmt, mir Ausdauer sowie Kraft antrainiert und mich dennoch an manchen Tagen geschont und zur Ruhe kommen lassen, an diesen war es dann meisten so, dass ich zu ihm gekommen bin weil ich trainieren wollte. Das stätige Trainieren hat nicht nur meinem Körper gut getan, sondern auch meinem Geist. Ich konnte mich abreagieren und zu mir selbst kommen.
In mitten von dreißig Jungen und Mädchen fühlte ich mich mehr als nur unwohl, viel lieber hätte ich für mich alleine die Übungen gemacht, doch unsere Lehrerin bestand darauf, uns zusammen die Dehnübungen ausführen zu lassen.
Neben mir stand ein Mädchen welches ebenso wie ich aus der Reihe fiel, bei ihr war es allerdings ihr Auftreten währenddessen es bei mir das Verhalten war. Sie trug einen schwarzen Nasenring, hatte Türkis gefärbte Haare und trug außerhalb des Sportunterrichtes immer zerrissene Klamotten.
Alles in allem zählte sie zu den Leuten an dieser Schule, mit denen man reden konnte ohne verglichen zu werden. Aus genau diesem Grund hatte ich mich neben sie positioniert, bei ihr musste ich nicht besser sein als die anderen, sie achtete nicht auch einen.
„So meine Lieben, sucht euch bitte einen Partner und holt euch anschließend einen Ball!", rief die hagere Dame in mitten ihrer Wechseljahre, was man an ihrem kommenden Damenbart und den Schweißperlen an ihrem Haaransatz erkennen konnte, mit piepsiger Stimme während unter der Schülerschaft die Gespräche in den Vordergrund rückten und sich Gruppen zusammen fanden.
Eine Hand legte sich mir auf die Schulter und ich zuckte unter der plötzlichen Berührung zusammen: „Was zur Hölle!", rief ich japsend nach Luft während das Mädchen welches ich eben noch beschrieben hatte anfing zu lachen. Ihre Schultern bebten und ob ich wollte oder nicht, ich fing ebenfalls an los zu prusten und achtete gar nicht mehr auf die anderen Anwesenden.
„Meine Damen, könnten Sie uns mitteilen, was so amüsant ist?", verlangte unsere Lehrerin zu wissen, doch wir wanken ab und holten uns grinsend einen Ball. Nach der Aktion von gerade war es selbstverständlich, dass wir die kommenden Einheiten zusammen machen würden.
Heaven, so hatte sich die Türkieshaarige vorgestellt, und ich verbrachten so ziemlich den gesamten restlichen Schultag zusammen, Aaron und sein Gefolge konnte ich zu meinem Glück umgehen. Sie war anders als ich erwartet hatte, ruhig und eher dazu geneigt zu schweigen. Möglicherweise war dies auch der Grund, wieso sie mir so sympathisch war und wieso ich mich so gut mit ihr verstand. Sie nervte mich nicht mit irgendwelchen Fragen über mein altes Leben in Deutschland.
Als ich nach der Schule in der Wohnung meines Vaters angekommen war verschwand ich sofort in der Küche wo ich mir einen Haufen an Essen zusammen warf und mit diesem anschließend ins Wohnzimmer trottete, Dean müsste noch unterwegs sein und wo sich die Sahneschnitte aufhielt war mir unklar.
Meine Schicht im Restaurant von Chiara dürfte erst in gut einer Stunde losgehen und so hatte ich noch etwas Zeit zum rumliegen und nichts tun. Aus dem nichts tun wurde allerdings nicht, denn als ich mich gerade gemütlich hingelegt hatte klingelte es an der Tür und ich musste wieder aufstehen.
Der Postbote erklomm die unzähligen Treppenstufen und blieb außer Atem vor mir stehen: „Lieferung für Bay Martin.", keuchte er und wischte sich über die mit einem Schweißfilm überzogene Stirn. Verwirrt runzelte ich die Stirn, ich hatte weder etwas bestellt, noch irgendwelche Freunde die mir hätten etwas schicken können.
Ich unterschrieb eine Bestätigung zur Abgabe des Pakets, entnahm es dem Mann und schlürfte wieder in die Wohnung, woraufhin ich erst einmal einen Absender suchte und auch fand.
Pian Han.
Mein ehemaliger Trainer und der Hausmeister des Internates auf welches ich ging hatte noch immer an mich gedacht und mir sogar etwas zukommen lassen. Nervös was sich in dem Päckchen befinden könnte hastete ich in die Küche um ein Messer zu holen. Der Gute hatte die schreckliche Angewohnheit immer und alles mit Klebeband zu zukleistern, wodurch man meist erst Jahre brauchte um die Hülle des eigentlichen Geschenkes abzumachen.
Nachdem ich das klebrige Zeug abbekommen hatte konnte mich nichts mehr halten, ich riss den Karton auf und die Aufregung in mir übernahm die Führung. Entgegen kamen mir verschiedene Gläser mit Kräutern gefüllt, ein Brief und Fotos von mir und ihm während unseres Trainings. Wann diese gemacht worden waren wusste ich nicht, zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern wie mir eine Kamera vor die Nase gehalten wurde.
Doch so großzügig und zuvorkommend seine Geste auch war, beschäftigte sich mein Kopf mit einer ganz anderen Frage als der, wie es ihm ginge: Woher hatte er meine neue Adresse?
DU LIEST GERADE
Not the truth
Romance»Du hast uns über Monate hinweg angelogen.« »Was hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zu verlieren? Ich hatte keine Familie, mein Selbstwertgefühl war für den Arsch und ich konnte einem Mädchen helfen, dass es nötiger hatte als ich in der Gesellschaf...