„Nach Wochen des Schweigens, gleich mit dir im Bett zu landen, war nicht geplant.", gestand ich noch immer benommen von den Empfindungen der letzten Stunden. Damien strich mit seinen Fingerkuppen über meine noch immer erhitzte Haut und küsste liebevoll meine Stirn.
Mein Unterleib tat weh, doch war es ein erträglicher Schmerz und auch, wenn es schwer war mit mehreren Gipsen Sex zu haben, hatten wir es geschafft. Wie, darüber wollte ich besser gar nicht weiter nachdenken.
Er hatte mich nach unserer beiden Liebesgeständnissen noch einige Zeit in den Armen gehalten, mir Trost gespendet und zugesehen, wie meine Tränen versiegelten, ehe wir uns praktisch gegenseitig überfallen hatten. Schneller als ich es hätte stoppen können, lagen wir schon im Bett und das gerade mal in Unterwäsche.
„Ben meinte, wir seien wie Nord-und Südpol. Wir ziehen uns an, oder in diesem Fall aus.", ein spitzbübisches Lächeln trat auf diese unvorstellbaren schönen Lippen und erwärmte mein Herz von innen heraus. Wenn wir wirklich wie Nord-und Südpol sind, wieso hat es dann so lange gedauert, bis wir uns wieder vertragen haben?
Damien war liebevoll gewesen, zu vorkommend und vorsichtig. In seinen Augen hatte man anfangs stets die Angst gesehen, mir weh zu tuen. Doch auch wenn er mir so viel Zärtlichkeit entgegen brachte, war es schwer zu vergessen, was in den letzten Wochen zwischen uns war. Nämlich gar nichts.
Stille legte sich über uns. Ich hörte den Herzschlag meines Freundes unter meinem Ohr, konnte das heben und senken seines Brustkorbes spüren und wusste, dass nur er mich diese Schmetterlinge im Bauch haben ließ. Er war der einzige, der mich vollkommen glücklich machte und all meine Selbstzweifel in Vergessenheit geraten ließ.
Damien war meine Zukunft und wenn er mich ein weiteres Mal fallen lassen sollte, würde ich wahrscheinlich nicht mehr die Kraft haben, um von alleine wieder aufzustehen. Ob er dies wusste oder nicht, war mir unklar.
„Ich war überfordert gewesen.", es überraschte mich selbst, dass ich ohne jeglichen Zusammenhang begann zu erzählen. Ihn an meiner Version der Ereignisse teilhaben zu lassen, war der größte Schritt, den ich in dieser Beziehung gehen konnte.
„Nachmittags wurde ich zu meiner Direktorin gerufen. Sie wollte mit mir über meine Noten und mein Verhalten reden, was nichts wirklich Neues war, doch hatte sie mir gedroht, Layla zu kontaktieren. Versteh mich nicht falsch, ich habe mir in all den Jahren nichts anderes als Zeit mit meiner Mutter gewünscht, aber seitdem sie angefangen hatte durch die Weltgeschichte zu huren, war sie noch herablassender und abweisender zu mir, als zuvor schon. Wut hatte mich gepackt, ich war mit meiner Sporttasche in die Stadt gefahren sobald Nachtruhe war und hatte mir einen Gegner gesucht, um an diesem meine Aggressionen auszulassen. Doch als ich wieder ins Internat zurückkam, war mein Trakt ganz und gar wie ausgestorben.", meine Stimme versagte und vor mir erschienen die Bilder der leeren Internatsflure. Kälte legte sich über mich, ein Schauer lief mir den Rücken hinab und die feinen Härchen meines Körpers stellten sich auf.
Die Sahneschnitte, welche schweigend über mein Haar gestrichen hatte, zog mich ein wenig näher zu sich und positionierte die wärmende Decke so, dass mein gesamter Brustbereich bedeckt war. Ich hatte in den letzten Monaten immer das Gefühl, nicht schön genug zu sein mit meinen vernarbten Unterarmen und der vielen Narben, die von den unterschiedlichsten Kämpfen kamen, doch Damien hatte mir diese Empfindung mit jeder seiner Berührungen genommen.
Noch immer spürte ich seine Finger wie sie mich erkundeten, wie er mich liebkostete und das Wissen genoss, welch Einfluss er auf mich hatte. Jede einzelne Sekunde der letzten Stunden war unvergesslich gewesen.
„Sophia war zu dem Zeitpunkt bereits drei Jahre meine Zimmermitbewohnerin gewesen. Sie gehörte zu den lieben Mädchen. Denen, die pünktlich schlafen gingen und stets ihre Hausaufgaben hatten. Dass sie nicht in unserem Zimmer war hat mich verunsichert, weshalb ich durch jeden noch so unwichtigen Flur gelaufen bin, bis ich schließlich den Rauch roch und die Flammen sah. Ich war gerade dabei umzudrehen und mich in Sicherheit zu bringen, als ich sie sah.", zitternd holte ich Luft, den Tränen nahe.
„Ein kleines Mädchen. Sie war vom Feuer umgeben und ich konnte sie nicht zurück lassen, weshalb ich gerade heraus hinein gerannt war. Es tat höllisch weh und ich weiß jetzt noch, wie ich die Tränen zurück halten musste.", meine Unterlippe bebte, als ich mich an dem schwarzhaarigen neben mir presste und seinen Oberkörper umklammerte, als sei es das einzige, was mich vorm ertrinken retten würde.
„Als wir raus kamen, stürmten Feuerwehrmänner auf uns zu, entrissen mir die Kleine und verpflegten uns. Alles war wie in einem schlechten Film, ich war wie in Trance. Weil ich das einzige Mädchen war, dass bei der Zählung vor der Nachtruhe nicht da war, wurde die Schuld automatisch auf mich übertragen und als man dann mein Feuerzeug fand, wollte mir schon keiner mehr zuhören.", die Gewissheit, dass niemand mir auch nur eine Chance gegeben hätte mich zu erklären, war erniedrigend.
Ich wollte weiter erzählen, doch fand ich keine Worte mehr und verfiel ins schweigen. Mein Herz hämmerte mir stumpf gegen die Brust. All diese Erinnerungen machten mich kaputt, ließen mich von innen heraus zerbrechen.

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Not the truth
Romansa»Du hast uns über Monate hinweg angelogen.« »Was hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zu verlieren? Ich hatte keine Familie, mein Selbstwertgefühl war für den Arsch und ich konnte einem Mädchen helfen, dass es nötiger hatte als ich in der Gesellschaf...