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Das Haus in welchem mein Onkel mit seiner Familie lebte war bescheiden, klein und dennoch wunderschön, da es nicht überheblich und protzend wirkte. Es war Samstagabend und Dean sowie ich wurden zu einem Abendessen bei Sean eingeladen.

Meine Cousine öffnete uns die Tür, lächelte flüchtig und huschte dann in eines der anliegenden Zimmer, um dort die Tür zu zuschlagen und die Stereoanlage lauter zu stellen. Meine Güte, ihr Musikgeschmack könnte durchaus besser sein.

„Ihr seid ja schon da!", rief meine Tante überrascht aus, als sie mit einer Salatschüssel aus der Küche kam und dabei eleganter aussah, als ich in den vergangenen sechszehn Jahren. Ihr braunes Haar war gelockt, hing ihr lose über den Schultern und betonte so ihre grünen Augen, welche an Smaragde erinnerten. Wie konnte eine einzige Frau so schön aussehen?

„Die auch ein herzliches Hallo!", lachte meine Vater, nahm ihr die Schüssel mit Grünzeug aus der Hand und schenkte ihr einen schnellen Kuss auf die Wange, ehe er in ein offen geschnittenes Esszimmer ging und dort Sean begrüßte, welcher aus dem Garten kam. Dafür, dass das Haus nicht sonderlich groß schien, hatte man hier deutlich viel Platz.

Amanda lächelte mich an, nickte mir wohlwollend zu und machte eine ausschweifende Handbewegung, sodass ich verstand, dass ich ihr folgen sollte. An den Wänden hingen viele Fotos, zeigten die Familie sowie Menschen, die ich nicht kannte, dennoch sehr sympathisch aussahen. Einer von ihnen hatte wilde Locken, die in alle Richtungen abstanden.

„Damon dürfte jeden Moment kommen.", verkündete mein Onkel, kam auf mich zu, legte mir seinen Arm um die Schultern und drückte mich seitlich kurz an sich, „Wie geht es dir, kleine Bay?"

„Ich bin nicht klein!", murrte ich kleinlaut, blickte zu Boden und schob um einige Millimeter meine Unterlippe hervor. Möglicherweise war ich tatsächlich nicht sonderlich großgewachsen, doch das war noch lange kein Grund, ständig auf mir rum zu haken.

Erneut läutete es an der Tür und beide Männer stürmten zur Tür, um diese aufzureißen und laut auf zu grölen. Zwei Jungs, jünger als ich und Zwillinge, drängten sich an dem Haufen an Testosteron vorbei, genauso wie eine Blondine, die selbst noch kleiner war als ich.

„Leon, Lucas und Beth, das ist Bay.", erklärte Amy einladend, wuschelte den Knirpsen durchs wirre Haar und umarmte den Zwerg an Mutter. Ein unerklärliches Strahlen breitete sich auf den Zügen der Blondine aus und mit Überschwung schloss sie auch mich in die Arme.

„Ich hab schon so viel von dir gehört!", grinste sie breit, löste sich von mir und gewährte mir so blick auf ihren körperlich eingeschränkten Mann. Es fühlte sich an, als würde für einen kurzen Moment die Zeit still stehen, dann realisierte ich, dass der Bruder von Amanda tatsächlich behindert war.

Ich hatte augenblicklich Respekt vor diesem Mann, welcher eine gesunde Hautfarbe an sich trug, große braune Augen hatte und offen für alles und jeden schien. Nicht viele hatten solch eine Einstellung gegenüber des Lebens, wenn sie nicht mehr laufen konnten oder andere Fähigkeiten verloren hatten.

Die Erwachsenen begannen untereinander über den neusten Stand der Dinge zu erzählen während wir jüngeren zu Olivia geschickt worden sind und mit dieser anfingen bescheuerte Brettspiele zu spielen. Vielleicht klang es kindisch, doch ich regte mich tierisch auf, als ich bei Mensch-Ärger-Dich-Nicht verlor.

Als wir zum Essen wieder dazu geholt worden waren, fühlte ich mich auf Anhieb wohl in der kleinen Runde. Sean, welcher von seiner Frau liebevoll immer Kürbiskopf genannt wurde, erzählte Anekdoten aus der Zeit, wo er Amanda kennen lernte sowie aus der chaotischen WG, in welcher er mit Damon vor der Beziehung zu seiner heutigen Frau gelebt hatte.

Diese war übrigens eine hochangesehene Ballettlehrerin, da sie selbst nicht mehr tanzen konnte, wegen einem Sturz der verheerende Folgen hatte. Doch sie schien keinesfalls enttäuscht darüber zu sein, sondern ziemlich zufrieden.

Außerdem erfuhr ich, wieso Damon querschnittsgelähmt war, wie er Beth bei einem Klassentreffen nach gut zehn Jahren wieder traf, sich in sie verliebte und kaum zwei Jahre später die Nachricht bekam, sie sei schwanger und dies mit Zwillingen. Es war kitschig diese ganzen Liebesgeschichten zu hören, doch die Anwesenden versicherten mir, dass auch sie stritten und dies nicht selten.

Meine Gedanken schweifte zu Damien, wie er mich ansah, mich anlächelte und in mir dieses unfassbare Kribbeln auslöste. Es war offensichtlich und ganz klar, dass ich Hals über Kopf in ihn verliebt war und möglicherweise, sollte ich ihm dies bald sagen. Scheiß auf; Der Typ muss den ersten Schritt machen.


Not the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt