Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Dean an, welcher mir gegenüber saß und ebenfalls nicht sonderlich erfreut schien über sein gesagtes. Möglicherweise hatte ich in den vergangenen vier Wochen nicht sonderlich viel mit ihm gemacht, auch nicht gesprochen wie es wahrscheinlich nach sechszehn Jahren angebracht gewesen wäre, doch nun zu erfahren, dass er vorerst gehen müsse und mich hier auf gut deutsch alleine lassen würde, zog dennoch rein.
„Wieso? Ich dachte du hättest einen langweiligen Bürojob!", meine Stimme überschlug sich und ob ich es zugeben wollte oder nicht, ich hatte wahnsinnige Panik davor, jetzt wo ich einen Vater hatte, ihn wieder zu verlieren. Bei einem Einsatz im Ausland konnte so vieles schief gehen.
„Bay, beruhig dich. Mein Vorgesetzter hat mich und meine Truppe ein weiteres Mal zusammen getrommelt, weil wir zu den besten und erfahrensten gehören. Durch unser Wissen ist die Wahrscheinlichkeit, dass uns etwas passiert, extrem gering.", versuchte mich der grünäugige zu beruhigen, bezweckte aber das Gegenteil und neben der Panik entflammte in mir auch noch die Wut.
„Die Wahrscheinlichkeit ist gering? Verdammt, das hat nichts zu bedeuten! Es kann immer und überall etwas passieren! Was wenn dir etwas zustößt, wo soll ich dann hin? Ich habe nur noch dich.", gerne hätte ich gesagt, dass ich mich nicht aufführte wie ein kleines Kind, doch genau dies tat ich.
Mich kotzte die ganze Situation an. In dem einen Moment brachte mein Erzeuger noch etwas vom Chinesen mit und im anderen offenbarte er mir, dass er ins Ausland müsste um dort für Gerechtigkeit und Ordnung zu sorgen.
„Bay.", mein Name aus seinem Mund klang komisch, so vertraut und liebevoll, alles andere als ich ihn sonst zu hören bekam. Ich wollte nicht in Tränen ausbrechen, ich weinte normalerweise nicht, doch in der Sekunde als er mich in seine Arme zog, gelangte selbst ich an meine seelischen Grenzen.
Vier Wochen waren nur eine kleine Zeitspanne wenn man sie mit sechzehn Jahren verglich, doch hatte ich in den vergangenen Tagen eine stärkere Bindung zu meinem Vater aufgebaut, als ich zu meiner Mutter je hatte. Er war für mich ein kleiner Teil meines Alltags geworden, wenn er mir jetzt genommen werden würde, so stände ich wieder alleine da. Ohne Halt in dieser grauenvollen Welt.
Während seine eine Hand meinen Kopf an seine Brust drückte strich die andere in langsamen Bewegungen über meinen Rücken. In mir verkrampfte sich alles. Es war die erste Umarmung, welche ich und mein Vater teilten, doch fühlte sie sich so an, als würden wir uns von einander verabschieden satt und willkommen zu heißen.
Ein wimmern drang aus meiner Kehle: „Ich will nicht wieder alleine sein.", wisperte ich gegen den dunkelgrünen Stoff welcher sich um die trainierte Brust seinerseits schmiegte. Die Bewegungen an meinem Rücken hörten auf, der Griff meines Vaters wurde stärker und die Umarmung war so mitreißend und voller Gefühl, dass mir doch eine einzelne Träne entkam und den Weg über meine Wange fand. Wie konnte man so schnell eine Bindung zu einer Person entwickeln?
„Wirst du auch nicht. Es sind drei Wochen, die Jungs werden auf dich aufpassen und wenn ich wieder komme, werden wir auf den Geburtstag deiner Tante gehen und du wirst endlich den Rest deiner Familie kennen lernen. Glaub mir, Kleines, unsere kleine Geschichte hat gerade erst begonnen, möglicherweise erst spät, aber sie hat begonnen und ich werde sie nicht so schnell wieder enden lassen.", wenn dies Vaterliebe war, so wollte ich sie nie wieder missen.
Ich wusste, dass dies einer dieser Augenblicke war, welcher einem immer in Erinnerungen bleiben würde. Für mich war diese simple Umarmung ein Versprechen für alles, was noch kommen würde. Seien es meine Lügen welche irgendwann ans Licht kommen sollten oder Meinungsverschiedenheiten die aufkommen sollten. Dean Rosewood war seit sechszehn Jahren mein Erzeuger, doch erst vor vier Wochen schien er in meinen Augen mein Vater geworden zu sein.
„Ich hab dich lieb, Bay.", flüsterte er mir leise ins Ohr was meinerseits eine Gänsehaut auslöste. Die Kontrolle über meinen Körper verließ mich komplett, meine Arme schlangen sich um seinen Nacken und ich machte keine Anstalten meine Tränen noch länger zu verbergen.
„Ich dich auch, Dad.", erwiderte ich mit erstickter Stimme während ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub und seinen Duft in mich aufzog. In mir herrschte ein Wirbelsturm an Gefühlen. Ich hatte Angst meinen Vater nach so kurzer Zeit wieder zu verlieren, doch auch kämpfte ich mit Schuldgefühlen.
Ich log sobald ich den Mund aufmachte, verschwieg wichtige Dinge über meine Vergangenheit und stieß alle von mir, die auch nur versuchten etwas aus mir heraus zu bekommen. Im wahrsten Sinne des Wortes hatte ich mir ein Netz aus Lügen gesponnen.
Die Hitze setzt mir zu, deswegen ein wenig sentimentaler heute. Würde mich über Feedback freuen, da ich in letzter Zeit irgendwie kaum noch Kommentare von euch bekomme und somit ziemlich verunsichert bin, ob die Geschichte überhaupt noch gut ankommt.
Kapitel ist noch nicht auf Rechtschreibung kontrolliert, wenn ihr also Fehler findet schreibt es mir ruhig in die Inline-Kommentare.
Adieu und bis bald, Anna-Lena.
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Not the truth
Roman d'amour»Du hast uns über Monate hinweg angelogen.« »Was hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zu verlieren? Ich hatte keine Familie, mein Selbstwertgefühl war für den Arsch und ich konnte einem Mädchen helfen, dass es nötiger hatte als ich in der Gesellschaf...