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Es regnete in Strömen, die Tropfen prasselten gegen die klare Fensterscheibe und der Wind pfiff stark, was man selbst durch das Glas hören konnte. Ich saß mit einer heißen Schokolade in den Händen eingemummelt in einer flauschigen Decke auf dem Sofa meines Vaters und sah mehr oder weniger fern.

Mir war warm, da Dean die Heizung vorhin aufgedreht hatte, doch war ich viel zu faul, um freiwillig aufzustehen, und diese auszuschalten. Dementsprechend bildete sich nach einiger Zeit ein dünner Schweißfilm auf meiner Stirn, welcher unangenehm begann zu riechen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, die ich einfach dort auf der Couch verbrachte, während mein irgendwie immer noch aber irgendwie auch nicht Freund in seinem Zimmer hockte und was weiß ich tat, beschloss ich, dass eine Dusche mir gut tun würde.

Ich humpelte mit meinem eingegipsten Bein und auf Krücken hinüber zur Küche, kramte in der Schublade neben dem Herd und verlor bei meinem Pech das Gleichgewicht, sodass ich stark ins Schwanken kam und beinah umfiel. Doch Arme griffen nach mir, schlangen sich um meine Mitte und pressten mich an eine stramme Brust.

Damiens vertrauter Geruch stieg mir in die Nase, meine Augenlider schlossen sich wie selbstverständlich und meine Muskulatur gab nach, entspannte sich. Mein Herz schlug Purzelbäume, als er mich nach einigen Minuten noch immer nicht los ließ, sondern festhielt.

„Du stinkst bestialisch.", hauchte er mir in den Nacken, sodass sich die dünnen Härchen auf meiner Haut aufstellten und ein wolliger Schauer über mein Rücken ran. Als ob ich das nicht wüsste.

„Ich wollte gerade duschen.", entgegnete ich trotzig und reckte das Kinn empor. Machte allerdings keine Anstalten, mich aus seinem Griff zu lösen. Zu schön war das Kribbeln in meinem Bauch, was durch seine Berührung ausgelöst wurde.

Die Sahneschnitte hinter mir begann zu lachen, nicht hemmungslos, sondern viel mehr leise und für sich: „Dann solltest du nicht so halsbrecherisch sein. Ich will nicht erneut zu dir ins Krankenhaus kommen.", sagte er und schien zu vergessen, dass er ansonsten gar nicht mehr mit mir geredet hatte.

„Arschloch!", fluchte ich laut auf, löste mich aus seiner Umklammerung und rückte mit meinen Krücken von ihm ab, in Richtung Badezimmer. Tränen sammelten sich in meinen Augen an, das Kribbeln in meinem Bauch verschwand und wurde ersetzt durch ein unangenehmes Ziehen.

Fünf Wochen. Fünf verdammte Wochen war ich wieder zuhause und der werte Herr hatte nichts Besseres zu tun, als mich weitläufig auszublenden. Er hatte mich immer nur dann beachtet, wenn die anderen ebenfalls anwesend gewesen waren.

Kurz dachte ich, er würde es dabei belassen und mich gehen lassen, doch da spürte ich schon seine Hand, wie sie sich um meinen Ellenbogen schloss und wieder zurückzog. Ich versuchte mich zu wehren, schlug so gut wie es mir nur möglich war um mich, doch versagte kläglich. Genauso, wie bei den Votexkämpfen vor wenigen Wochen.

„Schhh...", Damien schaffte es mich in seine Arme zu nehmen, schloss diese um mich und verweigerte mir so jegliche Flucht. Salzige Tränenflüssigkeit lief mir die Wangen hinunter, nahm mir die Sicht und ließ mich wie durch einen Schleier hindurch die Umgebung betrachten. Bis ich die Augen schloss und einfach weinte, vergas, was dieses Arschloch mit mir gemacht hatte, wie er mich behandelt hatte.

„Ich hasse dich.", schniefte ich mit erstickter Stimme, „Ich hasse, hasse, hasse dich! Du verhältst dich wie das größte Arschloch, lässt mich linksliegen und trotzdem schlägt mein Herz schneller, wenn ich dich sehe. Verdammt, weißt du, wie es ist, wenn man ignoriert wird von der Person, die man liebt? Weißt du, wie es ist, sich alleine zu fühlen, obwohl man von Menschen umgeben ist, die einen lieben? Zur Hölle, ich liebe dich und du hast nichts Besseres zu tun, als mit meinem Herzen zu spielen!"

Stille herrschte. Der Kotzbrocken in dessen Armen ich mich befand sagte kein Wort, presste mich nur noch fester an sich und vergrub sein Gesicht in meinem Haar.

Ich spürte seinen Herzschlag, welcher schneller war als üblich. Spürte, wie seine Atmung schneller wurde, seine Muskeln sich verkrampften. Dann hörten all diese Reaktionen auf meine Worte auf.

Damiens Körperhaltung sackte in sich zusammen, sein Griff wurde lockerer, seine Atmung flach aber regelmäßig und sein Herzschlag noch immer schnell, aber um einiges ruhiger als zuvor.

„Ich liebe dich auch, Bay.", es war nicht einmal ansatzweise das gewesen, was ich als Antwort erwartet hätte. Doch um einiges besser als die verschiedenen Szenarien in meinem Kopf, in denen wir uns anschrien und schlussendlich komplett trennten.


Not the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt