Gedankenverloren betrachtete ich die Zahlen vor mir, Mathe und ganz besonders Textaufgaben lagen mir einfach überhaupt nicht. Da mein herzallerliebster Lehrer aber der Meinung war mit uns einen Test zu schreiben saß ich nun hier und versuchte die wenigen Sätze zu entziffern sowie zu lösen.
Gegen Ende der Stunde sprang ich praktisch von meinem Platz auf und legte missmutig den Zettel mit den Lösungen auf dem Pult vor der Klasse ab. Diese Arbeit würde definitiv eine sechs werden.
„Wie lief es?", erkundigte sich Ben bei mir welcher im gleichen Kurs war wie ich und somit ebenfalls den Test mit geschrieben hatte. Seufzend pustete ich mir eine Strähne meines braunen Haares aus dem Gesicht, gleichgültig zuckte ich mit den Schultern.
Selbst wenn ich diesen Test verhaut haben sollte dürfe es nicht sonderlich viel an meiner Note ändern. Da die Schule meine Zeugnisse aus Deutschland übernommen hatte stand es recht gut um mich und mein Durchschnitt dürfte höchstens um zwei Noten fallen.
„Weißt du, wir könnten so etwas wie Freunde werden, du müsstest es nur zulassen.", in meiner Bewegung innehaltend drehte ich mich zu dem Sohn des besten Freundes meines Vaters. Seine blau-grünen Augen blitzten verletzlich sowie hoffnungsvoll auf und unmerklich zog ich meine Augenbrauen zusammen. Wollte ich denn seine Freundschaft?
„Was wenn ich sie nicht will?", fragte ich gerade heraus und sorgte somit dafür, dass sich der Gesichtsausdruck von Ben verhärtete und unleserlich wurde. Es tat mir in der Seele weh in so zu sehen, doch konnte ich mir weitere Menschen die meine Geheimnisse lüften wollten einfach nicht leisten.
„Es war nur ein Angebot, aus Höflichkeit.", spukte er mir verächtlich entgegen und verschwand um die nächste Ecke. Mit hängenden Mundwinkeln ging ich durch die Flure der Schule, Aaron und sein Gefolge hatte zu meinem Glück erst später Schulbeginn wodurch ich zumindest noch etwas Zeit für mich hatte.
Wäre ich noch in Deutschland auf dem Internat würde ich nun zu Mister Han gehen. Er hätte mir einen Tee aufgesetzt, mich dazu gebracht etwas für die Schule zu tun und anschließend mit mir trainiert. Wahrscheinlich dachte er seit meiner Abreise gar nicht mehr an mich.
Ich betrat den noch recht leeren Kursraum für Chemie und suchte mir einen Platz im hintersten Teil der Klasse, zu meinem Leid kam im selben Moment wo ich mich nieder ließ Holly in die Klasse und erblickte mich. Ihr strahlendes Lächeln wurde noch breiter als so schon und die Sonnenscheinbarbie kam geradewegs auf mich zu um sich neben mich zu setzten.
„Hey Bay, wie geht es dir?", beim Klang ihrer viel zu hohen Stimme verzog ich das Gesicht. Dieses Mädchen merkte nicht einmal auf eine Entfernung von fünfzehn Zentimetern, dass ich sie nicht ausstehen konnte, dabei war mein abgeneigtes Verhalten gegenüber anderen Menschen offensichtlich.
„Bis gerade gut.", übermüdet rieb ich mir über die Augen. Wieder hatte ich die Nacht kaum geschlafen, doch war ich es ja schon gewohnt wodurch ich gar nicht erst auf die Idee kam mich zu beschweren. Schulgefühle sowie ein schlechtes Gewissen waren schon ziemlich für den Arsch.
„Du bist immer so abweisend!", nörgelte die Blondine neben mir während die Lehrerin den Klassenraum betrat und uns darum bat aufzustehen um sie zu begrüßen. Nachdem wir dies getan hatten durften wir uns wieder setzten.
„Und wenn schon.", entgegnete ich gleichgültig und bekam augenblicklich einen Ellenbogen in die Seite gerammt. Keuchend schnappte ich nach Luft da ich mit dieser Tat von Holly überhaupt nicht gerechnet hatte und zugegebenermaßen hatte sie wirklich Kraft in ihren dünnen Ärmchen.
„Wie auch immer, ich wollte dich eigentlich nur herzlich zu meiner Geburtstagsparty am Wochenende einladen. Es wäre die perfekte Möglichkeit für dich Leute kennenzulernen.", fuhr das viel zu gut gelaunte Mädchen weiter und achtete gar nicht darauf, dass ich fast neben ihr abkratzte.
„Miss Kingston, haben sie uns etwas mitzuteilen oder wieso tuscheln sie dort hinten so?", mischte sich nun auch unsere Lehrerin in die Konversation ein was mich genervt aufstöhnen ließ. Alle Augen des Kurses waren auf uns gerichtet und erst auf meine erbost aufblitzenden Blicke hin wendeten sie sich wieder nach vorne.
„Ich werde es mir überlegen, okay?", zischte ich sobald die Dame mittleren Alters ihren Unterricht fortfuhr leise zu Holly welche darauf hin nickte.
„Okay.", bestätigte sie meine Aussage. Die weiteren Stunden die ich in meiner ganz persönlichen Hölle verbringen durfte liefen mehr oder weniger akzeptabel ab. Aaron, Reece, Chase und Blake nervten mich in den Pausen, Ben bekam ich nicht mehr zu Gesicht und auch die Anwesenheit von Holly blieb mir erspart. Nicht zu vergessen, dass ich zwei Stunden früher Schluss hatte wegen Entfall.

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Not the truth
Romance»Du hast uns über Monate hinweg angelogen.« »Was hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zu verlieren? Ich hatte keine Familie, mein Selbstwertgefühl war für den Arsch und ich konnte einem Mädchen helfen, dass es nötiger hatte als ich in der Gesellschaf...