Mein Kopf auf der Schulter des Idioten neben mir gebettet, seinen Arm um mich geschlungen, versuchte ich mich auf den schwarz-weiß Film zu konzentrieren, doch stellte sich dies schwerer als erwartet raus.
Die Tatsache, dass ich seine Nähe genießen und seinen herben Duft einatmen durfte, vernebelte mir die Sinne und erst, als mein Rachen komplett ausgetrocknet war und ich kaum noch richtig schlucken konnte, merkte ich, wie in Trance gewesen zu sein.
Damien schien das nicht aufgefallen zu sein, da er weiterhin auf die Leinwand vor uns sah und nur ab und an meine Gestalt ein wenig mehr zu sich zog. Ein angenehmes Kribbeln fuhr durch meinen Körper als ich mich aus meiner krummen Haltung aufrichtete, mir einige Strähnen meines braunen Haares aus dem Gesicht pustete und zu dem schwarzhaarigen sah, welcher mir nun auch seine Aufmerksamkeit schenkte. Verdammt, dieses Lächeln.
Meine Zähne gruben sich in meine Unterlippe, als ich versuchte nicht zu breit zu grinsen und schnell spürte ich auch, wie mein Gesicht warm und meine Wangen rot wurden. Zur Hölle mit der Verlegenheit in seiner Umgebung.
Gott sei Dank konnte er in der Dunkelheit, die lediglich ein wenig durch das Flimmern der Leinwand erhellt war, nicht sehen, wie ich in diesem Moment wohl aussah.
Damien fuhr sich mir der freien Hand durchs Haar, setzte ein verschmitztes Grinsen auf und hob fragend die Brauen: „Alles okay?", erkundigte er sich, wobei selbst bei dem spärlichen Licht seine Augen drohten mich zu durchbohren. Ob er sie wohl von seinem Vater oder von seiner Mutter hatte?
Ich räusperte mich, strich mir das gewellte Haar hinters Ohr und rieb meine Hände aneinander: „Hast du etwas zu trinken mitgenommen?", fragte ich fast schon flüstern, obwohl alle anderen Besucher dieses Autokinos in ihren Wagen saßen, statt auf der Ladefläche eines zerbeulten Jeeps.
„Auf der Rückbank.", entgegnete Damien, warf einen Blick zur Leinwand auf der gerade zwei Männer begannen zu Diskutieren und lockerte seinen Griff, welcher mich fest an seinen muskulösen Körper gepresst hatte. Rasch, bevor er mich wieder an sich ziehen konnte, löste ich mich von ihm.
Ich drehte mich in Richtung Heckscheibe, die man wie bei einem Fenster öffnen konnte, und beugte mich durch die relativ große Öffnung hindurch ins Innere, wo es um einiges wärmer war als draußen. Das erste was ich griff, war mein Handy, welches ich vorhin achtlos auf die Rückbank geworfen hatte und versucht schnell, um nicht zu viel vom Film und Damien zu verpassen, schaltete ich die integrierte Taschenlampe ein.
Im Wagen der Sahneschnitte herrschte ein regelrechtes Chaos und ich war auf einmal froh, dass wir zu Fuß hergekommen waren. Auf dem Teppichboden lagen unzählige leere Flaschen, auf der Rückbank Hüllen von CDs sowie Kleidung und noch einige gefüllte Plastikflaschen.
Hinter mir raschelte Damien und fluchte leise vor sich her: „Fuck, Bay, komm da raus.", sagte er in solch einem unbekannten Tonfall, dass ich kurz inne hielt. Seine Stimme klang nicht unbedingt ängstlich, doch auf jeden Fall gestresst, verzweifelt und irgendwie gepresst.
„Nicht nötig.", widersprach ich mit meinem üblichen Trotz, wenn mir jemand etwas verbieten wollte, griff nach einer der Flaschen und hob sie an. „Hab schon etwas- Was zur Hölle?"
Das Plastik glitt aus meinen Fingern, diese tasteten nach dem in Tütchen gefüllten weißen Stoff und mit einem zischenden Geräusch packte ich das Zeug. Das konnte nicht sein ernst sein. Das durfte nicht sein ernst sein. Wieso verdammt nochmal besaß er Kokain?
„Damien?", meine Zunge fühlte sich belegt an, als ich mich zurück auf meinen anfänglichen Platz gleiten ließ und in die eisblauen Augen sah, die mich nun unverwandt anblickten. „Bitte sag mir, dass das Waschpulver ist und du es dabei hast, für den Fall, dass du spontan Wäsche waschen musst."
„Bay, ich kann-", setzte er an, doch verhemmt hob ich die Hand, damit er verstummte. Wut sowie Enttäuschung keimte in mir auf und wenn wir in einem Comic gewesen wären, wäre dies der Moment gewesen, wo meine Augen in Flammen aufgehen würden und ich ihn vor Wut brodelnd anfunkelte.
„Was, du kannst es mir erklären?", zischte ich erbost, mit bebender Stimme, während ich das Zeug in meinen Händen auf seinen Schoss warf, „Verdammte Scheiße, das sind Drogen, Damien! Alles, dass du ein Weiberheld bist, alles nagelst was dir über den Weg läuft, und gerne den Bad Boy spielst hätte ich dir zugetraut, aber nicht, dass du solch einen Schrott besitzt, der Leben nicht nur zerstören sondern auch beenden kann! Weiß Dean davon?"
Meine Stimme war mit jedem weiteren Wort lauter geworden und ich war mehr als nur erleichtert, dass die anderen Anwesenden in ihren Autos saßen und von diesem Szenario nichts mitbekamen. Wieso hatte ich vorhin überhaupt geflüstert, dass passte doch gar nicht zu mir?
Damien stieß einen schwall Luft aus seinen schwungvollen Lippen, schloss für eine Millisekunde die Augen und atmete erneut tief ein, ehe er ansetzte zu antworten: „Bay, bitte, ich kann wirklich-"
Ich wollte seine Ausreden nicht hören, wollte seine Lügen nicht hören, wobei ich selbst nicht die ehrlichste Person war, weshalb ich den Kopf verärgert schüttelte und ihn erneut unterbrach: „Nicht; Bay, bitte, ich kann wirklich alles erklären! Da gibt es nichts zu erklären, Damien!", kreischte ich beinah hysterisch und konnte nur schwer die aufkommenden Tränen zurückhalten.
Gerade als ich von der Ladefläche des Jeeps springen wollte, wurde ich am Unterarm gepackt und umher gewirbelt, sodass ich gegen die Brust von Damien mit meiner Stirn stieß, da er ebenfalls aufgestanden war. Meine Unterlippe bebte.
Kurz bevor ich auch nur hätte ansatzweise protestieren können, er solle mich gefälligst los lassen und nie wieder auch nur ein Wort mit mir wechseln, presste er seine Lippen auf meine und ließ mich jeglichen Vorsatz ihn anzuschreien vergessen.
Er küsste mich.
Damien River alias die Sahneschnitte küsste mich, als würde sein Leben davon abhängen, und ich genoss es, mit jeder Faser meines Körpers.
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Not the truth
Romansa»Du hast uns über Monate hinweg angelogen.« »Was hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zu verlieren? Ich hatte keine Familie, mein Selbstwertgefühl war für den Arsch und ich konnte einem Mädchen helfen, dass es nötiger hatte als ich in der Gesellschaf...