Es tut mir so leid

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Ich habe mir nie groß Gedanken darüber gemacht, wie ich sterben würde. Ich habe mich immer an den Gedanken gekrallt, dass ich alt und verschrumpelt bin, wenn es mal soweit ist und ich mitgekriegt habe, wie meine Enkelkinder erwachsen geworden sind. Ich dachte schon immer, dass das ein guter Augenblick sein wird. Ein Augenblick, in dem ich zurück auf mein Leben gucken werde und absolut nichts bereuen werde. Einfach friedlich gehen, mit dem Gedanken im Kopf, dass meine Zeit gekommen ist.
Doch jetzt, wo der Augenblick meines Todes unmittelbar bevor steht, ist mir klar, dass man sich nicht aussuchen kann, wann man stirbt. Du könntest schon morgen von einem Auto überfahren werden. Oder in einem sitzen, während ein Unfall passiert...
Sterben ist nicht friedlich. Der Moment, der das Bevorstehende auslöst, ist der wohl schlimmste am ganzen.
Der Schmerz, den ich gespürt habe, als mein Kopf gegen die Scheibe geknallt ist. Dann der Airbag der unsanft gegen meinen Körper geprallt ist. Die Geräusche der quietschenden Räder. Die Schreie, die in der Luft hängen. Und am schlimmsten, die absolute Stille die danach folgt. Eingesperrt in den eigenen Gedanken. Man sagt, dass das ganze Leben an einem vorbei zieht, wenn es soweit ist, doch das ist eine Lüge. Es zieht nicht das ganze Leben an einem vorbei, es kommen nur ein paar Augenblicke vor. Augenblicke, an die man sich nicht mehr erinnert. Augenblicke, an die man sich nicht erinnern will. Augenblicke, an die man sich für immer erinnern will.
Die erste Szene, die sich vor meinen Augen abgespielt hat, war eine durch und durch friedliche Szene. Ich habe gesehen, wie meine Eltern mich im Arm gehalten haben. Wie sie mich feste gedrückt haben, nachdem ich meine erste Bahn geschwommen bin. Sie waren so stolz auf mich, dass wir anschließend ein Eis essen gegangen sind. Sie haben sich glücklich angeguckt und geküsst, wie es sich für eine richtige Familie gehört.
Die nächste Szene, war nicht ganz so schön. Ich wurde zurück in die Nacht mit Skylar versetzt. Habe erneut miterlebt, wie schrecklich alles war und wie dreckig ich mich gefühlt habe. Habe erneut bemerkt, wie der gut aussehende Fremde mich angeguckt hat und mir geholfen hat, wieder zu mir zurück zu finden. Das alles kam zurück in meinen Kopf und hat sich schmerzhaft in mir fest gekrallt.
Die letzte Erinnerung war der Abend an dem Carter mir gesagt hat, dass er mich liebt. Ich habe erneut die Wärme in mir gespürt. Erneut die aufkommende Freude bemerkt und das immer größer werdende Prickeln was in mir herrschte.
Ich habe mich bis zur letzten Sekunde an dem Gefühl festgehalten, in der Hoffnung, es für immer behalten zu dürfen, doch irgendwann war es weg und das einzige, was ich gespürt habe, war sie Leere die meinen Körper durchflutet.
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,,Wann wacht sie auf?"

,,Das steht nicht fest, das ist bei jedem Patienten unterschiedlich. Ich gebe Ihnen jetzt einen ärztlichen Rat, Mr.Crossly. Gehen Sie auf ihr Zimmer und ruhen Sie sich aus, es kann ewig dauern, bis ihre Freundin...."

,,....Verlobte."

,,...Bis Ihre Verlobte erwacht. Sie haben selbst einige Schwere Verletzungen und eine Menge zu verdauen." 

,,Ich gehe nirgendwo hin, bis Hanna nicht wach ist." Antwortet er stur und ich höre den Arzt seufzen.

,,Wenn sie das für richtig halten. Ich schicke eine Schwester um Ihre Verbände zu wechseln, Pipen Sie mich an, wenn Mrs.Marins aufwacht." Ich höre ein Rascheln und das Geräusch der auf- und zugehenden Tür und dann ist es für einen Moment komplett still. Schließlich höre ich Schritte durchs Zimmer kommen und ein Stuhl wird verschoben, dann legt sich etwas warmes auf meine Hand. Carter seufzt schwer, während er mit dem Daumen über meine Hand streichelt und sie feste drückt.

,,Es tut mir so unendlich Leid. Ich weiß, dass alles was passiert ist meine Schuld ist. Ich hab es nicht so gemeint. Nichts davon. Du weißt, ich liebe dich und manchmal kann ich meine Gefühle eben nicht im Griff halten. Aber ich wollte dich nie verletzten, weder körperlich, noch mental. Es ist einfach alles nicht leicht für mich gewesen, für keinen von uns. Und es wird auch nicht leichter. Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst. Aber ich muss mir das einfach alles von der Seele reden. Du wirst mich hassen, wenn du aufwachst. Und dazu hast du alles Recht der Welt, ich habe es verdient." Murmelt er. Ich will ihm sagen, dass ich ihn liebe. Ich will ihn fragen, was er meint, warum ich ihn hassen werde. Ich will ihn fragen, wie es ihm geht. Doch ich kann nicht reden, dass einzige, was ich kann, ist zuhören.

The Bad Boys Girl| wird bearbeitetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt