Damit beende ich meine Erzählungen und schaue wieder in das Lagerfeuer. Eigentlich würde es auch ohne die prasselnden Flammen warm genug sein, aber für mich gehört es einfach mit zum Urlaub. Es herrscht eine Stille, die nicht unangenehm oder peinlich ist, sondern einvernehmlich und jeder in dieser Runde hängt seinen eigenen Gedanken nach. Clarie rechts neben mir, liegt in den Armen ihres Mannes, der immer wieder sanft über ihre Dreads fährt. Leo ist inzwischen ebenso ein fester Bestandteil unserer Chaoten-WG, wie Helen es seit nun mehr drei Jahren ist. Es war eigentlich so geplant, dass die Beiden nach ihrer Hochzeit 2017 in ein eigenes kleines Haus ziehen sollten, doch meine Freundin konnte sich nicht von uns trennen und so zog Leo mit zu uns. Doch er ist nicht der einzige Zuwachs, den unser Heim bekommen hat. Kira hat zusammen mit Mary, zwar eine eigene Wohnung, doch verbringen sie dort nur knapp ein Drittel ihrer Zeit und sind ansonsten ebenfalls in der Tanzschule, oder eben bei uns. Mit Niall und mir war es ähnlich. Zwar hat auch mein Freund ein eigenes Haus, doch da sind wir wirklich nur dann, wenn wir unsere Ruhe brauchen. Unsere WG ist voller denn je, aber trotzdem ist unser Familienkreis noch viel, viel größer. So zählen auch die Jugendlichen, mit denen wir jetzt gerade am Lagerfeuer sitzen, mit dazu. Jeder von ihnen hat eine eigene Geschichte und keine ist wirklich schön. Normale Menschen würden sagen, sie seinen typische Problem-jugendliche und es dabei belassen, aber wir haben uns ihrer angenommen. Auch wenn es am Anfang alles andere als leicht gewesen ist, bereue ich es kein Stück so hartnäckig gewesen zu sein. Ebenso richtig ist es gewesen, genau diese Gruppe ‚Problem-jugendlicher' mit nach Ghana zu nehmen. Hier unterstützt unsere Tanzschule seit zweieinhalb Jahren ein SOS-Kinderdorf und jedes Jahr besuchen wir sie und helfen beim Aufbau neuer Einrichtungen. Genau da sind wir jetzt auch und die heiße Abendsonne verschwindet gerade mit ihren letzten Strahlen hinter einem trockenen Hügel. Das Lagerfeuer spendet genug Licht, dass ich in jedes Gesicht hier sehen kann. Neben unseren neuen Schützlingen aus England, sind auch viele der Einheimischen gekommen um meiner Geschichte zu lauschen. Mrs. Cox, die Leiterin des Dorfes, hatte währenddessen übersetzt, sodass es auch alle verstehen konnten. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen, ist nicht nur das Aussehen, sondern auch die Erlebnisse, die die verschiedenen Leben gezeichnet hatten. Doch egal was diesen Kindern auch passiert war, es war in jeglicher Hinsicht schrecklich. Ob es nun Häusliche Gewalt oder Straßenkämpfe mit Waffen waren.
Mein Blick schweift über die verschiedenen Gesichter und bleibt bei Sophie hängen. Die Blonde starrt mit leerem Blick in die Flammen und ich sehe wie sie mit den Tränen kämpft, was in letzter Zeit leider sehr oft vorkommt. Ich kann sie verstehen. Unser kleiner Sonnenschein war schon immer ein Familienmensch und wünscht sich seit ich denken kann eine eigene kleine Familie. Deswegen ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sie innerlich wohl zerbrach, als Finn seiner Freundin die Wahrheit erzählte. Sophie war so erschüttert von den Nachrichten, die ihr Freund ihr gebeichtete hatte, das sie um eine Pause gebeten hatte um nachdenken zu können. Das tut sie seitdem wir in Ghana sind, denn Finn blieb zuhause. Auch er braucht wohl etwas Abstand um alles zu verarbeiten.
Mühsam strecke ich mich an Mary vorbei zu Sophie und greife nach ihrer Hand. Kurz drücke ich sie, um zu zeigen, dass meine Freundin nicht alleine ist und dankbar lächelt sie mich an. Lia, die neben unserem getrübten Sonnenscheinchen sitzt, nimmt Sophie liebevoll in den Arm und dabei ist auch das Liebesleben unserer Ältesten, Hügeliger als die Straßen in Schweden. Die Beiden Mädels verdienen das nicht und doch weiß ich, dass nichts was ich sagen oder machen kann, etwas ändern würde. Die Zeit wird es richten, wie alles was mit uns zu tun hat.
Seufzend sah ich auf den filigranen Silberring an meinem linken Ringfinger und streiche lächelnd über das warme Metall. Dabei lehne ich mich etwas weiter nach hinten, sodass mein Rücken Nialls Brust streift. Er scheint zu merken, dass ich wieder in Wehmut zu versinken drohe und küsst sachte meinen Nacken um mich auf andere Gedanken zu bringen. Von Helen auf der anderen Seite des Lagerfeuers kommt ein würgendes Geräusch und grinsend sehe ich zu meiner kleinen Schwester, die genervt mit einem Stock im Sand herummalt. Sie stört es, dass Marc nicht mitkommen konnte, aber obwohl sein Gesundheitszustand sich bessert, darf er das Krankenhaus noch nicht verlassen und es war unverantwortlich, wenn wir ihn trotzdem mit in den Süden genommen hätten. Helen weiß das und dennoch wäre es ihr lieber, wenn er hier bei ihr säße. Lia scheint mit ihrer Vermutung Recht zu behalten, auch wenn ich es niemals zugeben werde.
Dann spricht einer der einheimischen Jungen und alle Blicke gleiten zu dem sechsjährigen, der mich durch seine dunklen Augen anschaut.
„Er fragt, ob deine Geschichte schon vorbei ist.", übersetzt Mrs. Cox und reißt uns damit alle aus der Melancholie dieses Augenblickes. Ich mache schon den Mund auf, doch ohne ein Wort schließe ich ihn wieder und richte meinen Blick grübelnd ins Feuer. Die Blicke aller anwesenden brennen sich in mich, doch Nialls Körper hinter mir ist wie ein undurchdringlicher Schutzschild, als ich meinen Blick wieder hebe und den Jungen sanft ansehe: „Mehr gibt es nicht zu erzählen..."
Dabei weiß ich selber ganz genau:
Meine Geschichte ist noch lange noch nicht zu Ende.
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• DANCERS • (Niall Horan FF)#Wattys2016
Fanfiction>Es durchfuhr mich wie ein Schlag und alles wurde aus meinem Gehirn gefegt. Nichts spielte mehr eine Rolle, selbst Helen verschwand kurzzeitig aus meinen Gedanken und alles was jetzt noch zählte waren die blauen Augen mir gegenüber. Alles in mir...