Kapitel 25

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PoV Kyle

"Was an 'Wir mögen uns nicht' hast du nicht verstanden?" fuhr Lukas ihn gereizt an und Tim verdrehte die Augen.
"Was ist dir lieber? Eine Weile mit Kyle verbringen oder ewig dieser Stimme ausgeliefert zu sein?" Tims Stimme klang kalt und er hob beim reden eine Augenbraue. Lukas seufzte und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Dabei wurde der Knutschfleck an seinen Hals sehr auffällig.
"Und wer war das schon wieder?" grinste Tim und Lukas sah ihn fragend an. Tim deutete auf seinen Hals.
"Weiß ich nicht mehr." gab Lukas leise von sich und ich konnte mir ein schnaufen nicht verkneifen. Dafür erntete ich drei Blick. Zwei fragende und einen warnenden.
"Dachte nur gerade, dass er wahrscheinlich nicht mal die Namen seiner ganzen Schlampen kennt." gab ich mit einem ironischen lächeln in Lukas Richtung von mir.
"Ich frag gleich mal meine Mum, ob du eine Weile bei uns bleiben kannst. Sie wird bestimmt nichts dagegen haben. Musst nur ein paar Sachen von zu Hause holen." Lukas nickte und stand auf.
"Dann sollte ich jetzt gehen. Meine Eltern sind noch arbeiten, sonst würden sie mich aufhalten. Mike ist vielleicht da." Ich hob eine Augenbraue und sah Lukas an.
"Wer ist Mike?" fragte ich ihn und Lukas verzog bitter das Gesicht.
"Mein Bruder." So hieß er also. Tim hatte mir mal gesagt, dass sein Bruder noch schlimmer sein soll als Lukas.
"Soll ich mitkommen?" bot ich deshalb an. Lukas sah mich zögerlich an.
"Er wird mich nicht einfach so gehen lassen, wenn er da ist." sagte Lukas ernst und kurz sah ich etwas was ich nicht ganz benennen konnte in seinen Augen aufblitzen. War das Besorgnis? Sicherlich nicht.
"Passt schon. Aber süß dass du dich um mich sorgst." Ich konnte mir ein gemeines Grinsen nicht verkneifen. Sofort verwandelte sich Lukas ernste Miene in eine verächtliche.
"Das hättest du wohl gerne!" bekam ich bissig als Antwort.
"Na schön." Mit einem seuftzen stand ich auf.
"Dann gehen wir mal. Kommst du?" fragte ich Lukas und dieser nickte.
"Ganz ehrlich, ich will nicht bei dir wohnen. Nicht mal vorübergehend." murrte Lukas, sobald wir das Haus verlassen hatten. Ich verdrehte nur die Augen.
"Wieso denn nicht?" Langsam war ich genervt. Wieso stellte er sich denn so an? Wir wollten ihm doch nur helfen.
"Ich will einfach nicht." Ich blieb ruckartig stehen und packte ihm am Arm.
"Du willst doch das wir dir helfen oder?" fragte ich eisig und hob meine Augenbraue. Zögerlich nickte Lukas, sagte aber nichts.
"Dann lass dir auch helfen. Wir wollen dir doch nichts böses." sagte ich jetzt etwas sanfter. Skeptisch sah Lukas mich an und ich erwiderte einen Blick unschuldig.
"Unter einer Bedingung." Ich deutete mit der Hand, dass er weiter reden sollte. Er kniff ein Stück die Augen zusammen.
"Du lässt deine Finger von mir!" knurrte er mich dann an. Auf meinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus.
"Und wenn du mich drum bittest?" Lukas schnaufte.
"Das wird nicht passieren!" fauchte er mich an und ging einen Schritt schneller.
"Und wenn doch?" rief ich ihm hinterher und schloss wieder zu ihm auf, da ich deutlich längere Beine hatte. Lukas warf mir einen verachtenden Blick zu.
"So weit wird es zwar nicht kommen, aber von mir aus." Ich musste wieder schief grinsen.
"Dir ist klar dass ich das als Herausforderung sehe, oder?" Wieder schnaufte Lukas nur und ignorierte mich den Rest des Weges. Vor seinem Haus blieb er stehen. In der Auffahrt stand ein silberner Porsche.
"Mein Bruder ist da." flüsterte Lukas.
Ich runzelte die Stirn.
"Hast du Angst vor ihm?" fragte ich verwirrt. Lukas wandte sich unbehaglich.
"Es ist keine richtige Ansgt, aber Respekt. Er ist wirklich skrupellos. Allerdings setzt er nur auf seine Kraft." Ich verdrehte die Augen.
"Kraft ist nicht alles. Wenn man nicht weiß, wie man seine Kraft einsetzten muss ist sie so gut wie wirkungslos." Lukas nickte nur und ging Auffahrt hoch. Er brauchte ein paar Versuche, um den Schlüssel ins Schloss zu bekommen, bekam ihn aber nicht komplett rum gedreht. Seine Hand zitterte. Wo war der selbstsichere, provokante Lukas hin? So hatte ich ihn noch nie gesehen und ich mochte es nicht. Ich umfasste seine Hand mit meiner und half ihm die Tür aufzuschließen.
"Danke." nuschelte Lukas und trat rein.
Das Haus war groß, aber ziemlich steril. Nirgendwo Fotos oder sonst irgendwelche persönlichen Dinge.
"Bist du das scheißer?" ertönte eine tiefe Stimme. Lukas und ich traten ins Wohnzimmer. Dort stand ein junger Mann, anfang zwanzig. Er hatte wie Lukas auch braune Haare, aber blaue Augen. Locker war er auch einen halben Kopf kleiner als ich.
"Wer ist das?" patzte Mike Lukas an.
"Geht dich einen scheiß an." Mike lachte trocken.
"Meinst du, ich mach dich nicht fertig, nur weil du einen deiner tollen Freunde mitbringst?" Lukas verdrehte die Augen und drückte sich an seinen Bruder vorbei. Der schien allerdings nicht zufrieden damit zu sein, wie Lukas reagierte, denn er packte ihm grob am Arm.
"Was hast du vor?" knurrte er.
"Was interessiert es dich? Fick dich einfach!" fauchte Lukas ihn an und Mike ballte die Faust und wollte anscheinend zuschlagen. Lukas, der wohl damit gerechnet hatte, kniff schon die Augen zusammen, bekam aber nicht mit, dass Mikes Faust von meiner Hand umfasst wurde.
Mike hatte Kraft, da hatte Lukas recht gehabt, aber ihm fehlte die richtige Technik.
Mike warf mir einen tödlichen Blick zu und wollte als nächstes mich schlagen, stattdessen drehte ich ihm den Arm so auf den Rücken dass er sich nicht mehr bewegen konnte und er zischte kurz. Mit erhobener Augenbraue sah ich Lukas an.
"Würdest du dich vielleicht beeilen und deine Sachen holen?" fragte ich und Lukas sprintete die Treppe hoch.
"Lass mich los, du Penner!" knurrte Mike und versuchte sich aus meinem Griff zu winden. Ich seufzte.
"Wenn du dich wehrst tut es noch mehr weh. Halt einfach still." Mike brummte, blieb aber still. Ich wusste, dass es weh tat so den Arm auf den Rücken gedreht zu bekommen, immerhin war das eine untypische Haltung und der Arm war komplett verdreht.
"Dass wirst du bereuen!" fauchte Mike. Ich verdrehte die Augen.
"Jaja. Lukas, mach hinne!"
"Bin fast fertig!" rief er von oben und kurz danach hörte ich seine Schritte auf der Treppe. Er hatte eine große Tasche über die Schulter geschmissen und nickte mir zu. Ich gab Mike einen kleinen Schubs, sodass er ein Stück nach vorne stolperte und schnell verließen wir das Haus. Lukas seuftze.
"Eigentlich will ich immer noch nicht wo anders wohnen. Aber die Sache jetzt hat mir wieder gezeigt, dass es wahrscheinlich am besten ist." Ich lächelte Lukas leicht an.
"Wird schon alles gut gehen Lukas." sagte ich sanft und führte ihn zu mir nach Hause.

Herz oder Kopf?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt