Herz oder Kopf?

Kapitel 44

PoV Kyle

Fassungslos sah ich Lukas hinterher, der wütend die Hütte verließ. Hatte er gerade wirklich zugegeben Bi zu sein? Das freute mich definitiv mehr als es sollte.
Ich rieb mir mit der Hand über die Augen und ließ mich nach hinten sinken.
Ich wusste das Lukas mir nicht den richtigen Grund dafür genannt hatte, wieso er nicht mit mir redete. Immerhin hatte er ja auch mit Dustin und Tim drüber geredet. Zwar kannte er die beiden länger, aber trotzdem.
Aber was jetzt? Meine bisherige Ausrede, wenn ich Lukas zu nah kam war, dass ich ihm etwas beweisen wollte.
Das hatte ich getan. Ich sollte Lukas jetzt in Ruhe lassen, mich den Rest der Woche normal benehmen und dann zu Paul zurück gehen.
Das war es was ich tun sollte. Aber nicht das was ich wollte. Tim hatte mich gefragt ob ich was für Lukas empfand und aus Panik hatte ich mit nein geantwortet.
Es war gelogen. Wie sollte ich nichts für diesen Idioten empfinden?
Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken und ich warf einen genervten Blick auf mein Handy.
Verdammt nochmal, wie hatte es passieren können, dass ich mich in Lukas verliebte? Dabei war es im Nachhinein so offensichtlich.
Ich hatte immer seine Nähe gesucht, egal ob bewusst oder unbewusst, ich war verletzt, wenn er nicht mit mir redete oder mich ignorierte. Eigentlich hätte ich schon drauf kommen können, als wir uns in der Umkleidekabine geküsst hatten. Immerhin kannte ich dieses Gefühl nur zu gut. Auch wenn es mir so vorkam, als wäre es bei Lukas noch intensiver als bei Paul. Und es hatte mich bei Paul damals schon fast umgebracht, als er mich verlassen hatte.
Lukas war noch viel komplizierter als Paul und wenn meine Gefühle für Lukas wirklich noch intensiver waren, als die die ich für Paul gehabt hatte, war ich wirklich am Arsch.
Wieder brummte mein Handy. Ich knurrte gereizt und griff danach. Ohne drauf zu achten wer dran war, hob ich ab.
"Was?" fauchte ich und legte meinen Kopf in den Nacken.
"Was ist dir denn über die Leber gelaufen?" lachte Dustin und ich seufzte resigniert.
"Sorry. Bin gerade ein bisschen durcheinander. Lukas hat mir gerade gestanden Bi zu sein." Ich hörte Dustin scharf Luft holen.
"Echt? Hat er sonst noch was gesagt?" quitschte er aufgeregt ins Telefon und ich hob eine Augenbrauen.
"Nein. Gibts da etwa noch mehr, dass ich nicht weiß?" Dustin brummte am anderen Ende und ich sah bildlich vor mir, wie er die Augen verdrehte.
"Dieser feige Bastard." murrte er so leise, dass ich es kaum verstand und ich war mir sicher, dass es auch nicht für meine Ohren bestimmt gewesen war, also fragte ich nicht nach.
"Wo ist er jetzt?" Ich biss mir auf die Unterlippe.
"Keine Ahnung. Abgehauen." Ich klang niedergeschlagener als ich wollte und Dustin lachte.
"Ich glaubs' nicht, man. Tim! Komm mal her!" Nach kurzen Schweigen hörte ich dann Tims Stimme.
"Was gibts?"
"Dreimal darfst du raten, wer Kyle gerade gebeichtet hat Bi zu sein und jetzt geflüchtet ist?" Ich hörte Tim seufzte.
"Wisst ihr, ihr seid zwar meine Freunde, aber irgendwann fang ich an Geld für die scheiße zu verlangen." Ich schnaufte nur.
"Ihr zwei wisst was, was ich nicht weiß. Würdet ihr mir das sagen, wäre es gar nicht zu dieser Situation gekommen." fuhr ich Tim an und hörte ihn tief ein und aus atmen.
Was wollten sie mir den nicht sagen? Das Lukas Bi war wusste ich jetzt.
Was wenn er sogar einen Freund hatte? Bei dem Gedanken daran, dass jemand anderes seine Lippen auf die von Lukas drückt wurde mir schlecht. Ich war der einzige der das durfte!
"Jungs." unterbrach ich die Diskussion von Dustin und Tim und sofort verstummten beide.
"Ich hab ein Problem."
"Was denn?" fragten beide wie aus einem Mund.
"Ich glaube, ich hab mich in Lukas verliebt."

PoV Lukas

Ich saß schon seid einer halben Stunde in der Halle, wo wir zusammmen mit der anderen Schule essen sollten und nach und nach trafen immer mehr Schüler ein. Das übliche Geschnatter fing an, aber ich blendete das Meiste aus.
Wie hatte ich Kyle nur sagen können, dass ich wirklich Bi war? Das war so nicht geplant gewesen und ich bereute es. Außerdem war es total unsinnig. Ich war nie an Jungs interessiert gewesen, nur an Kyle.
So langsam bereitete mir das Thema Kopfschmerzen und ich vergrub ein Gesicht in meinen Händen.
"Entschuldigung?" fragte mich eine hohe, aber dennoch männliche, Stimme. Ich brummte nur ohne den Kopf zu heben.
"Darf ich mich zu dir setzen?" Ich richtete mich auf und sah in sanfte hellbraune Augen. Ich nickte nur und der relativ kleine und schmale Junge setzt sich mir gegenüber.
"Ich bin Finn." Mit einem süßen lächeln hielt er mir seine Hand hin.