Kapitel 31

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PoV Kyle

Verwirrt sah ich Lukas hinterher, wie er fluchtartig das Haus verließ und spürte ein Stechen in der Brust. Immerhin war Lukas hier bei mir, damit sich seine Situation ein bisschen entspannte und jetzt musste er von hier abhauen.
"Mach dir keinen Kopf. Der kommt schon wieder." versuchte Paul wieder meine Aufmerksamkeit zu bekommen, und ich nickte nur. Ich ging in die Küche und Paul folgte mir. Seufzend ließ ich mich auf einen Stuhl fallen und musterte Paul, der sich mir gegenüber setzte.
"Wie sieht es jetzt aus mit meiner zweiten Chance?" Paul lächelte mich schief an und ich fuhr mir mit einer Hand durchs Gesicht.
"Ich weiß nicht Paul. Das ist im Moment echt viel für mich." Paul nickte und sah mir in die Augen.
"Ich will dich auch nicht zu etwas drängen. Aber ich würde mir wünschen, dass du mir noch eine Chance gibst." Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
"Ich muss jetzt nochmal in meine Wohnung. Die meisten Sachen kommen morgen, aber ich bekomm' gleich schon die Küche geliefert. Dann hast du Zeit drüber nachzudenken. Ist es okay, wenn ich danach wieder komme?"
"Ich hab gleich Boxen bis acht. Du kannst ja etwas früher kommen, dann kannst du noch mit meiner Mum reden." Paul nickte und stand auf. Bevor er aus der Tür verschwand drückte er mir noch einen Kuss auf die Wange. Ein wenig Ratlos saß ich jetzt in der Küche und starrt die Wand an. Pauls Berührungen waren mir einfach so vertraut, weshalb sie sich auch gut anfühlten, aber ich glaubte nicht das da noch mehr war. Zumindest für mich.
Wenn ich hingegen daran dachte, was ich bei Lukas fühlte, war das bei Paul kaum erwähnenswert.
Ich verdrängte den Gedanken. Niemals durfte ich anfangen Gefühle für Lukas zu entwickeln. Das würde alles nur noch komplizierter machen.
Ich hatte keine Ahnung wie lange ich da saß und die Wand anstarrte, bis mich mein knurrender Magen wieder in die Gegenwart holte. Seufzend stand ich auf und nahm mir einen Müsliriegel aus dem Kühlschrank.
Langsam kaute ich darauf herum, als es an der Tür klingelte. Für meine Mum war es noch zu früh also ging ich davon aus das es Lukas war. Schnellen Schrittes ging zur Tür und riss sie auf.
Lukas stand davor und sah mich an. Er sah nicht gut aus. Seine Augen waren rot, als hätte er geweint und seine Haut war blass wie eine Wand.
Ich zog ihn ins Haus und bemerkte nebenbei das seine Arme eiskalt waren.
"Wie lange standest du schon hier draußen?"
"Keine Ahnung." nuschelte Lukas und blieb im Flur stehen.
"Was ist los Lukas?" fragte ich während ich ihn ins Wohnzimmer zog und eine Wolldecke umlegt. Es war heute, im Vergleich zu den letzten Tagen, echt kalt und windig draußen.

PoV Lukas

Kyle zog mich besorgt auf die Couch und legte ein Decke über meine Schultern. Ich wusste nicht genau wie lange ich draußen gestanden hatte und mich nicht getraut hatte zu klingeln.
Nachdem Tim mir gesagt hatte, dass ich wahrscheinlich etwas für Kyle empfinden würde, hatte ich eine Weile versucht drüber nachzudenken ohne das mein Kopf mir im Weg stand.
Ja, ich war mir eigentlich sicher, dass ich tatsächlich etwas für ihn empfand.
Und das wollte ich nicht. Ich wollte nichts für Kyle empfinden. Und diese Tatsache hatte nichts mit meiner Erziehung zu tun. Ich war noch nie der Typ gewesen, der die große Liebe finden wollte, oder überhaupt Liebe. Da ich ohne aufgewachsen war, kam ich auch gut ohne zurecht. Alleine der Gedanke daran mich zu verlieben, egal in wen, machte mir Angst und widerstrebte mir auch ein wenig.
Also hatte ich, weil so viel aufeinander auf mich einbrasselte, angefangen zu heulen.
Und die Tatsache, dass Kyle gerade dicht vor mir auf den Boden kniete und mich besorgt musterte, machte es nicht besser.
"Komm schon Lukas. Ich will dir auch helfen."
Ich zuckte zusammen, weil Kyle seine Hand auf meine legte, und zog sie weg. Kurz sah ich etwas in seinen Augen aufblitzen, dass wie Schmerz aussah, aber so schnell wieder verschwand, dass ich es nicht genau sagen konnte.
"Du kannst mir nicht helfen." Ich betonte das 'du' extra. Diesmal war ich mir sicher das er verletzt war. Die Betroffenheit stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben und er senkte den Blick. Sofort hatte ich Schuldgefühle und hatte am liebsten sofort gesagt, dass ich es nicht ernst meinte, aber ich musste stark bleiben. "Ich fahr' jetzt zum Boxtraining. Kannst du meiner Mum bitte sagen, dass sie mich um acht abholen soll?" fragte er leise und ich nickte.

Herz oder Kopf?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt