Kapitel 35

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Ich habe soeben mein Handy wiederbekommen und gehe nun zum Essen. Es ist der neunundzwanzigste November und somit der erste Advent. In der Cafeteria steht am Buffet ein Kranz, an dem eine von vier Kerzen angezündet ist. Augen verdrehend nehme ich mir einen Teller und gehe daran vorbei. Weihnachten gehörte noch nie zu den Festen, die ich liebe. Okay eigentlich mag ich kein einziges Fest, denn Feste verbringt man mit der Familie und das ist bei mir nun doch eher schwierig. Blöd nur, dass alle hier der Meinung sind dieses Fest doch ausgiebig feiern zu müssen und heute schon passend zum Fest angezogen sind. Da fühle ich mich mit meinen komplett schwarzen Sachen hingegen wie der verfaulte Kienzapfen, den man angeekelt vom Baum abreißt und weg wirft. Aber damit habe ich eigentlich auch kein Problem, denn ich bin lieber der Kienzapfen, als einer der wandelnden Zuckerstangen.

Mit meinem nicht allzu vollen Teller setze ich mich zu Ryan, dieser sieht von seinem Handy auf und lächelt mir zu. 'Wie kannst du so miesepetrig sein, wenn der erste Advent begonnen hat?' fragt er ironisch. Er kann Weihnachten genauso wenig ab wie ich. Wobei nein... er findet es nicht ganz so schlimm wie ich. 'Was macht so jemand wie du dann eigentlich an Heiligabend?' er sperrt sein Handy und legt es auf den Tisch neben sich. 'Ich werde wie an jedem anderen Tag auch auf meinem Zimmer sein und Serien gucken oder irgendwas dergleichen machen. Auf jeden Fall werde ich mich nicht zu den ganzen Elfen hier gesellen. Und Bob verkleidet als Santa werde ich mir auch nicht antun' Ryan muss schmunzeln und hat wahrscheinlich gerade Bob vor Augen. 'Und was machst du?' er erwacht aus seiner Träumerei und zuckt mit den Schultern 'ich bin da ganz spontan' ich nicke und von da an ist es ruhig.

Ryan und ich bringen unsere Teller weg und machen uns anschließend auf den Weg zu unseren Zimmern. 'Wir könnten doch an Heiligabend etwas zusammen machen. Das Weihnachtsfest der anderen stören, Bob und Liz Pranken oder sowas', 'mhh..nein danke ich bin gerne allein an solchen Tagen' er nickt und anschließend verschwindet er in seinem Zimmer. Ich gehe weiter zu meinem. Dort lasse ich mich auf das Bett fallen und nehme mein Handy heraus. Erst jetzt fällt mir auf, wie sehr ich es eigentlich vermisst habe. In den letzten zwei Wochen habe ich nicht allzu viele Nachrichten bekommen, da alle die mit mir schreiben wussten, dass ich kein Handy hatte. Die Nachrichten sind meist nur von Michael, Luke oder Ryan, die vergessen haben, dass ich mein Handy zu der Zeit nicht hatte. Und überraschenderweise bekomme ich auch gerade einen Anruf von Luke. Ich nehme ab und bevor ich etwas sagen kann, beginnt er 'einen wundervollen ersten Advent' ich verdrehe meine Augen und nuschle ein 'dir auch', 'da ist aber einer schlecht gelaunt. Was ist los?' ich setze mich auf und lehne mich an die Wand 'Weihnachten ist los. Es gibt nichts schlimmeres. Überall Leute die sich beschenken und gut gelaunt sind und wenn es dunkel ist, merkt man das gar nicht, weil alles mit Lichtern geschmückt ist. Die können mir doch nicht meine geliebte Dunkelheit nehmen' von Luke kommt ein leises Lachen. 'Du kannst Weihnachten anscheinend so gar nicht leiden. Wie wäre es, wenn wir beide heute etwas machen, und ich bringe dich ein wenig von dieser schrecklichen Stimmung weg?' ich muss schmunzeln 'klingt gut, aber es ist Sonntag' automatisch sehe ich auf die Uhr, obwohl mir die Uhrzeit überhaupt nichts bringt. 'Ich weiß da schon was, keine Sorge. Ist in einer Stunde an der Kreuzung okay?' ich bestätige seine Frage und wir beenden das Telefonat. Sofort gehe ich ins Bad und putze mir erstmal die Zähne. Auf schminken habe ich keine Lust, aber meine Haut geht heute gar nicht, also benutze ich ein wenig concealer und Puder. Meine Haare lasse ich offen.

Ich öffne meinen Schrank und nehme mir eine schwarze Hose raus, dazu einen grauen Hoodie und frische Unterwäsche. Ich ziehe mich um und sehe dann aus dem Fenster. Passend zum ersten Advent hat es natürlich auch noch angefangen zu schneien, was ich aber nicht schlimm finde. Ich mag Schnee. Aus meinem Schrank nehme ich mir noch dicke Socken, einen großen kuscheligen Schal und eine Mütze. Meine Winterjacke liegt noch draußen, weil ich sie gestern schon anhatte.

Gerade als ich meine Zimmertür schließen will klingelt mein Handy. Luke. 'ja was gibt es?' ich schließe die Tür komplett und mache mich auf den Weg zur Treppe. 'Ich wollte dir nur sagen, dass du dir ein T-Shirt anziehen oder mitnehmen solltest' ich seufze und gehe zurück zu meinem Zimmer und schließe es auf 'okay bis gleich' ich lege auf und packe mein Handy in meine Jackentasche. Das Shirt packe ich in meinen Rucksack und dann verlasse ich erneut mein Zimmer. 'Und wo geht es hin?' erschrocken drehe ich mich um und atme erleichtert aus, als Ryan vor mir steht 'Oh Gott mach das nie wieder' ich lege meine Hand an mein Herz und atme tief ein und aus 'ich treffe mich mit Luke, keine Ahnung was er vor hat' er nickt und überlegt kurz 'es ist Sonntag' ich nicke und zucke mit meinen Schultern 'ich weiß, aber er meinte, dass er schon wisse, was wir machen können' er nickt und wir umarmen uns zum Abschied. 'Bis heute Abend' rufe ich noch bevor ich die Treppen runter gehe.

Entspannt laufe ich den Weg vom Gebäude zum Tor entlang. Gerade will ich das Gelände verlassen, da höre ich schritte von links. Normalerweise nichts besonderes, aber jetzt finde ich es warum auch immer komisch. Ich gucke in die Richtung und sehe Luke, der geradewegs auf mich zu kommt. Er hat mich noch nicht gesehen, da er auf sein Handy guckt. Ich verstecke mich hinter der Mauer und halte meine Luft an, warte darauf, dass er vorbei läuft. Doch komischerweise betritt er das Gelände und geht auf den Eingang zu. An mir vorbei. Scheiße. Woher weiß er wo ich wohne? Und warum kommt er hier her, wenn wir uns an der Kreuzung verabredet haben?

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