Kapitel 64

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Durch ein klopfen an der Tür werde ich geweckt und langsam öffne ich meine Augen. Es dauert eine Weile bis ich realisiere, was los ist. Genervt drehe ich mich dann auf die andere Seite und versuche zu ignorieren, dass es erneut klopft. Es ist maximal halb acht. Erneut klopft es. Wirklich jetzt? Erst Bob, dann Ashton und was kommt jetzt? Der Osterhase? Genervt schlage ich die Decke zur Seite und stehe auf, reiße dann genervt die Tür auf 'wa-' ich stoppe direkt, als ich in Luke's Gesicht sehe. Seit fast zwei Wochen gehe ich ihm aus dem Weg. Das ist jetzt das erste mal, dass ich ihn seit dem sehe. Schnell mache ich die Tür wieder zu und sehe mich nach einer Hose um, da ich wie immer nur in Unterwäsche und Shirt geschlafen habe. Währenddessen klopft es wieder 'Melissa bitte. Wir müssen reden' ich schlüpfe in die Hose, die über meiner Schranktür hing und öffne die Tür wieder 'ich wollte mir nur etwas anziehen' versuche ich so ruhig wie möglich zu sagen, da mein Herz wieder verrückt spielt und ich mich zusammenreißen muss, dass ich mich nicht in seinen Augen verliere. Wie kitschig das wieder klingt, aber leider ist es so. 'Können wir reden?' Ich presse meine Lippen aufeinander und nicke vorsichtig 'a-aber nicht hier' ich mache einen Schritt nach vorn, um ihm zu zeigen, dass ich das Zimmer verlassen will, aber er bleibt dort stehen, so dass unsere Oberkörper sich fast berühren. 'Könntest du vielleicht....ich möchte raus..' Ich sehe zur Seite und vermeide so Blickkontakt. Im Augenwinkel sehe ich, wie schnell Luke's Brust sich hebt und senkt und ich spüre seinen Blick auf mir, während er langsam einen Schritt nach hinten macht, so dass ich nun aus dem Zimmer kann und die Tür schließen kann. Ohne ihn noch einmal anzusehen gehe ich vor.

In der Cafeteria, wo nur ein paar Leute sind setze ich mich in eine ruhige Ecke an einen Tisch und Luke mir gegenüber. 'Wieso kommst du so früh?' Frage ich direkt, ohne dass er eine Chance hat etwas zu sagen 'es ist halb zwölf' oh....ich nicke leicht und sehe wieder zur Seite. 'Worüber wolltest du reden?' Gehe ich dann auf seine Aussage von vorhin ein. Er hebt daraufhin seine Augenbrauen 'ist das nicht offensichtlich?' Ich lege meinen Kopf leicht schief und sehe ihn an 'nein. Gibt es wieder eine Wirtschaftskrise?' Meine Stimme ist sarkastisch und meinen Mundwinkel ziehe ich leicht hoch. Luke seufzt 'Ich verstehe einfach nicht wieso du mir nichts gesagt hast' er lehnt sich ein Stück vor und stützt seine Ellenbogen auf dem Tisch ab. 'Ich wollte nie, dass du oder irgendjemand mich anders behandelt. Ich hatte einfach Angst davor, dass du mich plötzlich wie ein rohes Ei behandelst, bei dem man aufpassen muss, dass man es nicht fallen lässt' ich lehne mich zurück und verschränke meine Arme vor meiner Brust. Von dem Sarkasmus von eben keine Spur mehr 'wieso sollte ich? Ich liebe dich so wie du bist, wegen deiner Art und nicht weil ich Mitleid mit dir habe oder sowas. Vertraust du mir nicht?' und dann wird mir alles klar. Was ist wenn es nie um das geben und nehmen geht sondern immer nur um das Vertrauen. Es ist scheiß egal wie viel dir der andere gibt oder wie viel du ihm gibst. Solang kein Vertrauen da ist funktioniert es nicht. Und ich habe Luke die ganze Zeit vertraut, ich wollte es nur einfach nicht einsehen. Ich habe nie jemandem vertraut, nie jemandem erzählt was wirklich in mir vorgeht. Und schon ist dieses eine Schloss in meinem Kopf geknackt 'Ich vertraue dir. Das tue ich wirklich. Das Problem ist nur, du bist der erste. Nichtmal Stella und Grace wissen was in mir vorgeht. Und das macht mir Angst. Es macht mir Angst, dass du mir so nahe bist. All die Jahre habe ich niemanden an mich ran gelassen, weil ich dachte ich sei es nicht wert. Ich hatte vertrauen, vertrauen zu meinen Eltern bis sie mich weg gegeben haben. Ich war vier Jahre alt, sie sagten mir sie würden mich am Nachmittag wieder abholen, aber es ist nie passiert. Seit dem habe ich niemandem mehr vertraut. Weil ich dachte sie würden das gleiche tun, mich einfach wieder allein lassen. Allein und ohne jemanden der mich liebt. Oder mir das Gefühl gibt etwas Wert zu sein. Und deshalb hatte ich nie einen Freund oder sowas, weil ich nicht wusste wie man liebt. Und ich dachte bis vor ein paar Monaten immer noch, dass ich es einfach nicht wert bin. Und dann kamst du und hast alles durcheinander gebracht. Ich hatte nie etwas gegen dich, aber ich wollte, denn es hat mir Angst gemacht, dass dort wieder jemand ist dem ich blind vertrauen würde. Es hat mir Angst gemacht, dass ich plötzlich wieder das Gefühl hatte etwas Wert zu sein. Ich hatte Angst davor wieder allein da zu stehen. Dreizehn Jahre lang habe ich mich selbst gehasst und tue es immer noch. All die Zeit habe ich mir selbst die Schuld gegeben, dass ich im Heim wohne. Und ich dachte, wenn du weißt wo ich wohne wirst du mich entweder wie Papier behandeln und aufpassen, dass ich nicht zereise oder du wirst bemerken wie scheiße ich bin und dich von mir abwenden. Und ich wollte es einfach nicht. Irgendwann hätte ich es dir gesagt, aber in Ruhe und wenn ich bereit bin. Aber das hat sich ja jetzt auch erledigt' den letzten Satz flüstere ich nur und sehe wieder weg. Luke öffnet seinen Mund, aber ich unterbreche ihn 'sag nichts dazu. Es würde sowieso nichts bringen und außerdem bin ich daran gewöhnt, es macht mir nicht mehr viel aus mich selbst zu hassen. Wenn ich es nicht zu klischeehaft finden würde, dann würde ich jetzt sagen, dass ich eine Mauer errichtet habe oder das ich jetzt gefühlskalt bin wie ein Stein oder sowas. Oh da fällt mir ein kennst du diese ganzen Bilder mit irgendwelchen depressiven Sprüchen drauf?' verwirrt zieht Luke seine Augenbrauen zusammen wegen dem plötzlichen wechsel, aber er nickt 'wenn du all das wirklich mal durchgemacht hast, dann kannst du über diese Bilder nur noch lachen. Weißt du Luke....ich war das erste mal wieder glücklich seit langem, weil ich mich in dich verliebt habe. Und dann wird es durch so etwas ruiniert' dann stehe ich auf und drehe Luke den Rücken zu. Tief atme ich durch und setze dann einen Schritt vor den anderen. Es fällt mir schwer Luke zu verlassen, aber es muss sein. Ich habe wirklich keine Lust, dass er mit mir so vorsichtig umgeht, mich bemitleidet oder generell anders behandelt als davor. 'Melissa warte' ich zwinge mich selbst dazu mich nicht umzudrehen, bemerke nur noch Mia, wie sie mich hochnäsig ansieht, aus welchem Grund auch immer und ihr Blick kurz auf Luke fällt, dann bin ich auch schon aus dem Raum raus.

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