Osmo grinste breit, als er mich am Flughafen überschwänglich umarmte. Obwohl wir uns wenig bis gar nicht richtig kannten, vermittelte er den Eindruck, ein jahrelanger Freund zu sein. Sofort verfrachtete er meinen Weekender in den Kofferraum seines dunkelblauen Audis und fing –kaum hatte ich die Tür zugeschlagen- an, auf mich einzureden. Ich erfuhr, dass Samu niemandem außer ihm gesagt hatte, dass ich kommen würde, um den Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben. Falls Riku ausflippen würde, könnte er immer noch behaupten, dass ich geschäftlich in Finnland war.
Ehrlich gesagt, war mir egal, was die anderen Leute denken würden.
Wir waren beide alt genug, um selbst entscheiden zu können, mit wem wir uns trafen und mit wem nicht.
Witzigerweise war aber Samu da auch nicht weiter als ich.
Auch ich verheimlichte ihn und schob dieses Konzert vor.
Einfacher und fairer –vor allem Jan gegenüber- wäre es gewesen, zu sagen, dass ich für Sex nach Finnland flog und nebenbei die Möglichkeit bekam, mir ein Konzert anzusehen und darüber einen Artikel für den Bereich „Europa" zu schreiben. Das Interview und der Konzertbesuch waren die Gründe für meinen Chef, mir diesen Sonderurlaub zu gewähren.
Meiner war Sex und ein paar Tage nicht darüber nachdenken, was sich Jan wieder mühsam zusammenspann.
Und vielleicht auch ein kleines bisschen, weil Samu Geburtstag hatte.
Ich musste mir nichts vormachen. Dafür war ich langsam aber sicher zu alt.
Osmo wendete vor dem dreistöckigen Familienhaus, stieg aus und reichte mir die Tasche aus dem Kofferraum an, bevor er mich zum Abschied umarmte und mir ein deutsches „bis morgen" entgegen warf.
Zitternd tippelte ich die Stufen des grauen Wohnhauses empor.
Ich hätte wirklich einen Skianzug einpacken sollen.
Angst auf Samu zu treffen hatte ich nicht, aber mich holte dieses Gefühl von damals wieder ein. Ich war regelrecht zu Rikus Auto gerannt, als Samu mich rausgeschmissen hatte. Ich holte tief Luft, platzierte meinen Finger auf dem Klingelknopf und bemerkte eine weiße Überwachungskamera über dem Eingang, die mit einem Kabel verbunden und offenbar keine Attrappe war. Ich grinste, weil Sanna und ich vor zwei Jahren darüber geredet hatten, als bei ihm zum wiederholten Mal eingebrochen worden war.
„Schön, dass du bist da, Medusa", riss Samu lächelnd die Tür auf, ohne dass ich geklingelt hatte und nahm mir sofort den Weekender ab, „ich bin auch erst da seit eine paar minutes."
„Hi", verstört trat ich mir die Boots auf der schlichten Fußmatte ab, zog sie aus, stellte sie rechts neben die Tür und folgte Samu unauffällig.
Immer noch drei Etagen, immer noch die Möbel, die er an dem Abend vor zwei Jahren bereits gehabt hatte. Mit ein paar dekorativen Veränderungen. Immer noch der gleiche Geruch nach Kaffee und Skandinavien.
„Coffee, tea, cacao?", fragte Samu und bot mir einen Platz auf der Couch an.
„Kakao wäre toll, ja", nickte ich, ließ mich auf das Sofa fallen und bekam prompt Besuch von Kisu, die sich fordernd an meinem Bein rieb. Ich hob sie auf den Schoß, streichelte ihr über den Kopf und bekam einen tiefen Schnurrer als Belohnung.
„Hattest du eine gute Flug?", Samu stellte eine Tasse mit dampfendem Inhalt auf den Tisch vor mir und setzte sich auf den Sessel zu meiner Rechten.
Ich bejahte, ergriff den Henkel des schwarzen Behältnisses und nahm einen kleinen Schluck, ohne aufzuhören, Kisu zu streicheln.
Ich trank nicht gerne aus schwarzen Tassen. Egal, was sich in der Tasse befand.
Es schmeckte anders als aus einer andersfarbigen.
Vielleicht lag das auch nur an mir und meinem Kopf.
Aber ich hatte es mir die Jahre über so eingeredet. Und auch Leni empfand es ähnlich.
„Interesting", schmunzelte er und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Rückenlehne, „du siehst nicht aus begeistert."
„Ich trink nicht gerne aus schwarzen Tassen. Daraus schmeckt alles automatisch anders."
Samu tippte sich mit dem Finger an die Schläfe.
„Du hast eine Problem in die Kopf."
„Gar nicht."
„Sure."
„Nee", wieder nahm ich einen Schluck Kakao.
„Klar. Es ist fucking egal, welche color hat die Tasse", lachte Samu.
„Es schmeckt aber besser, wenn sie nicht schwarz ist."
Er schüttelte den Kopf.
„Es ist sinnlos mit dir zu diskutieren, oder?", resignierte ich grinsend.
„Yes", nickte Samu triumphierend, „ich habe nur die black cups. Und auch Tellers."
„Ja klar."
„Take a look", einladend öffnete er die Arme und deutete in die offene Wohnküche.
Diese Art des Gesprächs lockerte die angespannte Stimmung, die ich mitgebracht hatte, als ich das Haus betreten hatte.
Ich hob Kisu von meinem Schoß, setzte sie auf das Polster links von mir um mich zu vergewissern, dass Samu wirklich in Besitz von schwarzem Porzellan war. Das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Du stilsicher und zeitlos er in seiner Einrichtung war, so unglaubwürdig war diese Tatsache.
Ich stand auf, ging gespielt hochnäsig mit erhobenem Kopf an ihm vorbei und öffnete in der Küche einen der Hängeschränke.
„Du bist ein fieser Lügner, Samu!", rief ich laut und drehte mich in Richtung des Wohnzimmers.
Mit den Händen in den Hosentaschen kam er auf mich zu und schlug dann mit einer Hand den Schrank zu.
„Kannst du fahren skates?", fragte er und lehnte sich an die Arbeitsplatte.
„Rollerskates oder Eislaufen?"
„Wenn du kannst die eine, dann eigentlich du kannst auch die andere", schmunzelte er.
Ich legte den Kopf schief.
„Take your jacket and deine Mütze", meinte er, ging an mir vorbei und zog sich an der Garderobe seine blaue Winterjacke an.
Nach zwanzigminütiger Fahrt in die Innenstadt Helsinkis parkte Samu den BMW in einer der Parkbuchten des Hauptbahnhofs, hing sich am Kofferraum die orangenen Schlittschuhe an den langen Schnürsenkeln um den Hals und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Wir schlenderten ein Mal um das Gebäude des Bahnhofs herum, wobei er wie ein Touristenführer zu jedem Kopfsteinpflaster und zu jeder Straßenlaterne etwas sagen konnte.
„Vergiss es", sagte ich kopfschüttelnd, als ich die riesige von Zäunen umringte Eisfläche sah.
„Keine chance", er griff nach meiner Hand und zog mich über die Ampel an der Hauptverkehrsstraße.
„Größe?", fragte Samu und stand an dem Tresen der kleinen Holzhütte, der als Kassenbereich diente.
„39", gab ich trocken von mir und schaute auf die relativ volle Eisfläche.
Ich grinste, weil ich mir vorstellen musste, wie die Spieler Samus Lieblingseishockeymannschaft an Sonntagen hier trainieren musste, weil die Halle neu vereist wurde. Die Menschen zogen ihre Runden im Uhrzeigersinn, während Samu mit dem Verkäufer auf Finnisch über irgendetwas verhandelte. Sogar die Kleinsten konnten rückwärts laufen, drehten sich elegant um die eigene Achse, um dann wie ein geölter Blitz an den anderen vorbeizusausen.
„Hier", Samu klopfte mir mit dem Leder des Eiskunstlaufschuhs auf die Schulter, „die hatten nur noch die in schwarz wie deine soul."
Ich lachte verächtlich, setzte mich auf eine der Holzbänke, um die Schuhe zu wechseln. Während ich noch –mehr oder weniger- verzweifelt die Schnürsenkel durch jede einzelne Öse fädelte, stand Samu schon genervt auf der Eisfläche und lehnte sich wartend über die Brüstung. Er begann zu pfeifen und stierte mit einem Grinsen auf den Lippen in der Gegend umher.
„Warum du brauchst so lange?", wollte er wissen und tippelte mit den Fingerspitzen zusätzlich noch auf das Holz der Balustrade.
„Weil man die schnüren muss", keuchte ich atemlos, richtete mich auf und verpasste Samu einen Box auf die Schulter, als ich die Schlittschuhfläche betrat und die Füße wie ein Welpe voreinander setzte. Als ich bereits nach wenigen Metern ins Straucheln geriet und prompt rücklings hinfiel, stand Samu neben mir und lachte tief, bevor er mir aufhalf und sich die Tränen aus den Augen wischte.
„First du bist wie eine puppy, dann du fällst wie eine stone und sitting like a little child mit deine Beine!", grölte er.
Ich schob die Unterlippe nach vorne und klopfte das Eis von meiner Jacke.
„Es ist schon ewig her, ok?"
„Dass du hast gelernt was? Laufen?", schnaubte Samu.
„Leck mich", schmunzelte ich und atmete tief aus.
„Later", seine Augenbrauen wippten, „but now give me your hand."
Mit hochrotem Kopf streckte ich ihm meine Hand entgegen und ließ mich einige Meter über das Eis ziehen.
„Stop clenching."
„Ich krampfe nicht."
„Sure you do", er fuhr ein Stückchen schneller und ließ dann abrupt meine Finger los.
Ich beugte unbeholfen den Oberkörper nach vorne und fuhr in der Hocke einige Meter über das Eis, bekam die Kurve nicht und knallte mit einem lauten Rumps vor das Geländer. Samu hielt sich den Mund zu, als er bei mir ankam.
„Sorry", prustete er laut und half mir erneut hoch, „but it looks so funny!"
Ich hielt mir die Hände vor das Gesicht und gackerte.
„Gott, ich bin so schlecht."
„Give me your hand again", grinste er.
„Damit ich wieder falle?", gespielt entsetzt sah ich ihn an.
„I try my best", er blies die Wangen auf und winkte mich nochmal zu sich.
„Ich vertrau dir."
„I know", nickte er, verhakte unsere Finger miteinander und atmete tief ein, „ready?"
„Ready", gab ich knapp von mir und kniff die Augen zusammen.
Zuerst fuhren wir nur einige Runden im Kreis. Samu schaffte es tatsächlich, dass ich mich nicht mehr wie ein blutiger Anfänger anstellte und mich sogar galant in die Kurven legen konnte. Irgendwann fuhr ich einige Meter vor ihm her, ging leicht in die Hocke und fuhr Schlangenlinien.
„Don't get cocky", meinte Samu und stützte sich auf meinen Schultern ab, als ich wieder aufrecht stand, „du bist nicht die Star hier."
„Nicht?"
„Nope", sein Kopf landete auf meiner Schulter, seine Hände legte er auf meinem Bauch, „ich bin die rockstar."
„Wolltest du nicht gestern noch der Groupie sein?", fragte ich süffisant nach und legte meine Hände auf seine, während er uns über die Eisbahn leitete.
„I'll try both sides und decide dann", hauchte er, biss mir vorsichtig in den Hals und drückte mich gegen seinen Schritt.
Gott.
„Ich can't wait until heute Abend", seine kalten Hände bahnten sich den Weg unter meine Jacke, unter mein Shirt; zu meinem BH.
Ich unterdrücke ein Quieken und lehnte mich fest gegen seine Brust.
„Ich auch nicht."
Plötzliches Verlangen nach seiner Nähe stieg in mir hoch.
Ich wollte von ihm berührt und geküsst werden.
Überall.
„Let's drive home", murmelte er hinter mir und saugte an meinem kalten Ohrläppchen.
Ich dachte, ich wäre der Situation gewachsen und wäre alt genug, um meine Triebe unter Kontrolle halten zu können.
War ich nicht.
Aber Samu auch nicht.
Kaum hatte er den BMW geparkt und war ausgestiegen, kam er sofort auf meine Seite, schlug nach dem Aussteigen die Beifahrertür zu, presste mich gegen die kalte Karosserie, schob eine Hand unter meine Jacke und küsste mich ungeniert. Eng umschlungen taumelten wir zur Haustür. Samu fummelte den Hausschlüssel aus seiner Jackentasche, ohne mich loszulassen, öffnete mit einer Hand die Tür und knallte sie hinter uns in das Schloss. Er drückte mich gegen die geschlossene Pforte, entledigte mich barsch meiner Jacke, während ich damit beschäftigt war, meine Hände immer wieder unter sein Shirt gleiten zu lassen. Als es ihm nicht schnell genug ging, hob er mich auf sein Becken und trug mich die wenigen Meter auf das Sofa, warf die Jacke und das Shirt über seine Schultern und öffnete seine Hose. Ich zog ihn zu mir herunter, küsste ihn fordernd und legte dabei das cremefarbene Top und den roséfarbenen Cardigan ab. Seine Hände glitten über meine Brust bis hin zu meinem Hosenbund und pellten mich aus dieser, bevor er sich vor mich kniete und sich meinen Bauch hinabküsste. Er leckte einige Mal über meinen Venushügel und fuhr mit den Finger sanft über die Schamlippen, bis er diese mit seinem Mund umschloss und seine Zunge an meine empfindlichste Stelle stieß. Ich bäumte mich ihm entgegen, griff in seine Haare und keuchte erregt auf. Samus Hände wanderten über die Innenseite meiner Schenkel hinauf zu meinem Busen und berührten unaufhörlich meine hart gewordenen Brustwarzen. Schnell griff ich mir an den Rücken und streifte mir auch noch das letzte Stück Stoff vom Körper. Samu quittierte das mit einem zustimmenden Lächeln, ehe er zu mir auf die Couch kletterte, sich jetzt an meinen Brüsten festsaugte und seine Finger immer wieder in mich gleiten ließ.
„Schlaf mit mir, Samu", bettelte ich außer Atem und zog seinen Kopf näher an meinen, „bitte schlaf mit mir."
DU LIEST GERADE
Just friends?
Fanfiction"[...] Wie wäre es, wenn sie immer da wäre? Wenn sie morgens neben mir aufwachen würde? Immer? Ich stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Keine Chance. Soweit hatte ich damals nicht gedacht; soweit sollte ich jetzt nicht mal ansatzweise de...