„Hey lady", ich legte meine Hände auf Emmas Schultern, als ich sie zufällig in der Küche traf. Den ganzen Abend über saß sie mit Felix auf der Couch im Wohnzimmer, schaufelte Pizza und Pasta in sich hinein. Auch Niila war irgendwann ein Teil dieses Grüppchens. Ich sah Emma immer nur sporadisch; so wie auch jetzt, weil sie eine weitere Dose geröstete Cashewkerne besorgen wollte.
„Darf ich?", fragte sie unbeeindruckt, zog die Lasche von der Aluminumdose, steckte sich einen Nusskern in den Mund und wollte mit gesenktem Kopf zurück ins Wohnzimmer gehen.
„No", bestimmte ich, nahm ihr die Dose ab, stellte sie auf die Arbeitsplatte, fingerte eine Zigarette aus meiner Smokingtasche und reichte Emma eine.
„Ich will jetzt nicht rauchen."
„Ich aber. Und du kommst mit", ordnete ich an, schenkte ihr ein Lausbubengrinsen, dem sie nicht widerstehen konnte und zog sie, anstatt auf die Terrasse, vor die Eingangstür.
Ich gab ihr Feuer, bevor sie fast gierig an der Zigarette zog und den Qualm hastig in die kalte Nachtluft blies.
„Now du kannst reden mit mir", meinte ich und pustete auf den Filter, bevor ich den Glimmstängel anzündete.
„Ich hätte auch drin mit dir geredet."
„Wann? Wenn Felix und Niila sind weg?"
„Ja?"
„Oh, thank you", ich verbeugte mich und schob die Zigarette in den Mundwinkel, „danke, dass du redest mit mir, wenn weg sind alle anderen."
„Ich wär dir nach dem zweiten Drink an die Wäsche gegangen. Hättest du das gewollt?"
„Yes?"
„Nachdem du mich schon im Studio gekorbt hast?", lachte sie, „wohl kaum, Samu."
Emma verschränkte die Arme vor der Brust, die Zigarette lässig zwischen die Finger geklemmt und lehnte sich an die Hauswand, einen Fuß daran abgestützt. Ich stemmte einen Arm neben ihr Ohr und beugte mich zu ihr herunter. Sofort drehte sie ihren Kopf zur Seite und verdrehte die Augen.
„What's the problem, hm?", flüsterte ich in ihr Ohr und küsste ihren Hals.
Ich hörte, wie sie scharf die Luft einzog.
„Ich hasse Mirja", flüsterte sie, ließ den Glimmstängel fallen und umspielte mit den Fingern den Bund meiner Hose.
„Wegen die thing two years ago?", hauchte ich atemlos, weil sie mit ihrer Hand immer wieder in meine Boxershorts fuhr.
„Oh Gott, nein", ihre Lippen flogen über die Stelle unter meinem Kehlkopf, „schlimm finde ich, dass sie so tut, als würde sie mich nicht kennen, sagt mir dann, ich hätte ein Allerweltsgesicht und stellt sich dann bei mir als deine Verlobte vor."
„What?", schreckte ich zurück.
„Verlobte", wiederholte Emma und öffnete die Fliege an meinem Nacken.
„She didn't do that."
„Doch."
Wut stieg in mir hoch.
Dass ich mit ihr schlief, wusste so gut wie jeder hier.
Aber dass sich als meine Verlobte vorstellte, war ein Ding der Unmöglichkeit.
Sie war definitiv keine Frau, mit der ich alt werden wollen würde.
Und ich ging davon aus, dass Mirja wusste, was wir waren.
Es gab Sex auf Bestellung. Immer in Verbindung mit einem Essen oder Ähnlichem, damit die Situation nicht ganz so komisch war. Aber ich hatte keinerlei Erwartungen an diese Beziehung, die keine war. Zugegeben: Ein Orgasmus war nicht schlecht. Aber das war definitiv alles. Dass wir uns so häufig getroffen hatten, was lediglich dem Sex zuzuschreiben. Nicht, weil ich ein romantisches Interesse an ihr hatte.
Ich zog den Kragen des Hemdes wieder gerade.
„Mir ist das egal", Emma strich mir über die Brust, „ich wollte nur, dass du weißt, was sie für eine Person ist."
„Danke", nickte ich ihr zu und legte meine Lippen auf ihre Stirn, bevor ich wieder an der Zigarette zog.
Eine Zeit lang sagten wir nichts und starrte still in die Nacht hinein.
„Die dudes haben gesagt, dass du warst very friendlich und nett", brach ich das Schweigen, wechselte dieses unangenehme Thema und bot Emma eine weitere Zigarette an.
Sie nickte, fingerte das Feuerzeug aus meiner Tasche und zündete den Glimmstängel an.
„Obwohl ich so schlecht vorbereitet war?"
„Du warst professionell hat Niila gesagt."
„Beide waren wirklich nett, obwohl ich mir die Fragen erst währenddessen ausgesucht hatte."
„Du hast gehabt meine Ordner."
„Aber ich hatte nichts eigenes, was ich fragen konnte. Das passiert mir sonst nie."
„War das eine problem?", ich zog an der Zigarette.
„Nein. Ich hab mich komplett auf dich verlassen."
„Das war eine Fehler?"
„Nein, Samu", sie knuffte mir in den Oberarm, „natürlich nicht."
„I know", wippte ich mit den Augenbrauen.
„Steht das Angebote mit dem Konzert eigentlich noch?"
„Dass wir gehen hin zusammen?"
„Nein, dass wir nicht hingehen."
„Sure, why?"
„Hätte sein können, dass du lieber mit Mirja hier bleiben willst", stichelte sie.
„You're a bloody bitch", lachte ich laut.
„Das bedeutet aber nicht, dass ich dich heute Nacht nicht aus deinem schicken Smoking pellen möchte."
Ich musste grinsen.
„Dann freu ich mich auf später, Samu?", Emma streichelte meinen Unterarm.
„Remember my name, lady."
Sie kicherte verlegen und lenkte dann geschickt ab.
„Hast du mein Geschenk schon ausgepackt?"
„I thought you are the present?"
„Auch", schmunzelte sie, „aber das zum Auspacken?"
„I thought, ich packe aus dich?", lächelte ich schief.
„Für davor meine ich?"
„Ah no", ich pfiff durch die Zähne, „das ich habe noch nicht gesehen."
„Take a look", meinte sie schmunzelnd und hatte schon einen Fuß wieder im Haus.
„Medusa?"
Sie drehte sich um.
„Yes, Sir?"
„I'm really excited for tonight", wisperte ich.
„Ich auch", Emmas Mundwinkel zuckten niedlich, ehe sie wieder im Getümmel der Partygäste verschwand.
„Kiitos", lächelte Mirja mich an und legte ihre Arme um Samus Hals, „have a nice evening, kulta."
Ich nickte, während sie Samu ihre Schlauchbootlippen aufdrückte.
Allein die Art und Weise, wie sie mich den Abend über angestarrt hatte, bevor sie sich Samu an den Hals warf, zeigte mir, dass sie sehr wohl wusste, wer ich war. Andersfalls hätte sie im Vorhinein nicht so sehr darauf geachtet, dass ich sah, was sie da tat.
Sie beeindruckte mich nicht.
In keinster Weise.
Weder war ich neidisch auf ihren Job, noch auf die Tatsache, dass sie mit Samu schlief; weil ich es auch tat.
Ich winkte ihr zum Abschied, ehe Samu die Tür schloss und einen Moment inne hielt.
„Das waren viele Leute. Sehr sehr viele Leute."
„Ja", nickte ich und begann die Pappteller in der Küche einzusammeln, „ich hab auch irgendwann den Überblick verloren."
„Don't do that", meinte er und deutete auf das Geschirr in meiner Hand, „tomorrow. Komm mit in die Bett."
„Aber ich bin nicht müde", ich schob die Unterlippe nach vorne und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Me, too", grinste Samu schelmisch, griff nach meinem Arm, um mich über die Schulter zu werfen und trug mich hoch in das erste Obergeschoss.
Sanft legte er mich auf das sein Bett, was nach frischer Bettwäsche roch. Er setzte sich breitbeinig auf meine Oberschenkel, zog mir die High Heels von den Füßen, beugte sich zu mir herunter und küsste sich unschuldig meinen Hals entlang, verteilte Lieblosungen auf meinem Dekolleté.
Ganz sanft, ganz zärtlich.
Ich öffnete die Augen, als er mit seinen Fingern Linien über meine Arme malte und mich angrinste.
Ich wusste, auf was es hinauslief.
Aber diese Psuedoverlobung mit Mirja beschäftigte mich unterschwellig.
Ich war mir auf Grund von Samus Reaktion mehr als sicher, dass da nicht mehr lief als Sex. Er war zu ehrlich schockiert, als das er wirklich an eine Hochzeit mit ihr dachte. Trotzdem musste sie irgendwie auf diese Idee gekommen sein.
Vielleicht hatte Samu ihr schöne Augen gemacht?
Und sie war aufrichtig verliebt?
Wie schon vor einiger Zeit?
Ich setzte mich auf und rutschte zwischen seinen Beinen weg an das Kopfteil des Bettes, zog die Beine vor die Brust und spielte mit Samus Fingern.
„Don't tell me, dass du bist in love now", mahnte er und kniete sich vor mich.
„Was?"
„Sag nicht, dass du bist verliebt."
„Ach nein", winkte ich ab und strich anschließend über seinen Daumennagel, „ich frag mich, warum du mit der schläfst."
„With Mirja?"
„Ja", ich nickte, „was sind es für Situationen, in denen du denkst, dass Sex mit ihr gut wäre?"
„You really wanna know?"
„Ja, wirklich. Nicht, weil ich mich darüber ärgern will oder so. Aber ich würde wirklich gerne wissen, warum du", ich tippte ihm auf die Hand, „ausgerechnet du mit ihr ins Bett gehst. Warum tut das nicht irgendein Typ, der genauso wenig IQ hat wie sie?"
„Danke fur die Kompliment", Samu lächelte und robbte neben mich an das Kopfteil und legte einen Arm um mich, „but warum du schläfst mit Jan?"
„Tu ich ja nicht mehr."
„But before?"
„Weil ich verliebt in ihn war."
„You see", bestätigte er und streichelte meine Schulter, „das ist eine affair oft he heart."
„Eine Herzensangelegenheit? Mirja?"
„Don't get rude."
„Du liebst sie? So richtig?"
Samu brummte und sah auf die Bettdecke.
Plötzlich kam ich mir unglaublich billig vor.
Ich saß neben einem Mann, der in eine Frau verliebt war, die den IQ eines leeren Joghurtsbechers hatte.
Und ich schlief mit ihm, obwohl er in sie verliebt war.
Offenbar ehrlich und aufrichtig.
Und ich hatte einen Freund, den ich betrog, um genau mit diesem Mann zu schlafen.
„Pfui", meinte mein Gewissen.
Wie schäbig von mir.
Eigentlich war ich nie so.
Ich war immer der Moralapostel gewesen, der alles im Griff hatte und Leuten wie mir ins Gewissen redete, weil dieses Verhalten inakzeptabel, mies, traurig, einfallslos, armselig und biestig war.
Anders, als ich sonst war.
„Hello?", Samu stupste mich an der Schulter an, „ist jemand at home?"
„Sorry", entschuldigte ich mich und rutschte zur Seite, „ich wusste nicht, dass da echte Gefühle im Spiel sind."
„Hell", er begann nach einer kurzen Pause zu lachen und strich sich die Haare nach hinten, „I should be an actor."
„Du...", ich drehte mich zu ihm und trommelte ihm mit den flachen Händen fest auf die Brust, „du bist so mies! Ich hab dir wirklich geglaubt, dass du sie liebst!"
„Because ich bin stupid und liebe die Dumpfbacke?", er schlang seine Arme um mich und vergrub mich unter sich.
„Nein, aber das war total überzeugend", keuchte ich ihm entgegen.
Samu legte das Kinn auf die Brust, wippte nur mit den Augenbrauen und strich mir anschließend eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Do you really imagine, dass ich bin really in love?", wieder lachte er, dieses Mal lauter, „mit Mirja?"
„Ja?", ich nickte, um meiner Antwort mehr Nachdruck zu verleihen.
„Ich weiß nicht, ob du kennst die Spruch „dumm fickt gut"?"
„Ist mir ein Begriff, ja", ich unterdrückte ein Lachen.
„That's all. Sie ist wie Vivianne. Sie ist da, wenn es gibt food und alcohol. For Vivianne less food. Aber sie sind nicht sehr different. No brain no gain. But you can trust me, dass du wirst damit nicht glücklich."
Auf einmal schien er nachdenklich.
Und verschlossen.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit fand er seine Sprache wieder.
„She isn't an option, um meine wife zu sein", Samu rollte von mir herunter und setzte sich wieder neben mich, „what about Jan?"
„Pf", machte ich angewidert und rutschte ebenfalls zurück an das Kopfteil, „niemals. Ich will auch nicht heiraten. Stell dir mich im weißen Kleid vor. Ich wär total blass."
„Dezember is coming", Samu zwinkerte.
„Zum Glück haben wir schon April", ironisch klatschte ich in die Hände und lehnte mich an Samus Schulter.
„Danke für die Plektrumstanzer", wechselte er das Thema und brach sich fast die Zunge, „wenn ich auf Tour vergesse, dann ich nehme einfach meine American Express und mache a new one."
„Dann musst du diese hässlichen grünen Dinger nicht in die Menge werfen", stichelte ich.
Samu sah mich an und streckte mir die Zunge raus.
„Besteht die Möglichkeit, dass du mir deine Gibson mal gibst?"
„Wofür?"
„Ja oder nein?"
„Nein."
„Ok."
Stille.
„Warum?"
„Gibst du sie mir oder nicht?"
„Sag mir, was du willst machen."
„Ich will sie draußen auf der Treppe in kleine Teile hauen."
„Ah ok", er zeigte auf die Wendeltreppe ins Studio, „choose one. Ich warte und suche die glue for later."
„Danke", ich hüpfte aus dem Bett, strich das Kleid glatt und lief schnell die Treppe empor, krallte mir oben eine der vier Gibsons, die an der Wand hingen und tippelte schnell wieder hinunter, ohne das Studio genauer wahrzunehmen. Samu hatte sein Smoking bereits geöffnet und saß im Schneidersitz, die Hände auf die Oberschenkel gestemmt, an das Kopfteil gelehnt.
„Das mach ich nur ein einziges Mal und auch nur, weil ich schon Alkohol getrunken hab", verkündete ich und setzte mich auf die Bettkante.
Samu kratzte sich am Bart.
„Was wird das?"
„Surprise", meinte ich unsicher und legte die Finger auf die Saiten, wie ich es in dem Video gesehen hatte.
E-Saite, zweiter Bund, leer, fünfter Bund, vierter Bund.
Ich holte tief Luft, und überprüfte, ob ich den Finger vor dem Schallloch auf der richtigen Saite positioniert hatte.
„Paljon onnea vaan", flüsterte ich leise und zupfte die hohe E-Saite, „paljon onnea vaan, paljon onnea Samu, paljon..."
Er beugt sich zu mir herüber und griff an den Gitarrenhals. Mein Zupfen klang plötzlich ruppig.
„Stop it", griente er peinlich berührt, „no one ever did it."
„onnea vaan", schob ich hinterher und ließ nochmal alle Saiten erklingen.
Samu nahm mir sein Schmuckstück ab, lehnte es an die Wand und setzte sich neben mich.
„Danke. Auch, wenn deine Sprache war eine Katastrophe."
„So schlimm?"
Er verzog den Mund zu einem Strich und nickte energisch mit dem Kopf.
„Tschuldige", ich zog die Schultern verlegen hoch.
„No problem", er küsste sanft meine Wange und legte die Hand auf meinem Bein ab, „ich bin Fan."
„Hör auf", blinzelte ich und neigte den Kopf zur Seite.
„Ich bin eine Groupie, Rockstar", wisperte er jetzt ganz nah an meinem Ohr und zog mit der rechten Hand den Reißverschluss meines Kleides am Rücken unendlich langsam hinunter; die andere lag noch immer auf meinem Bein.
„Das reicht, um dich zu beeindrucken?", witzelte ich.
„Sure, ich bin eine Mann", seine Lippen legten sich auf meinen Hals, „aber deine dress is auch very nice."
„Dann lass ich es vielleicht besser an?"
„Forget it."
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Just friends?
Fanfiction"[...] Wie wäre es, wenn sie immer da wäre? Wenn sie morgens neben mir aufwachen würde? Immer? Ich stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Keine Chance. Soweit hatte ich damals nicht gedacht; soweit sollte ich jetzt nicht mal ansatzweise de...