Ich wälzte mich wie die Prinzessin auf der Erbse auf der alten, durchgesessenen, mit blauem Stoff überzogenen Couch hin und her.
Karma.
Ich konnte jede einzelne Feder in meinem Rücken spüren; was mich noch unzufriedener stimmte, als die Tatsache, dass Samu mir dieses Geknutsche in Berlin verschwiegen hatte.
Das machte mich sauer und hatte mich dazu gebracht, ihn zu beschimpfen.
Aber leider hatte er recht mit dem, was er gesagt hatte.
Ich lebte gerade das Leben, welches er lebte und hatte dabei kein schlechtes Gewissen. Zudem verfiel ich wieder in mein altes Verhaltensmuster und tat und sagte Dinge, die ich so nicht gemeint hatte.
Ich hatte ihm Unrecht getan.
Samu war nicht derjenige, der seine Freundin betrog. Ich hingegen war eiskalt und schien vollkommen desinteressiert über Jans Befinden oder Verbleib.
Und leider war das genau so.
Es war mir egal, was er tat oder nicht tat.
Mein Handy lag die meiste Zeit auf irgendeinem Tisch und war lautlos. Nur selten hatte ich in den letzten Tagen darauf geschaut und nachgesehen, wer mir geschrieben hatte.
Ich schrieb lediglich mit Jan, als ich die Mails am vorherigen Abend bearbeitet hatte. Aber mehr als Smalltalk war das nicht gewesen.
Mir fehlte die Tiefe in dieser Beziehung.
Und Akzeptanz.
Ich stieß einen lauten Seufzer aus, als ich mich umdrehte und sich eine weitere Feder in meinen Rücken bohrte.
Kurzerhand schnappte ich mir die Wolldecke, ging leise die Treppe hinunter und trat –wie es der Zufall wollte- auf ein quietschendes Spielzeug der Katzen.
Ich erschrak und zuckte zusammen.
Sofort schaltete Samu das Licht ein.
„Mitä olet tekemässä?", schrie er aufgebracht und hielt sich das Herz.
„Hm?", fragte ich und hielt mir schützend die fusselige Wolldecke vor den nur in Unterwäsche gehüllten Körper.
„Bist du crazy? Was ist los?"
„Ich wollte runter auf das Sofa."
„Oben ist one? Warum du schläfst nicht da?"
„Da spür ich jede Feder."
Er verschränkte die Arme vor der nackten Brust.
„Willst du sagen, dass diese Ding upstairs ist old und broken?"
„Etwas", nickte ich, „ja."
„Und now du willst runter?"
Wieder nickte ich.
Auf die freie Seite des Bettes klopfend drehte Samu sich um und schaltete mit einem gezielten Handgriff die Lampe aus.
„Eh Samu?"
„What?", schnaubte er.
„Ich kann nichts sehen", merkte ich an.
„Follow my voice", Samu räusperte sich, „er hat ein knallrotes Gummiboot, mit diese Gummiboot fahren wir hinaus. Er hat eine knallrotes Gum..."
„Ich find es schon", unterbrach ich ihn lachend und tastete mich mit den Händen von mir gestreckt in Richtung des Bettes.
Unglaublich, dass er gar nicht wütend zu sein schien.
„Ich glaube, die Katze ist hier. Don't kill her please", nuschelte Samu in sein Kissen.
„Ehrlich?"
Der Lattenrost quietschte.
„No", Samu schaltete das Licht wieder ein, „just kidding. Only wanna see your positioning."
„Haha", stieß ich hervor, verwandelte meine „Ich könnte auf eine Katze oder ein quietschendes Spielzeug treten"-Gang in einen normalen und setzte mich mit der Wolldecke vor der Brust auf die Bettkante.
„Gut geschlafen?"
„Geht. Du?"
„Yes. Ich liebe meine bed."
„Das glaub ich", ich wippte einige Male auf der Matratze auf und ab, „in Hotels kann man sich das ja nicht aussuchen."
Er nickte und starrte mich an.
„Was?", unsicher schmunzelte ich.
„You're looking tired."
Als ich einige Sekunden nichts sagte, grinste er kurz, drehte sich wieder um, schaltete das Licht aus und murmelte ein „gute Nacht" vor sich hin.
„Schlaf gut", erwiderte ich und drehte mich ebenfalls mit dem Rücken zu ihm.
Gefühlte Stunden wälzte ich mich auch hier von links nach rechts.
Irgendetwas beschäftigte mich und raubte mir den Schlaf.
Ich wettete mit meinem Gewissen, dass es sich dabei zu 99% um das Verhalten Samu gegenüber handelte.
Das Verhalten, was er nicht verdient hatte.
Bereits als ich mich hingesetzt hatte, wusste ich, dass ich lieber reden als schlafen wollte.
Reden über das, was ich ihm an den Kopf geworfen hatte, obwohl er für die Situation –wieder- nichts konnte.
„Du hast recht", ich ließ die Lippen durch einen Luftstrom vibrieren, „ich sollte mir nicht so viele Gedanken darüber machen, was der Rest der Welt von mir will. Tut mir leid, dass ich das wieder nicht hören wollte und dich beschimpft hab."
„No problem", antwortete Samu hellwach, „ich kenne dich so. Ist das die Grund, why du roll from side to side?"
„Ich glaub schon."
„Jesus", kicherte er, „du musst haben eine deep sleep, wenn du schläfst dann endlich."
„Du kennst das ja."
„Yes."
Stille.
„Was war in Berlin zwischen uns?", fragte ich schnell, um die Gesprächspause nicht zu lang werden zu lassen.
„Du warst drunk und we kissed", ich hörte, wie er sich umdrehte und seine Stimme näher kam, „nothing more."
„Versprichst du, dass da nicht mehr war?"
„Hell, Emma. Wenn?"
„War es mehr?"
„Nein", er räusperte sich, „but wenn? So what? Es ist nothing anders, als die thing, was wir haben hier."
„Du hast recht", ich drehte mich ebenfalls zur Mitte des Bettes, „du sollst aber nicht denken, dass ich das bereue, nur weil ich nicht weiß, was passiert ist."
„Hell. It was me. Sure you don't regret."
Stille.
Wieder peinliches Schweigen.
„Kann ich in deinen Arm?" fragte ich unsicher.
Ohne mir eine Antwort zu geben, schob Samu seinen linken Arm unter meinen Kopf und rutschte näher an mich heran. Ich legte meine linke Hand auf seine Brust und drückte mich an ihn.
„Denkst du, ich bin eine Bitch?"
„Why?", sein Kinn lehnte lachend an meiner Stirn.
„Weil ich lieber mit meinem besten Freund rummache, als mit meinem Freund zu schlafen. Und weil ich dafür meine Familie anlüge."
„Wir sind friends?", fragte er verwundert.
„Samu", ich klopfte ihm auf das Brustbein, „stop kidding me."
„I thought wir sind fuck buddies", seine Stimme klang entsetzt.
Ich hob den Kopf, um –trotz der Dunkelheit- irgendwie in seine Augen zu sehen.
Woraufhin Samu gezielt die Nachttischlampe wieder einschaltete, so dass das warme Licht den Raum angenehm erhellte.
„Verarscht du mich?"
Sekunden, die sich wie Stunden anfühlten, sagte Samu nichts.
„Samu?"
„Just joking", sein Lachen hallte und seine Hand legte sich auf meine, die auf seiner Brust lag, „wir sind friends. With benefits. Ist es etwas, womit du kannst leben?"
„Womit?"
„Sex with a fucking attractive guy from Finland instead die homophobic in Germany?"
Ich dachte nach.
„Ist es schlimm, wenn ich „ja" sage?"
„No", lachte er leise, „it's ok, wenn es ist ok for you. It's your life. Your life, your choices. Was denkst du, hat Mikko gesagt nach our first meeting in November?"
Ich zuckte mit den Schultern.
„We have to talk", äffte er ihn nach, „your lifestyle isn't healty. Do sports and stop fucking mit irgendwelche girls. Talk to Emma bla bla."
„Hat er das so gesagt?", feixte ich.
„In that way, yes."
„Und dir ist es egal", kombinierte ich, „es ist dir egal, was andere Menschen von dir denken."
„You should live the same way. You did it already und dann ruft an die Verruckte und du bist in diese mood two years before."
„Mir fällt das schwer."
„I know.But nobody is hurted. Deswegen es ist ok."
„Aber die Mädels, mit denen du schläfst? Da ist doch was, oder sind das immer Fremde?"
„Ah", er küsste meine Stirn, „they're not in love."
„Aber Jan ists."
„Das ist, was er told you. Jan is homophobic and an idiot. That's ok, too."
„Danke Samu", ich streichelte ihm über den Bauch.
„Das ist meine job."
„Was?"
„Making people feel better. Feel happy."
Ich küsste seine Brust, bevor er mir erzählte, was er aus Berlin noch wusste.
Es war mir peinlich, zu was ich ihn da mehr oder weniger gedrängt hatte. Joggen zum Hotel, Knutschen im Fahrstuhl, beinahe Sex in seinem Zimmer.
Wenn er gewollt hätte, hätte er alles mit mir anstellen können.
Aber er hatte es nicht getan.
Aus Anstand oder weil er ebenfalls zu betrunken war.
Ich reagierte lockerer als erwartet auf seine Ausführungen.
Es hätte sonst jemand sein können, aber es war Samu gewesen.
Nicht irgendein Typ, bei dem ich Angst haben musste, am nächsten Morgen ohne Hände und Füße aufzuwachen.
Nur Samu.
Schlussendlich war es sogar irgendwie witzig zu hören, was ich alles tat, wenn ich betrunken war.
„Ich fühl mich happy", meinte ich und fuhr mit meinen Fingerspitzen hoch zu seinem Hals, kraulte durch seinen kurzen Bart und platzierte einen Kuss auf seinem Kinn.
Er schielte zu mir herunter.
„Really?"
Ich nickte und küsste ihn ein weiteres Mal.
„I did a good job", er winkelte den linken Arm, auf dem ich lag, an, und streichelte langsam über meine Seite.
„Hm", stimmte ich zu, schloss die Augen und legte mein linkes Bein auf seine, kuschelte mich an ihn und zog mit den Fingern Linien über seine Brust.
Vorsichtig legte Samu seine Lippen an meine Schläfe und brachte mein Herz damit zum Rasen.
Plötzlich.
Wie eine rollende Dampflokomotive.
Ich hob den Kopf und konnte das Ozeanblau seiner Augen in dem schummerigen Licht nur erahnen. Hätte er ein Hemd angehabt, hätte ich keine Minute gezögert, ihn daran näher zu mir zu ziehen.
Ich meinte ein Grinsen auf seinem Gesicht zu sehen, bevor er zaghaft meinen Mund mit seinen Lippen umschloss und mich zärtlich küsste. Er rollte sich fast auf mich, schlang seinen rechten Arm um meine Hüfte und vergrub mich unter sich. Ich fuhr mit den Händen durch seine Haare und zwirbelte die Locken am Nacken mit meinen Fingern ein, während Samu seine Zunge sachte in meinen Mund gleiten ließ.
Ich grinste, weil sein Bart kitzelte.
Dieser Kuss war anders.
Anders, als all die, die wir vorher miteinander ausgetauscht hatten.
Sanfter.
Zärtlicher.
Liebevoller.
So liebevoll, dass ich Gänsehaut bekam.
Immer wieder saugte er an meiner Unterlippe, knabberte daran und hauchte mir Küsse hinter das Ohr oder auf den Hals.
So schön ich die Situation fand und so nah ich mich ihm auch fühlte; das durfte nicht sein. Vor allem nicht, weil es nicht die erste Situation war, in der ich den Kopf zu verlieren schien.
„Hey", flüsterte ich, als Samu mein Dekolleté mit Küssen übersäte und ich so Zeit zum Reden bekam, „ich bin total müde."
„Ok", gab er kurz von sich, robbte sofort von mir runter, legte sich wieder neben mich und schaltete das Licht aus. Innerhalb von wenigen Sekunden hörte ich ihn tief atmen, während ich noch lange wach lag, um mich zu sortieren.
Ich wachte eng an Samu gekuschelt auf; in seinem Arm liegend.
Da, wo ich auf keinen Fall sein sollte, um uns –um mich- nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Langsam drehte ich mich von ihm weg und krabbelte leise zur Bettkante, als ich Samu verschlafen schmatzen hörte.
„Come back", er klopfte laut auf die Matratze.
„Ich dusch jetzt", versuchte ich mich zu retten.
„No."
„Doch."
„No", meinte er hartnäckig, griff um mein Fußgelenk und zog mich zu sich.
„Samu", lachte ich und versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien.
„Stay", säuselte er und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.
Ich schaute abwechselnd in seine Augen und auf seinen Mund.
Meine Hand schmiegte sich wie von allein an sein Gesicht.
Sein gleichmäßiger Atem beruhigte mich; schaffte es aber nicht, mich aus dieser Situation zu retten.
Ich konnte nicht wiederstehen.
Ich zog ihn am Nacken zu mir herunter und presste meine Lippen verlangend auf seine.
Er erwiderte den Kuss ohne Einwand und setzte sich auf mich, als ich sein Gesicht frei gab.
Ich stemmte mich auf die Unterarme und musterte ihn. Als er meinen schweifenden Blick auf seinem Körper bemerkte, verschränkte er die Arme vor der Brust.
„Du bist eine Spanner", schmunzelte er und kniete sich hin, so dass ich die Möglichkeit bekam, meine Beine unter ihm wegzuziehen; was ich augenblicklich tat, um mich ebenfalls hinzuknien.
Ich griff an seine Unterarme, verhakte unsere Hände miteinander und beugte mich ihm entgegen, um mir einen Kuss abzuholen. Samu hielt meine Hände während des Kusses in die Luft, legte sie um seinen Nacken und öffnete mit seinen den Verschluss meines BHs am Rücken und ließ die Hände immer wieder zwischen Schulterblättern und Po hin und her wandern.
Fester drückte ich mich an ihn und versank mit allen Sinnen in diesem Kuss.
Meine Haut kribbelte bei jeder seiner Berührungen und hinterließen ein wohliges Gefühl.
Er umarmte mich fest und ließ sich –mit mir- rücklings auf die Matratze fallen.
„Was machen wir hier?", nuschelte ich an seinen Lippen.
„Nothing wrong", antwortete er knapp und vertiefte unseren Kuss erneut.
Ich fühlte mich in Samus Armen unglaublich geborgen und sicher.
Die Welt hätte untergehen können; egal, so lange Samu bei mir war.
Noch einige Male wechselten wir die Position; rollten langsam durch die Laken und küssten uns einfach nur.
Irgendwann lag Samu hinter mir. Eine Hand hatte er unter meinen Kopf geschoben, die andere umfasste meinen nackten Busen. Er vergrub seinen Kopf in meinem Nacken und saugte die dünne Haut am Hals zwischen den Lippen ein.
Ich schloss genießend die Augen und neigte den Kopf nach vorne, um ihm mehr Spielraum zu geben. Er wechselte zwischen Beißen und intensivem Einsaugen und hinterließ mir offenbar einen Knutschfleck.
„Damit du mich nicht vergisst, wenn du fliegst today evening", wisperte Samu, küsste mich ein weiteres Mal und löste sich dann aus unserer Umarmung, um aufzustehen.
Ich hielt schützend die Wolldecke, die noch immer an der Bettkante lag, vor meine Brust und beobachtete ihn dabei, wie er in seiner Kommode herumwühlte und nach und nach eine Menge an Shirts auf dem Boden landete.
Er schien sein Sportprogramm von vor zwei Jahren überarbeitet zu haben.
Erst jetzt fiel mir auf, dass er einiges für diesen Rücken getan haben musste. Anders ließen sich diese Muskeln nicht erklären.
Aber es war nicht so viel, dass man sich als Frau schlecht fühlte, in seiner Gegenwart ein Steak mit Pommes zu essen.
Er sah gut aus, wusste das und musste sich nicht verstecken.
„Suchst du was?", fragte ich ehrlich interessiert nach und um nicht unkontrolliert anzufangen zu sabbern.
„Wait."
Er kramte weiter und warf mir dann grinsend eines seiner Oberteile zu.
„Danke", lächelte ich zurück, zog es mir schnell über den Kopf und folgte Samu in den Wohnbereich.
Das Mittagessen fiel aus, weil wir eh schon zu spät aufgestanden waren. Stattdessen schnitt ich in Unterhöschen und Samus Shirt gehüllt verschiedene Obstsorten in ein Nussmüsli, während er duschen ging und sich anzog, denn allzu viel Zeit hatten wir nicht mehr miteinander.
Und das stimmte mich irgendwie traurig.
Als er zurück in die Küche kam, legte er meine Haare über die Schulter und küsste die Stelle, an der er noch einige Minuten zuvor einen Knutschfleck hinterlassen hatte.
„Es ist big as a fist", flüsterte Samu lachend und legte die Hände um meinen Bauch, „I'm sorry."
„Tut dir nicht leid", ich ließ das Messer auf das Brettchen sinken und fasste an seine Hände.
„You're right", wieder küsste er sanft meinen Hals, „I'm not."
„Ich will nicht fahren", flüsterte ich mit geschlossenen Augen und fasste in Samus Haare.
„Die shower ist frei now", wenigstens konnte er noch rational denken, „I'm waiting for you with the wonderful dinner."
„Ok", ich ließ die Hand sinken und umklammerte wieder seine Hände, die auf meinem Bauch ruhten.
„Du musst mich lassen los", lachte er und legte das Kinn auf meinem Kopf ab.
Ich stieß einen Seufzer aus, löste die Umklammerung und wartete, bis Samu ein Stückchen zurückwich.
Das tat er nicht.
Ich drehte mich in dem dünnen Spalt zwischen ihm und der Arbeitsfläche um und konnte nicht wegsehen, als er mich mit den Augen auszuziehen drohte.
Samus Blick war so durchdringend, so intensiv, dass mir die Luft wegblieb.
„Bis gleich", stammelte ich nur und rannte die Wendeltreppe hoch, ins Obergeschoss.
Im Badezimmer drehte ich den Schlüssel im Schloss herum und stemmte die Hände auf das Waschbecken. Langsam fing er an, mich um den Verstand zu bringen.
Ich ging rüber zu dem Ganzkörperspiegel und legte die Haare über die Schulter.
Der Knutschfleck –der wirklich faustgroß war- war kaum zu übersehen.
Er hatte ganze Arbeit geleistet.
So viel MakeUp besaß ich nicht, um diesen Flatschen irgendwie zu kaschieren.
Aber vielleicht könnte Mirja mir etwas aus ihrem Beautycase abgeben.
Zu viel hatte sie auf jeden Fall.
Ich streckte die Arme in die Luft, klatschte mir auf den Po und band das Shirt hinter meinem Rücken zusammen, um zu sehen, ob mein Bauch nach dem ganzen ungesunden Essen und dem Alkohol an Samus Geburtstag immer noch einigermaßen flach war.
War er.
Zumindest unter dem Shirt.
Gerade als ich es über den Kopf ziehen wollte, stockte mir der Atem.
Das war das Shirt, welches ich Samu aus Antofagasta mitgebracht hatte.
Das Shirt der Bon Jovi-Coverband.
Wieso hatte er es nie weggeschmissen?
Oder vorher zerschnitten?
Wieso nicht verkauft?
Er hatte mich nicht vergessen.
Oder nicht vergessen wollen.
Das war komisch.
Und trotzdem.
Trotzdem grinste ich; schaltete das Wasser an, legte das Oberteil gefaltet auf die Toilette und schlüpfte unter die Dusche.
Nach dem Müsli auf der Couch fuhr Samu mit mir zum Flughafen. Ich wollte mir ein Taxi bestellen, aber er schien es von Anfang an in seine Tagesplanung eingebaut zu haben. Als ich aus dem Auto stieg, machte sich bei mir ein unfassbarer Abschiedsschmerz breit.
Ich hatte gearbeitet, gefeiert, Samus Freunde kennengelernt, die nicht zur Band gehörten, Sex gehabt und war auf dem besten Weg, mein Herz hier wieder zu verlieren.
Nicht an das Land.
Nicht an Helsinki.
An Samu.
Ich gab das Gepäck auf und ging anschließend mit Samu zu meinem Gate.
Die Hände tief in den Taschen vergraben nahmen wir auf den metallischen Bänken Platz und starrten auf das Rollfeld.
„Kannst du Niila und Felix nochmal „danke" für das Interview sagen?", meinte ich irgendwann, um die Stille zu durchbrechen.
„I'll do", nickte er, „ich frage auch, wann du bekommst die photos."
„Das wäre lieb, danke."
„No problem", er zog seine Hand aus seiner Jackentasche und verschwand in meiner um umschloss meine erkalteten Finger.
Ich seufzte und blinzelte ihn an.
Zaghaft streichelte er über meine Hand, schenkte mir ein schiefes Grinsen und sah wieder durch die große Glasfront.
Wir sagten nichts.
Immer wieder verhakte Samu seine Finger mit meinen, sah mich an und schenkte mir das Lausbubenlächeln, was mich schon vor zwei Jahren handlungsunfähig gemacht hatte.
Die Zeit verging viel zu schnell, als mein Flug aufgerufen wurde und das Boarding begann.
„Time to leave, hm?", meinte er und zog sachte unsere ineinander verhakten Hände aus meiner Jackentasche, als er aufstand.
„Danke für Kost und Logis", formulierte ich förmlich und bekam einen Kloß im Hals.
„Kommst du nach die Tour back?"
„Wenn du mich lässt."
„Lady", er wippte mit den Augenbrauen, „everytime."
„Ich schreib dir, ok?"
Samu nickte.
„I try to answer", faselte er, umschloss meine Hand und streichelte über die Nagelbetten des Daumen, „don't forget your ticket."
Ich klopfte auf die Brusttasche meiner Jacke.
Plötzlich zog er mich fest in seine Arme und schien mich fast zu zerquetschen.
„Ich wusste nicht, dass du das Shirt von der Coverband noch hast", nuschelte ich, als ich an seiner Brust lag.
„Ich auch nicht", er ging etwas auf Abstand, um mich anzusehen, kam meinem Gesicht dabei aber gefährlich nah.
Reflexartig schloss ich die Augen und merkte keine Nanosekunde später, wie er mir einen liebevollen Kuss auf die Lippen drückte.
Sein Griff um meine Taille wurde mit einem Mal wieder fester; mein Griff um seinen Nacken ebenfalls.
„Call me, wenn du bist da", raunte er in mein Ohr, als er mich losließ.
Ich nickte und steckte die Hände zurück in die Taschen meiner Jacke.
Samu zog die Kapuze auf den Kopf, strich mit den Fingern über meine Wange, verschwand in dem Getümmel der Menschenmenge und ließ mich mit einem Kloß im Hals und Schmetterlingen im Bauch zurück.
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Just friends?
Fanfiction"[...] Wie wäre es, wenn sie immer da wäre? Wenn sie morgens neben mir aufwachen würde? Immer? Ich stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Keine Chance. Soweit hatte ich damals nicht gedacht; soweit sollte ich jetzt nicht mal ansatzweise de...