Kapitel 5

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Amber ließ 2 Tütchen Zucker auf den Tisch gleiten und stellte mir meinen Cappuccino hin. Wir waren im Café in der Nähe meiner Schule. Ich war immernoch ziemlich angesäuert, dass Amber mich 20 Minuten vor ihrer Haustür hat warten lassen, weil sie verdammt nochmal nicht wusste, welche Jacke sie anziehen sollte. Sie entschied sich für die, die sie fast immer trug. Was eine Ironie. 

"Danke.", sagte ich und nahm meine Tasse mit dem aufgeschäumten Heißgetränk. "Zucker schon drin?"

Amber ließ sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen "Nein, Prinzessin. Sei froh, dass ich dir den Kaffee überhaupt bezahle."

Ich funkelte sie an "Hast du eben Pech, wenn ich dir sage du sollst um 15 Uhr draußen sein, weil ich keine Lust auf Warten habe, meine ich das Ernst. Und außerdem hätte ich die 3 $ auch selbst bezahlen können."

Amber fing an zu lachen "Nein nein, ist schon Okay. Aber es ist soooo schwer, passende Jacken zu finden. Mein Blazer ist einfach ein Naturtalent! Er passt sich allem, was ich trage, an"

Ihre blonden Korkenzieherlocken wippten auf und ab, als sie anfing zu lachen und darauf fing auch ich an zu lachen. Das Mädchen hat ein doppelt so großes Ankleidezimmer wie Ich, aber trotzdem tat sie sich so schwer.

Heute hatte sie ein langes rotes Jerseykleid an, dass sie als langes Oberteil benutzte und dazu eine Leggings trug. Wer hier Kleider ohne was drunter in der Öffentlichkeit trägt, hat eindeutig nicht alle Tassen im Schrank. Amber ist eigentlich immer sehr elegant gekleidet. Im Sportunterricht hat sie auch so ihre Eigenarten. Im Gegensatz zu mir. Ich zog mich immrer normal an. Das, was ich in die Finger bekam hatte ich an. Manchmal fiel es mir schwer, weil ich die Klamotten hinten in den Schränken nicht vernachlässigen will, aber normalerweise sieht man mich nie richtig aufgebrezelt. Ich achte wie jeder Andere auch auf mein Aussehen, aber was zu viel ist, ist  zu viel. 

Langsam legte ich beide Hände um die große Tasse meines Cappuccinos und nippte langsam daran, dann ließ ich es aber doch sein, weil der Kaffee doch noch ziemlich heiß war und verzog mein Gesicht. Wie immer fing auch Amber an zu lachen.

"Ach, Eve. Du Tollpatsch, Kaffee ist halt heiß!", zwinkerte sie mir sarkastisch zu. 

Genervt sah ich sie an "Nein, was du nicht sagst. Das nächste Mal bitte mit Eiswürfeln."

Sie verdrehte die Augen, wollte etwas sagen, aber dann schaute sie sich im Café um. Wir beide saßen in der Nähe der Theke auf zwei Sesseln. Amber schaute einen Typen an, der an der Theke stand. Wir sahen nur die durchtrainierten Schultern, die aus der Hosentasche einen schwarzen Ledergeldbeutel zogen. Er bezahlte mit einer Kreditkarte, die nach Visa aussah. Ich besaß die gleiche. 

Der Typ, dessen Gesicht wir nicht kannten, scheinte sehr viel Kaffee zu bestellen. Er hatte ca. 12 Becher Kaffee in einem Tragebehälter aus Pappe. 

Amber stellte ihren Kaffee wieder auf den Tisch, nachdem sie trank. Wie kann es sein, dass ihr Kaffee genießbar ist aber meiner nicht?  Wir hatten genau das Gleiche bestellt! Sie hat wirklich eine Zunge aus Stahl.

Ich spürte Ambers Blick auf mir ruhen, ich aber starrte immernoch auf den muskulösen Rücken, der ein schwarzes Langarmshirt trug und eine Washed-Jeans in hellblau anhatte. 

Wann dreht er sich um?

Mein Blick wand sich ab, als Amber provokant anfing zu Pfeifen. Ich hasse es, wenn jemand pfiff. Meine Ohren bekamen Gänsehaut, wenn auch jemand ansetzte, ein Pfeifen auszustoßen. Und sie wusste das. Sie tat das immer, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Das gelang ihr.

"Was?", fragte ich genervt.

"Na, wer ist denn der Süße da?", fragte sie mich leise.

Ich nahm die Hände von meinem Kaffe und winkte ab "Keine Ahnung. Ist mir auch eigentlich relativ egal."

"Sieht nicht so aus", gab sie in einem Sprechgesang von sich, schielte kurz hinter sich und sah, dass der Typ an uns vorbei zum Ausgang kam. Sie biss sich die Zähne zusammen und kicherte.

Und dann sah ich ihn. Er hatte blaue Augen, die leuchteten und schön geformte Lippen. Seine Haut war rein und leicht gebräunt, aber nicht so viel. Es sah dafür, dass wir in Seattle waren, sehr gut aus. Seine Haare waren oben etwas mit Gel zur Seite frisiert und an den Seiten waren sie etwas kürzer rasiert. Sein Blick war irgendwie emotionslos und leer. Er war am träumen.

Und dann schrie Amber auf. Es geschah so schnell.

Ihr Kaffee flog auf den Boden und ein Krachen ertönte. Die Tasse zerbrach in tausende Scherben und Amber schrie los.

"Sag mal du dummer Spinner? Hast du Augen im Kopf oder siehst du eigentlich, dass dort eine verdammte fette Tasse Cappuccino steht?" 

Der Typ, der eben noch an der Kasse stand, stand nun neben meinem Sessel und schaute auf das, was geschah. Irgendwie hat er Ambers Tasse umgeworfen. Mein Kopf drehte sich zu ihm um. Ich schaute ihn nachdenklich an.

Er stand nur da für ein paar Sekunden, dann zogen sich jedoch seine Augenbrauen zusammen und er sah wütend aus.

"Ist es meine Schuld, wenn du deine dumme Tasse Cappuccino an den Rand des Tisches stellst, obwohl hier Leute vorbei laufen könnten?" sagte er in einem lauten, bestimmenden Ton. Seine Stimme war eigentlich schön. Nicht zu tief, nicht zu hoch. 

"Also wenn du denkst, dass ich diese Pfütze wegwischen werde, hast du dich geirrt. Du kannst deinen Arsch jetzt zur Theke bewegen, einen Lappen holen und mir gleich einen neuen Caramel Cappuccino bestellen, aber schnell."

Amber schrie jetzt lauter und ich merkte, wie alle Leute, die hier saßen uns anstarrten. Hat sie denn keine Selbstbeherrschung?

"Amber, hör auf zu-" setzte ich an, doch ich wurde unterbrochen.

"Nein, tue ich nicht. Dieser Schnösel soll sich nicht zu fein sein, das Zeug dort wegzuwischen. Und die Tasse darf er auch bezahlen!" Amber war außer sich vor Wut.

"Die Leute..." , sagte ich ruhig und schaute mich um. Alle schauten und ein Mitarbeiter stand dort mit Schippe und Besen, um die Scherben aufzukehren.

Der eingebildete Junge schaute auf seine Uhr und holte dann seinen Geldbeutel aus der Hosentasche.

Er gab Amber 15 $ in die Hand.

"Da, hör zu. Ich habe gleich ein wichtiges Basketball-Match, Miss Amber. Wenn dir das nicht genug ist, hast du Pech.", hörten wir ihn nurnoch sagen und dann verschwand er durch die Tür.

"Jetzt weiß ich, warum er mir so bekannt vorkommt. Der Penner geht in meinen Französischkurs!", schimpfte Amber  "Er kriegt das noch zurück!"

Wahrscheinlich hat Amber das was er eben von sich gab, vergessen. "Da, hör zu. Ich habe gleich ein wichtiges Basketball-Match".

Ich denke, sie wird heute noch sehr wütend.

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