Kapitel 42

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Minuten des Schweigens vergingen und ich fühlte mich wie ein Versuchsobjekt. Ben starrte mich mit einem undefinierbaren Blick an und schüttelte leicht den Kopf. Ich habe ihm alles erzählt von dieser Nahtoderfahrung. Seitdem saß er da, starrte mich an und sagte nichts. 

"Evie" kam er nun vorsichtig zu Wort "Du hast dich verletzt und im Koma gelegen. Dir war das alles zuviel und deswegen hast du bestimmt halluziniert"

Bei seinen Worten spürte ich, wie sich mein Herz zusammenzog. Ich habe mir erhofft, dass er mehr Verstädnlichkeit zeigt und nicht solche Sachen behauptet.

Die Tränen stiegen mir wieder ins Gesicht und ich suchte Argumente zusammen, die beweisen, dass es echt war.

"Aber es hat sich so echt angefühlt! Der Ort war auch real und er wusste wie viele Tage ich geschlafen habe. Er wusste auch, dass die Sonne untergegangen war und was passiert ist. Er wusste alles."

"Tut mir Leid Evie, aber ich bin ehrlich zu dir." setzte er an "Du hast wahrscheinlich in deinem Unterbewusstsein halluziniert. Jeremy ist tot. Jeremy ist irgendwo anders, aber nicht real und nicht in deinem Kopf. Du hast viel durchgemacht, du wurdest betrogen. Danach bist du in Ohnmacht gefallen, aus der du nicht aufgewacht wärst, hätte ich dich nicht gefunden. Ich selbst weiß nicht was nach dem Tod ist, aber ich glaube nicht, dass Jeremy real war. Tut mir Leid."

Ich konnte nicht glauben, was er da sagte. Gut, wahrscheinlich hat er ja sogar Recht. Aber das alles war so schön, dass ich trotzdem hoffe, dass es real war. Diesen Triumph darf ich ihm aber nicht gönnen. Er darf nicht wissen, dass er wahrscheinlich Recht hat.

"Denk, was du willst" maulte ich ihn nun and und mein Blick war böse "Ich glaube, dass es echt war und ich wäre jetzt lieber gestorben, um bei ihm zu sein statt hier bei euch allen. Er sagte, dass wenn ich sterbe, ich für immer mit ihm an diesem schönen Ort verbleiben könnte und es gäbe nun nichts schöneres als das. Wozu diese ganze Scheiße hier? Mein Kopf pocht wie sonst was, ich könnte wieder kotzen, wenn ich an Matthew und Clara denke und du hilfst mir auch nicht weiter. Und ihr denkt wirklich, mich wiederbeleben zu lassen sei gut."

Nun stand er auf und schaute mich wütend an. Ich presste meine Lippen aufeinander, weil ich realisierte, dass meine Worte ziemlich hart waren.

"Wow, Evelynn" lachte er sarkastisch auf "vor ein paar Wochen dachte ich noch, dass du dieses Arschloch endlich vergisst und glücklich werden kannst. Ich hatte sogar die Hoffnung, dass du und ich eine Zukunft miteinander haben könnten. Verdammt, fünf Tage habe ich nichts anderes getan und hier vor diesem Bett gesessen und auf dich aufgepasst! Und das ist der Dank dafür? Hier sind Leute die dich lieben! Deine Eltern, deine Geschwister. Was ist mit mir und deinen anderen Freunden? Das willst du alles für eine Halluzination aufgeben? Du wärst lieber tot als mit uns allen? Na super. Jetzt weiß ich wie wichtig ich dir bin"

Ich öffnete meinen Mund um etwas zu sagen, aber ich wusste nicht was.

Schluchzend vergrub ich mein Gesicht zwischen den Knien und weinte dort hinein.

Ich hörte noch, wie Ben die Tür zuknallte und sofort spürte ich die Einsamkeit, die mich umgab.

Was ist los mit mir? Wieso verletze ich Leute, die mir wichtig sind?

Ich liebe doch meine Familie und ich liebe meine Freunde. Man, bin ich dumm.

Aber das war alles so schön mit Jeremy. Der schöne Duft vom Meer und die Vollkommenheit, die alles umgab. So muss sich wirklich der Himmel anfühlen.  Seine Hände an meinem Körper, sein Blick in meinen Augen. Es wäre so perfekt.

Kaum konnte ich nur einen Gedanken an Jungs verschwenden, bekam ich eine McDonaldstüte vor meine Nase geknallt und Amber ließ sich genervt auf den Stuhl,der neben meinem Bett war, fallen. Joshua war grade am Telefonieren und ging wieder raus vor die Tür. Die eine Wand war voll mit Fenstern, die in den Gang reichten. Man sah mich dort wie in einem Zoogehege.

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