Kapitel 7

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Ich beschließe meine Mutter noch mal zur Rede zu stellen. Irgendwann wird sie schon mit der Wahrheit rausrücken.

Doch als ich nach Hause komme, ist meine Mutter nicht da. Ich wundere mich, weil sie eigentlich immer um diese Zeit da ist.

Irgendwann habe ich keine Lust mehr zu warten und deshalb gehe ich ins Bett. Aber ich nehme mir vor, sie noch mal zu fragen. Ich habe nämlich vergessen sie zu fragen warum sie sich getrennt haben. Vielleicht sollte ich meine Mutter erst noch mal beobachten bevor ich sie zu Rede stelle?  

Aber ich komme auch am nächsten Morgen nicht dazu, denn ich finde sie nirgends.

Sabrina ignoriert mich wirklich. Ich gehe in der Pause zu ihr hin und frage sie ob ich mir ihr reden kann.

Eine Minute später stehen wir uns gegenüber und sie schaut mich erwartungsvoll an.

 „Ich will mich entschuldigen. Das war dumm von mir,  ich kann dich ja verstehen. Bitte verzeih mir! Können wir wieder Freundinnen sein?“ Ich sehe sie flehend an. Doch zu meiner Enttäuschung schüttelt sie nur den Kopf und geht wieder.

Was soll das? Warum nimmt sie meine Entschuldigung nicht an?

Heute nehmen wir bei Frau Maus, unsere Klassenlehrerin ein Gedicht durch. Aber ich kann mich nicht darauf konzentrieren. Als Frau Maus mich auffordert, das Gedicht vorzulesen schrecke ich zusammen. Am Anfang holpere ich und bekomme kaum einen Satz ganz fehlerfrei hin. Doch nach einer Weile lese ich relativ flüssig. Von allen Seiten bekomme ich argwöhnische Blicke zugeworfen. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken. Die Stunde kommt mir ewig vor, sie will nicht vorüber sein. Ich bin froh, als sie endlich vorbei ist.

Auf der Heimfahrt, im Bus kommt Sabrina zu mir und setzt sich neben mich.

 „Es tut mir leid! Bist du noch sauer auf mich? Bitte verzeih mir!“

„Natürlich! Was denkst du denn? Vorhin hörte ich … ah ich hör auf!“, ich lächle sie an. Sie lächelt zurück.  

 „Du lernst schnell!“

Jetzt darf ich sogar außerhalb der Schule lernen! Das finde ich nicht sehr nett von ihr. Immerhin sind wir wieder Freundinnen.

Wir quatschen noch ein bisschen bis Sabrina aussteigen muss. Wir verabreden uns noch für später, wir wollen uns am Waldrand treffen. Da ist ein kleiner See. Bis jetzt hatten ihn noch nicht so viele Leute entdeckt, da ist nie viel los. Es ist ein eine Art Lichtung, es ist dort sehr schön. Ich mag den Ort. Wir gehen eigentlich jeden Sommer öfters mal dort hin.

Ein wenig wundere ich mich als ich nach Hause komme und meine Mutter am Esstisch sitzt und ein Auflauf vor ihr steht.

 „Ich will mit dir reden. Bitte setzte dich.“ Was soll das werden? Über was will sie mit mir reden? Ich habe das Gefühl, dass es ein ernstes Gespräch wird. Aber daran kann ich nicht denken, dafür habe ich zu großen Hunger.

Ich will mir gerade schöpfen als mich meine Mutter davon abhält.

„Ich will zuerst mit dir reden.“

 „Aber mum! Ich habe Hunger! Und außerdem wird das Essen kalt.“

Ich schöpfe mir einfach, egal was jetzt meine Mutter tut oder sagt. Anscheinend hat sie sich es doch noch mal anders überlegt. Sie fängt auch an sich zu schöpfen.

Wir essen schweigend. Ich will gerade auch nichts von ihr hören oder selber nichts sagen. Als wir mit dem Essen fertig sind, fängt meine Mutter mit dem reden an: „Ich muss dir etwas sagen. Es geht um deinen Vater. Und um mich. Warum wir uns getrennt haben.“

Sie wartet darauf dass ich etwas sage aber ich weiß nicht was ich sagen sollte. Deshalb schaue ich sie nur erwartungsvoll an. Als sie das merkt redet sie einfach weiter:  „Also gut… ich habe erfahren, dass dein Vater eine Affäre hat. Oder hatte. Ich weiß nicht ob er noch mit ihr zusammen ist.“

Ich kann meinen Ohren nicht trauen! Mein Vater soll eine Affäre haben? Da gibt es nicht.

„Was!? Und wie hast du es erfahren? Ist das wirklich wahr?“, entgegne ich entgeistert.

 „Ja, ich bin mir sicher! Er hat es sogar zugegeben. Eines Tages war ich am Computer deines Vaters. Er hatte vergessen einen Ordner zu schlissen. Ich wunderte mich wie er das vergessen konnte und was das war. Ich öffnete den Ordner.“

Ich höre gespannt zu. Weint sie? Ich will gerade etwas sagen als meine Mutter weiter redet: „Da waren viele Malis. Ich öffnete die erste:

Ich vermisse dich! Ich würde dich gern berühren. Dich küssen. Dich du weißt schon … Du musst deine Familie für mich verlassen! Du hast mir das versprochen….

Ich liebe dich! Du gehörst mir! Mir allein, sonst niemanden!“  

Ihre Stimme bricht. Jetzt schluchzt sie richtig. Ich nehme sie in den Arm. Mir kommen jetzt auch die Tränen. Ich dachte nicht, dass meine Mutter meinen Vater noch so liebt.

 „So geht es immer weiter. Wenn du denn Beweis haben willst, kannst du es selber lesen. Ich habe immer weiter gelesen. Anfangs habe ich versucht, so weiter zu machen wie vorher. Ich konnte es nicht glauben. Doch ich schaffte es nicht. Durch sein Verhalten bestätigte es sich. Er war immer weniger Zuhause, er war nicht mehr so nett, er wurde immer abwesender. Ich habe es nicht mehr ausgehalten. Eines Tages stellte ich ihn zur Rede. Nach einer Weile gab er es zu. Das war das schlimmste für mich, ich hatte immer die Hoffnung er würde nur belästigt werden und er hätte kein Interesse. Aber meine Hoffnungen wurden zerschlagen als er es zugab.“

Ich sitze wie versteinert da. Ich kann es nicht glauben.

„Und was stand sonst noch so in den E-Mails?“, frage ich sie.

„So wie die die ich dir gesagt habe, so geht es immer weiter.“ Ich kann es jetzt immer noch nicht fassen.

„Und was war der Anruf in der Nacht vor einer Weile?“

„Das kann ich dir nicht erklären. Noch nicht. Es tut mir leid.“ Ohne noch etwas zu sagen stehe ich einfach auf. Meine Mutter sagt etwas, doch ich bekomme es nicht mehr mit. Ich bin wie gelähmt. Ich gehe an den Computer von meinem Vater und schalte ihn an. Als er hochgefahren ist, kommt sofort der Ordner. Ich lese ein paar E-Mails. Ich kann nicht glauben was die beiden geschrieben haben! Ich wähle irgendeine E-Mail aus die mein Vater von ihr bekommen hat:

 „Ich halte es nicht mehr ohne dich aus. Du liebst mich doch. Das hast du mir doch gesagt. Und du hast mir versprochen dass du deine Frau verlässt. Für mich! Ich liebe dich.“

Mein Vater spielt mir hier die heile Welt vor! Plötzlich kommt ein Briefumschlag. Ich öffne ihn, die E-Mail ist von ihr.

Aber das Datum ist schon 2 Wochen alt. Was soll ich machen? Soll ich sie lesen?
Aber wenn ich sie lese dann sieht er es wenn er denn Ordner öffnet. Aber er weiß ja dass es mum weiß. Also öffne ich sie. Ich fange an zu lesen.

Wer sind Sie? Warum hat meine Frau solche E-Mails an sie verschickt und von Ihnen bekommen? Das ist ja widerwärtig! Ekelerregend!

Das war ungefähr als die Frau ermordet worden ist. Ist das die Frau? Ich schaue auf das Datum der E-Mails. Alle von ihr sind ca. zwei Wochen alt. Aber die von Dad sind noch nicht so alt. Er hat ganz viele geschrieben. Er hat sich wohl Sorgen gemacht. Ich schreibe nichts. Ich traue mich nicht noch mehr zu machen. Ich fahre den Computer wieder herunter und gehe in mein Zimmer.

Meine Gedanken drehen sich in meinem Kopf. Was ist mit dieser Frau? Ist das die ermordete Frau? Hat Dad oder mum etwas damit zu tun? Oder John? Oder sogar alle?

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt