Kapitel 45

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Heute ist Dienstag, ein Tag vor der Übergabe. Ich stehe auf und gehe ins Wohnzimmer, dort finde ich auch meinen Bruder. Dort schaut er sich ein Video an. Was ist das für ein Video? Schneller als ich genauer schauen kann was das für ein Video ist, hat er es schon ausgeschalten.

„Was war das für ein Video?“, frage ich ihn.

„Ach, kein besonderes.“ Warum sagt er mir nichts genaueres? Und warum musste er das Video so schnell ausmachen wenn es doch kein besonderes ist? Das macht doch alles keinen Sinn.

„Warum hast du es dann so schnell ausgemacht?“

„Warum nicht? Ich dachte, dass wir dann in Ruhe reden können.“ Wollte er mit mir über etwas Bestimmtes reden? Ich denke nicht weiter darüber nach und nehme mir einfach die Fernbedienung.

„Du hast doch bestimmt nichts dagegen, wenn ich mir das Video anschaue, oder?“ Mein Bruder will mir die Fernbedienung aus der Hand reißen, doch ich bin schneller als er, weil ich es fast erwartet habe. Mittlerweile läuft das Video und ich erkenne jetzt erst was das für ein Video ist. Amelie kommt darin vor, sie ist sogar die einzige Person die darin vorkommt. Das Video hat wohl der Entführer gemacht. Aber warum? Amelie ist mit Fesseln und was weiß ich am Bett gefesselt. Wenigstens hat sie kein Klebeband auf dem Mund kleben. Ich kann es mir trotzdem nicht anschauen. Wie kann nur jemand so brutal sein? Nur wegen Geld? Hätte es keine andere Möglichkeit gegeben? Am Schluss sagt ein Mann, in ganz schwarz mit einer Maske gekleidet, was er fordert. Wir müssen Amelie retten, sie dort rausbringen. Unbedingt. Sie soll morgen wieder an die frische Luft können. Das bin ich ihr schuldig.

 Es ist Mittwoch. Der Tag der Übergabe. Bis jetzt bin ich noch relativ ruhig. Doch die Nervosität wird aber noch kommen. Da bin ich mir sicher. In 15 Minuten muss ich los. Mein Bruder kommt mit. Eigentlich bin ich froh darüber. Schneller als ich schauen kann, sind die 15 Minuten rum und wir machen uns auf den Weg.

„Bist du aufgeregt?“, fragt mich mein Bruder.

„Natürlich und du?“

„Ehrlich gesagt? Ja.“ Amelies Vater steht schon da als wir ankommen. Ich schaue mich genauer um. Wir stehen auf einem Art Packplatz und der Boden besteht aus Schotter. Außen herum ist Wald und es führt ein kleiner Weg in den Wald. Warum hat er den Platz hier ausgesucht? Hauptsache schön einsam, oder was? Ist Amelie hier irgendwo? Wenn ja, wo? Im Wald? Ganz wo anders? Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht gemerkt habe, dass Amelies Vater zu uns kam. Ihre Mutter sehe ich jedoch nicht. Ich schaue genauer ins Auto rein. Dort sitz sie und sieht ängstlich zu uns rüber. An ihrer Stelle wäre ich auch ängstlich, ein bisschen bin ich es auch. Ich reiße mich vom Auto los und konzentriere mich auf mein Bruder und Amelies Vater.

„Wann kommt er?“, fragt gerade Amelies Vater.

„In ca. 10 Minuten.“

„Okay.“ Die nächsten Minuten vergehen schleichend und sie wollen einfach nicht vorbei gehen. Endlich kommt er. Wow. Er sieht sogar noch schlimmer und gefährlicher aus als ich ihn mir vorgestellt habe. Arme Amelie. Er ist voll mit Tattoos und er hat eine Glatze. Er trägt ein Nasenpiercing und er hat eine kleine Kette von der Nase bis zum Ohr laufen. Er sieht mir nicht wirklich sympathisch aus und ich will ihn nicht als Feind haben.

„Habt ihr das Geld? Und wer ist das?“ Er kommt wenigstens gleich auf den Punkt. Währenddessen zeigt er auf Amelies Vater.

„Ich bin der Vater von Amelie.“

„Okay. Habt ihr das Geld?“

„Ja, aber zuerst will ich Amelie.“, sage ich.

„Das könnt ihr vergessen. Niemals, sonst haut ihr ab bevor ich das Geld habe.“

„Und was wenn wir versprechen, Ihnen das Geld zu geben?“

„Nein habe ich gesagt!! Keine Wiederede!“

„Okay.“, sagt mein Bruder und reicht ihm das Geld. Erschrocken sehe ich ihn an. Er bemerkt mein Blick und schüttelt nur mit den Schultern. Was soll das denn jetzt?! Ist es ihm egal ob wir Amelie finden oder nicht? Bin ich ihm so egal? Kenne ich meinen Bruder überhaupt noch? Ist er wirklich so kalt geworden? Ich versuche die aufsteigende Wut und Verwunderung hinunter zu schlucken und mich auf den Entführer zu konzentrieren. Schließlich kann ich meinen Bruder auch noch später damit konvertieren.

„Wo ist Amelie?“, versuche ich so kalt wie möglich zu fragen. Ob es mir gelungen ist, kann ich nicht sagen. Sein Mund verzieht sich zu einem dreckigen Grinsen. Warum grinst er so dreckig? Hat er etwa…? Hoffentlich nicht.

„Wo ist sie?“, wiederhole ich. Er antwortet immer noch nicht. Warum nicht? Mein Bruder steht seelenruhig neben mir als ihm das überhaupt nichts angehen würde. Wie kann er nur so ruhig bleiben? Amelies Vater geht einen Schritt vor und hebt seine Hand zur Faust hoch. Was hat er vor? Ich muss mich echt beherrschen um nicht los zu lachen, denn es sieht ziemlich lächerlich aus.

„Sag, mir, wo meine Tochter ist!“, presst er aus seinen Mund heraus. Soll das bedrohlich wirken? Wenn ja, bewirkt es eher das Gegenteil.

„Ich sag euch erst wo sie ist, wenn ihr euch beruhigt habt und nicht mehr so nervig oft fragt wo sie ist.“ Uns beruhigt haben? Wie soll ich ruhig bleiben können? Ich versuche meine Wut zu erdrücken und beruhigt auszusehen. Hoffentlich wird er mir es abnehmen. Amelies Vater lässt die Hand wieder sinken. Der Mann sagt nach gefühlten Stunden endlich etwas.

„Im Wald gibt es eine kleine Hütte. Dort ist sie…“ Mehr bekomme ich nicht mit, weil ich so schnell wie ich kann in den Wald renne, um dort die Hütte zu suchen.

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt