Kapitel 49

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„Bitte, ich flehe dich an. Verzeihe mir. Ich liebe dich.“ Jetzt fange ich richtig an zu weinen. Kann man einfach so ein Geständnis ignorieren? Nein, das kann man nicht.

„Ja.“, sage ich ganz leise zwischen meinen Tränen. Hat er es gehört?

„Du wirst es nicht bereuen.“ Während er das sagt, lächelt er leicht.

John kommt jeden Tag vorbei und sieht nach mir, er bleibt immer so lange wie es geht. Er hilft mir und mir geht es auch immer besser. Ich komme immer mehr aus meiner Trance heraus und ich mache auch schon wieder viel mehr. Aber ich habe keine Ahnung warum genau er das hin bekommt oder wie er es macht. Es ist mir aber auch egal, vielleicht werde ich es irgendwann herausbekommen. Ich bekomme es gar nicht so richtig mit. Ich merke nur, dass ich immer lebendiger werde und wieder viel mehr mitbekomme und ich endlich wieder reden kann. Es ist so schön wieder reden zu können. Man kann sogar fast sagen, dass John mich gerettet hat. Ich weiß, dass hört sich zu Märchenhaft und kitschig an, doch so ist es. Seitdem John zu mir kam und mich um Verzeihung gebeten hat, lebe ich wieder. Ich fühle mich freier und ich habe wieder Kontrolle üben meinen Körper. Vorher hat er gemacht was er wollte und ich konnte nichts dagegen machen. Ich traue mich zwar noch nicht aus dem Haus, aber aus meinem Zimmer und jetzt bin ich wieder voller Hoffnungen und bin gespannt, was mir die Zukunft noch bringen wird. So langsam habe ich auch wieder ein Zeitgefühl. Ich wusste nie wirklich ob es Tag oder Nacht war. John versteht sich jetzt auch viel besser mit meinen Eltern. Meine Mutter konnte genau wie ich ihm verzeihen und bis jetzt habe ich es noch nicht bereut. Ich merke auch, wie es meinen Eltern besser geht. Bis jetzt vermeiden wir, so gut wie es eben geht, über die Entführung und die Zeit danach zu reden. Doch ich weiß, dass wir es müssen. Sonst steht das Thema immer zwischen uns. Was ich total schwachsinnig finde. Komischerweise kommt Sabrina fast nie vorbei. Warum nicht? Haben meine Eltern ihr nicht gesagt, dass es mir besser geht? Ich werde sie fragen müssen. Ich laufe nach unten und suche sie. Ich finde sie in der Küche während sie etwas warmes Trinken. Ich setzte mich hin und lehne die angebotene Tasse Tee ab.

„Wisst ihr, was mit Sabrina ist?“

„Nein, wir haben gesagt, dass es dir besser geht. Doch sie meldet sich nicht mehr. Aber das wird sie sicherlich bald.“ Ich hoffe es. Es entsteht eine unangenehme Stille.

„Wir müssen darüber reden. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt.“, sage ich.

„Was meinst du?“ Stellen sie sich nur so dumm oder sind sie es wirklich?

„Ihr wisst was ich meine.“

„Amelie hat Recht.“, mischt sich meine Mutter ein. Danke, mum.

„Wo sollen wir nur anfangen?“, erwidert mein Vater.

„Ich kann anfangen.“ Ich mache eine kleine Pause und rede dann weiter. „Für jeden von uns war die Entführung, wie soll ich sagen? dramatisch, schrecklich. Für euch, weil ihr euch Sorgen um mich gemacht habt und für mich, weil es einfach unerträglich war und ich nicht wusste ob ich überlebe und ich nicht wusste, was er mit mir vorhatte. Zum Glück hat er nichts Schlimmes gemacht. Ich war so erleichtert, als ich befreit wurde. Doch ich konnte dieses Erlebnis einfach nicht verarbeiten und meine größte Angst war und ist es immer noch, dass es sich wiederholt. Ich konnte einfach nichts machen. Wahrscheinlich könnt ihr es euch nicht vorstellen.“ Minutenlang sagt niemand etwas. Meine Mutter bricht das Schweigen.

„Doch, ich kann es.“ Ich bezweifle es sehr.

„Bist du dir das sicher? Weißt du wie es ist, wenn dein Körper einfach etwas macht und du nichts dagegen machen kannst? Wenn aus deinem Mund keine Wörter heraus kommen und du selber nicht weißt warum? Du einfach nur rumliegst und keine Ahnung hast, wie viel Uhr es ist oder ob es Nacht oder Tag ist? Ich hatte jede Nacht denselben Albtraum! Mir war alles egal, ich wollte nur, dass alles aufhört und ich irgendwie einigermaßen mit dem Ereignis klar komme. Doch ich komme immer noch nicht damit klar und möglicherweise werde ich das nie! Wenn du nicht mal genau weißt, warum das so ist und wie du damit umgehen sollst. Weißt du wie es ist, bei jedem noch so kleinen Geräusch zusammenzuschrecken und einfach nur sau Angst hast, dass er wieder kommen könnte und dich mitnehmen? Ich werde wahrscheinlich nie wieder richtig leben können! An manchen Tagen geht es mir richtig gut und ich bin fast dabei das Haus zu verlassen, weil ich es nicht mehr aushalte nur noch hier drinnen zu sein. An anderen Tagen fühle ich mich dann jedoch so schlecht und breche fast vor der Angst zusammen und traue mich so gut wie nicht aus meinem Zimmer. Ihr wisst nicht wie das ist und werdet es auch nie ganz verstehen können. Ihr denkt, dass ihr es versteht könnt. Allerdings ist das nicht so!“

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt