Kapitel 54

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Amelies Sicht

Als John wieder von dem Gespräch mit seinem Bruder kommt, sieht er ein bisschen Traurig aus. Anscheinend war es hart. Ich sehe ihn etwas besorgt an und frage ihn, ob es einigermaßen geht. Er antwortet einfach nur mit einem „Ja“.

Nach ein paar Sekunden redet er weiter.

„Hör zu.“ Das hört sich nicht wirklich gut an. Es hört sich fast so an, als er mit mir Schluss machen will. Mit jeder Sekunde die vergeht, wächst meine Angst. Wenn er wirklich mit mir Schluss machen will, dann würde ich es nicht aushalten. Mir geht es zwar deutlich besser seit der Entführung, aber meine Wunden sind noch lange nicht geheilt.

„Ich muss einfach alleine sein, okay? Ich melde mich bei dir.“, redet er weiter. Ich atme erleichtert aus. Wenn es nur das ist. Ich kann ihn sehr gut verstehen. Aber irgendwie ist er kalt und auch ein bisschen abweisend. Will er mich nur hinhalten und später alles beenden, weil er sich jetzt nicht traut? Ich hoffe es nicht.

„Ist zwischen uns alles okay?“, frage ich ihn ganz leise und am Schluss bricht meine Stimme fast weg. Ich habe Angst vor der Antwort.

 „Natürlich, du musst dir keine Sorgen machen.“ Er sagt das so, als das Selbstverständlich wäre. Ist es irgendwie ja auch ein bisschen, aber man sollte nie etwas für selbstverständlich halten. Man kann das selbstverständliche am leichtesten Verlieren, denn es ist immer da und man kümmert sich möglicherweise nicht mehr so gut wie am Anfang darum.

„Bitte betrinke dich nicht.“, bittet ich ihn. Am Nächsten Tag wäre er nur schlecht drauf und bringen würde es auch nichts.

„Nein, werde ich nicht.“

„Verspreche es mir.“ Das muss einfach sein. Sonst würde er es wirklich machen. Aber wenn er es wirklich machen will und ihm danach ist, wird ihn das wahrscheinlich trotzdem nicht davon abhalten.

„Ich verspreche es.“ Hoffentlich enttäuscht er mich nicht. Ich murmle ein kleines „Danke!“ John beugt sich etwas vor und gibt mir einen kleinen Kuss auf die Stirn. Warum fühlt es sich wie einen Abschied an? Schneller als ich schauen kann, ist er verschwunden. Nur mit viel Mühe schaffe ich, dass ich nicht weine. Wieso muss zwischen uns immer alles so kompliziert sein und warum kann nicht einfach mal alles ganz sicher alles gut sein?

Ich merke wie jemand einen Arm um meine Schulter legt. Es ist Sabrina.

„Komm, wir gehen. Er wird sich schon melden, alles wird gut werden.“ Ich wünsche mir so sehr, dass sie Recht hat und ich ihr glauben könnte. Doch das kann ich nicht.

„Ja, okay.“, flüstere ich. Wir gehen zu meinen Eltern und wir laufen dann gemeinsam zum Auto zurück.

Auf der Fahrt redet keiner ein Wort. Zuhause angekommen kommt steigen wir aus dem Auto und Sabrina kommt noch mit rein. Sie fragt mich, ob ich darüber reden will. Ich beneine und Sabrina geht dann auch schon kurz darauf.

„Ich gehe hoch, ich brauche meine Ruhe.“, sage ich meinen Eltern. Sie sagen noch unwichtiges und ich verschwinde in meinem Zimmer. Dort angekommen, lege ich mich in mein Bett und sofort schlafe ich auch ein. Heute war ein harter Tag, für uns alle.

Irgendwann am nächsten Morgen wache ich auf. Ich bleibe noch ein paar Sekunden liegen und stehe dann langsam auf. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich ja noch die Kleider von gestern anhabe. Ich bin zu faul um mich umzuziehen, ich gehe mich nur kurz im Bad frisch machen. Dann laufe ich runter um zu schauen wo meine Mutter ist. Ich gehe als erstes in der Küche suchen und dort sehe ich meine Eltern am Tisch sitzen. Anscheinend hat mein Vater hier geschlafen. Ich murmle ein kleines „Morgen“ und setzte mich zu ihnen hin.

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt