Kapitel 15

725 14 0
                                    

Meine Mutter muss noch eine Weile zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Sabrina ist oft da und unterstützt mich. Es hat sich alles beruhigt. Von John weiß ich nichts. Er hat sich nicht gemeldet, wahrscheinlich ist er noch bei der Polizei. Wieso sollte er sich auch melden? Ich habe mich ja auch nicht gemeldet. Ich hätte nicht gedacht dass ich ihn vermissen werde, doch so ist es. Ich glaube ich muss ihn besuchen. Es ist schon eine Weile her als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Heute wollen Sabrina und ich meine Mutter im Krankenhaus besuchen. Aber ich glaube dass ich dort nicht lange bleiben kann. Wir richten uns fertig und laufen Richtung Bushaltestelle. Im Bus setzten wir uns einfach auf irgendwelchen freien Plätzen. Wir unterhalten uns zwar, aber ich bin nicht richtig dabei und antworte fast immer nur mit ja oder nein. Einerseits bin ich froh dass wir da sind aber anderseits ich will nicht da rein gehen. Meine Mutter sieht schon viel besser aus. Ich muss an sie eine dringende Frage stellen: „Mumm was ist genau passiert?“

„Ich war mit dem Auto unterwegs. Ich bin an einer Ampel gerade los gefahren, als plötzlich ein Auto in mich hineingefahren ist. Das Auto habe ich erst gar nicht gesehen.“

„Wie geht es dem anderen Autofahrer?“

„Ich weiß nicht. Aber er wird es auf jeden Fall überleben.“

Eine Weile sagt niemanden von uns etwas. Jeder hängt seine eigenen Gedanken nach.

„Du solltest ihn besuchen“, sagt Meine Mutter nach eine Weile.

„Wen?“

„Du weißt genau wenn ich meine“

„Ja deine Mutter hat Recht, Amelie“, mischt sich Sabrina ein. Soll ich das wirklich machen? Aber was habe ich schon groß zu verlieren?

„Na gut, dann gehe ich eben hin“, dabei ich versuche genervt oder gelangweilt zu klingen, doch mir will es nicht ganz gelingen. Ich hoffe sie merken es nicht, doch daran zweifle ich.

„Ja, das machst du!“, sagen sie wie aus einem Mund. Sabina und ich bleiben noch eine Weile bis uns eine Schwester wegschickt weil Mum Ruhe braucht. Sie wird schon in ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen.

Draußen fängt Sabrina gleich an zu reden: „Ich bringe dich zum Präsidium und dann gehst du ihn besuchen.“ Ich nicke nur mit dem Kopf.

Vor dem Präsidium bleibe ich noch einmal stehen und atme einmal tief ein. Sabrina sieht mich aufmunternd an. Ich laufe Richtung der Tür. An der Information stelle frage ich nach John. Die Frau die ich gefragt habe sieht mich verwundert an.

„Er ist nicht mehr hier. Er wurde ins Krankenhaus geliefert. Er hat versucht sich das Leben zu nehmen.“ Was?! Dan kann doch nicht sein! Ich bekomme einen Schock! Aber warum wollte er sich umbringen? Ich muss zu ihm! Unbedingt.

„In welchem Krankenhaus liegt er?“, frage ich die Frau.

„Im Marinen Krankenhaus.“

„Danke“

Als ich wieder draußen bin suche ich Sabrina an. Auf dem Weg zu Krankenhaus rufe ich sie an. Sie geht schon nach dem 2. Klingeln an ihr Handy. Ich erzähle ihr was ich gerade eben erfahren habe. Sie fragt ob sie kommen soll, doch ich lehne ab. Oh man! Zwei Krankenhausbesuche an einem Tag! Natürlich darf ich John nicht besuchen, ich soll wieder kommen wenn es ihm besser geht. Was soll denn das für ein Scheiß sein? Ich versuche es noch einmal: „Bitte! Ich muss ihn sehen! Sonst halte ich es nicht aus! Bitte! Bitte!“ Dazu sehe ich sie noch flehentlich an.

„Na gut, aber nur 10 Minuten, ja? Verstanden?“

„Danke! Danke! Wie soll ich Ihnen danken?“ Ich bin kurz davor die Krankenschwester zu umarmen. Sie führt mich in ein Zimmer. Dort steht ein Bett, das muss wohl John sein. Ich laufe zu dem Bett hin und setzte mich auf einen Stuhl. John schläft, oder ist im Komma, ich weiß es nicht, jedenfalls ist er nicht wach. Ich nehme seine Hand und fange an zu reden: „Kann du mich hören John? Hör mir einfach zu wenn du mich hören kannst, ja? Ich weiß nicht warum du das getan hast. Oder was du dir dabei gedacht hast.“ Ich mache eine Pause und sehe ihn an. Er zeigt keinerlei Reaktion, hat einfach seine Augen geschlossen. Ich bin den Tränen nahe, noch nie habe ich in so kurzer Zeit so viel geweint.

„John, bitte wache auf. Und erkläre mir warum du das gemacht hast. Komm bitte zurück zu mir.“ Ich gebe ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn. Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und verlasse dann das Zimmer. Gerade noch so schaffe ich es, dass mir die Tränen erst wieder kommen als ich schon aus dem Krankenhaus hinaus gegangen bin. Als ich mich wieder beruhigt habe, mache ich mich auf den Heimweg.

Sabrina steht vor der Haustür. Ich finde es nett und sie meint es ja auch gut, aber ich brauche auch mal Zeit für mich und vor allem Ruhe. Ich muss versuchen ihr das klar zu machen.

„Sabrina, ich weiß dass du nur Gutes für mich willst, aber ich brauche auch Zeit für mich. Also ich wäre jetzt gerne für mich.“

„Ja, natürlich. Wenn das dein Wunsch ist.“

„Du bist nicht sauer auf mich?“, frage ich sie.

„Nein. Warum sollte ich sauer auf dich sein?“ Naja bei ihr weiß man nie, manchmal ist sie eingeschnappt obwohl ich es nicht immer verstehe.

„Danke!“ Ich umarme sie. Sie scheint davon überrascht zu sein.

„Klar, kein Problem“, sagt sie.

Ich schließe die Haustür auf und lasse sie hinter mir ins Schloss fallen. Ich lehne mich an die Tür und schließe die Augen. Alles was ich heute erlebt habe, muss ich erst einmal richtig realisieren und verarbeiten. Mir kommt sofort ein Gedanke in den Kopf der mir erst jetzt richtig klar wird. John hat versucht sich umzubringen! Oh mein Gott! Ich kann es kaum glauben! Ich laufe die Treppe hoch Richtung meinem Zimmer und lasse mich auf meinem Bett fallen. Sofort bin ich eingeschlafen.

Ich werde vom Piepsen meines Handys geweckt. Ich schaue darauf. Sabrina hat mir eine SMS geschickt:

Hey Amelie,

ich hoffe dir geht es wieder besser. Melde dich wenn du mich brauchst ja?

Ich komme später wieder vorbei, wäre das okay für dich?

Also bis später!

Lg

Sabrina

Kann sie mich nicht mal ein paar Stunden in Frieden lassen? Mein Magen fängt an zu knurren. Ich stehe auf und richte mir etwas zu essen. Es tut gut etwas zu essen.

Ich muss mich irgendwie von meinen Gedanken ablenken. Also entschließe ich mich den Fernseher anzuschalten. Natürlich kommt nichts gescheites, wie so oft. Schon nach kurzer Zeit klingelt das Telefon. Wer das wohl ist? Ich nehme den Telefonhörer ab. An der Stimme erkenne ich das dass die Kommissarin ist. Was will die denn schon wieder? Sie ruft auch jeden Tag an!

„Es tut mir Leid dass ich sie schon wieder anrufen muss.“ Wenigstens entschuldigt sie sich!

„Aber ich habe eine gute Nachricht. Ihr Freund John ist Aufgewacht. Das Krankenhaus hat angerufen. Ich dachte das wollen Sie wissen. Auf Wiedersehen, Amelie.“

Mit diesen Worten legt sie auf. Was sollte das? Mir sagen dass John aufgewacht ist und dann einfach auflegen? Aber sie hat gedacht dass ich ihn sehen will. Und das stimmt wirklich. Ich schnappe mir meine Tasche und mache mich auf den Weg Richtung Bushaltestelle. Während ich im Bus sitze schreibe ich Sabrina eine SMS:

Hey Sabrina,

John ist aufgewacht und ich besuche ihn jetzt. Also wirst du mich daheim nicht auffinden, zumindest in der nächsten Zeit.

Ich melde mich einfach später wieder.

Lg

Amelie

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt