Kapitel 38

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Doch wirklich lange kann ich nicht schlafen. Ich schlage meine Augen auf und komme in der Realität an. Ich setzte mich auf und sehe mich im Raum um. Es hat sich nichts geändert. Das Essen steht sogar noch an der gleichen Stelle, an der ich es gestern  hin geschoben habe. Ich merke, dass ich jetzt viel mehr Hunger habe als gestern. Kann ich mich dazu überwinden es zu essen? Ich sehe es nochmal genauer an und beschließe, dass ich es nicht essen werde. Denn es sieht nicht so appetitlich aus und der Hunger ist zum aushalten.

Macht sich meine Mutter sorgen? Bestimmt. Ob sie wohl schon bei der Polizei war? Mich würde es jedenfalls nicht sehr wundern.

Wann wird er wieder kommen? Was wird er machen wenn er das nächste Mal kommt? Wird er mich bestrafen, dass ich nichts esse? Ich hoffe es nicht….

Und wenn doch, was wird er dann machen? Ich versuche gar nicht mehr daran zu denken, sonst würde ich mir selber nur noch mehr Panik und Angst machen.

Wen hat er Forderungen gestellt? John? Meinen Eltern? Sabrina? Oder jemand ganz anderes? Was für Forderungen? Will er Geld? Hat jemand gegen ihn etwas in der Hand und jetzt fordert er, dass er oder sie nichts sagt? Hat er mich deshalb entführt? Ist ein Teil seiner Forderung, dass sie/er nicht zur Polizei geht? Was, wenn die Polizei trotzdem eingeschaltet wird? Habe ich dann darunter zu leiden? Was für Belohnungen meint er? Besseres Essen? Bequemeres Bett? Schöneres Zimmer? Es wird wohl kaum meine Freiheit sein. Hoffentlich komme ich hier bald raus. Wie ein sehr bekanntes Sprichwort: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Wenn ich hier wenigstens eine Beschäftigung hätte. Mein Handy, ein Buch oder sonst irgendetwas. Dann wäre mir wenigstens nicht so langweilig und die Zeit würde schneller vorbei gehen. In Raum ist nichts außer der Heizung, das Bett und das Tablett mit dem Essen das er mir gebracht hat.

Plötzlich geht die Türe wieder auf. Der man kommt ganz rein und lässt die Türe nur angelehnt. Das ist ein gutes Zeichen. Oder? Warum hat letztes Mal die Türe ganz geschlossen und jetzt nur angelehnt? Hat das einen bestimmten Grund? Wie lange wird er hier drin bleiben? Wird er mich schlagen? Er kommt ganz langsam auf mich zu. Er ist genauso gekleidet wie das letzte Mal. In mir steigt die Panik immer mehr.

Johns Sicht

Mein Bruder und ich sind gerade am Essen, als mein Handy anfängt zu klingeln. Wer wird das wohl sein? Ist es Amelie um zu fragen, ob wir reden können? Was würde ich wohl antworten? Wahrscheinlich würde ich zusagen. Doch meine Hoffnungen werden zerschlagen, als ich die tiefe Stimme von Amelies Vater höre. Was will er von mir? Ist etwas mit Amelie passiert? Aber warum sollte er mich dann anrufen? Wenn ja, denkt er, dass ich damit etwas zu tun habe? Ich weiß ja schließlich, dass Amelies Eltern nicht so gut auf mich zu sprechen sind. Gegen Amelies Mutter habe ich nichts, doch gegen ihren Vater. Er hat mich ja gezwungen mit Amelie Schluss zu machen. Meine Gedanken schweifen mal wieder zu weit weg.

„Hallo John, hier ist Amelies Vater.“ Ich versuche meine Gedanken zu sammeln und antworte ihm dann.

„Was wollen Sie von mir?“ Was soll ich noch groß Nettigkeiten austauschen, wenn wir uns sowieso nicht wirklich leiden können?

„Ich will wissen, ob Amelie bei Ihnen ist. Das ist alles. Meine Frau und ich machen uns große Sorgen.“ Ist sie nicht seine Ex-Frau? Oder habe ich da etwas verpasst? Wieso sollte Amelie bei mir sein? Wir haben uns schließlich seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, nicht versöhnt. Auch wenn ich mir es sehr wünsche.

„Wie kommen Sie darauf, dass sie bei mir sein könnte?“

„Weil wir wissen, dass Sie sich gut mit Amelie verstehen und viel Zeit miteinander verbracht haben.“ Das stimmt, obwohl das leider schon etwas länger er ist.

„Also, ist sie bei Ihnen?“, fährt er fort.

„Nein. Ist denn etwas passiert?“

„Wir wissen und hoffen es nicht.“ Sie vermissen sie also. Hatten sie einen Streit? Ich muss bestimmt nicht fragen, ob sie es schon auf Amelies Handy versucht haben.

„Ok, sagen Sie ihr, dass sie sich bei mir melden soll, wenn sie wieder auftaucht?“, frage ich ihn.

„Natürlich. Und Sie auch?“

„Natürlich, ich werde mich melden.“

„Ok, danke. Auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen.“

Es geht eine Weile bis ich wieder klar denken kann und mir die Situation erst jetzt richtig klar wird. Amelie wird vermisst. Aber warum? Ist etwas passiert? Hatte sie einen Streit mit ihren Eltern und ist dann abgehauen? Wo ist sie? Ist sie einfach nur untergetaucht? Oder schlimmeres? Ich will gar nicht mehr weiterdenken. Doch mein Kopf denkt von selber weiter. Was wenn sie entführt wurde? Oder vergewaltigt und dann einsam im Wald zurückgelassen? Ich zwinge mich dazu, an etwas anderes zu denken und zu hoffen, dass meine Sorgen unbegründet sind und Amelie sich bald bei mir meldet.

Ich werde von der Stimme meines Bruders aus meinen Gedanken gerissen. Ich schaue ihn erwartungsvoll an. Was will er mir sagen?

„Wer war das?“ Ich atme erleichtert aus. Nur eine einfache Frage.

„Amelies Vater. Er wollte wissen ob sie hier ist.“ Ich will gar nicht mehr dazu sagen und er fragt auch gar nicht weiter, worüber ich froh bin. Doch er sagt noch mehr.

„Ich muss dir etwas sagen.“  

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt