Kapitel 52

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Ich schaue zu John. Er sieht nicht wirklich gut aus. Ich berühre ihn an der Schulter.

„Hey, alles wird gut.“ Er sieht mich traurig an. „Nichts wird gut.“ Wie Recht er doch hat. Anscheinend gibt es keine Pause, denn der Richter ruft meinen Namen auf. Jetzt muss ich aussagen.

Langsam stehe ich auf und laufe nach vorne und setzte mich dann hin. Der Richter klärt mich auf, dass ich die Wahrheit usw. sagen muss.

„Sie haben gesagt, dass Sie einen Mord gesehen haben?“, fängt der Richter mit der Befragung an. Für mehr als ein Kopfnicken bin ich nicht im Stande. Ich muss ein Kloss in meinen Hals herunterschlucken.

„Können Sie beschreiben, was sie gesehen haben?“ Es war klar, dass diese Frage kommt. Eigentlich sollte ich auf diese Frage vorbereitet sein, doch ich bin immer noch sehr nervös. Meine ersten Worte kommen nur stockend und sehr leise aus meinem Mund.

„Ich… ich war mit… dem Fahrrad unterwegs und… und habe eine Pause gemacht. Ich hörte wie eine Frau um Hilfe schrie. Zuerst schaute ich mich um und… und wusste…  gar nicht was ii… ich machen soll.“ Ich hätte niemals gedacht, dass es so schwer wird, das alles nochmal zu wiederholen. Bei der Polizei war das alles irgendwie einfacher, aber ich kann gar nicht sagen warum.

„Ich… ich konnte mich einfach nicht bewegen, ich w… war wie gelähmt. Ich sah mich um und sah jemand maskiert, der eine Frau bedrohte. Der Mann legte eine Schlinge um den Hals der bedrohten Frau. Er zog sie immer fester zu. Dann kam noch ein anderer Mann, der sagte etwas zu dem ersten Mann. Aber der erste Mann schüttelte nur den Kopf. Plötzlich gab sie ganz unter seinen Armen nach, sie hängte ganz schlaff da. Das Seil fiel auf dem Boden. Der Mann schaute sich um und als er niemand sah, verschwand er zwischen den Bäumen. Nach ein paar Sekunden rannte der zweite Mann auch weg. Nach einer Weile habe ich die Polizei angerufen.“

„Haben Sie sonst noch jemanden gesehen?“

„Nein.“

„Haben Sie ein Auto, Motorrad oder ähnliches gehört?“

„Ich meine ein Auto gehört zu haben. Aber 100% Sicher bin ich mir nicht.“ Der Richter macht eine Pause. War´s das schon?

„Haben Sie die Männer erkannt? Könnten Sie beschreiben, wie die Männer aussahen?“ Also doch noch nicht.

„Die Männer waren ganz schwarz gekleidet. Sie hatten sogar Masken auf. Mehr habe ich nicht erkannt.“

„Würden Sie die Männer wiedererkennen?“

„Nein, keinesfalls. Ich habe ja nicht viel gesehen.“ Ich spüre die Blicke der Leute auf mich. Es fühlt sich fast so an, als ob sie mich verurteilen würden. Aber warum sollten sie das? Ich habe doch nichts gemacht, ich bin doch nur eine Zeugin und sage die Wahrheit. Nach meiner Meinung sollten sie eher John Bruder verurteilen. Schließlich hat er, wenn es wahr ist, diese Frau getötet und nicht ich. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein.

„Haben Sie die Frau gekannt?“

„Nein.“ Woher auch?

„Glauben Sie, dass der Angeklagte die Frau getötet hat?“ Darf er überhaupt so etwas fragen? Ich glaube nämlich nicht.

„Ich weiß es nicht.“

„Das war´s dann erst mal. Danke, Sie dürfen sich nach hinten setzten wenn es keine weiteren Fragen gibt.“ Ich warte noch kurz, um es noch Fragen gibt und dann setzte ich mich wieder nach hinten. John sieht mich etwas besorgt an.

„War´s schlimm?“

„Nein, es ging. Ich hab´s mir schlimmer vorgestellt. Ehrlich.“ Ich lächle ihn leicht an und hoffe, dass er mir glaubt.

Der Tag, der mein Leben veränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt