Kapitel 15

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Dan zwang sich dazu Eve ins Gesicht zu grinsen. Weiterhin hielt auch er daran fest, dass es besser war seinen Humor zu bewahren, selbst wenn sie sich nicht unbedingt in der richtigen Lage befanden um zu scherzen. „Es wird wahrscheinlich nicht so einfach für mich werden zu duschen. Wahrscheinlich wäre es besser den Jacuzzi einzulassen, damit ich mein Bein einfach hinaushängen lassen kann", sagte er. Vorsichtig humpelte er in einen angrenzenden Raum, in dem sich offenbar das zweite Badezimmer befand.

Seufzend fragte sich Eve wie ernsthaft dieses Angebot mit dem gemeinsamen Duschen wohl gemeint war. Natürlich hatte sie es vorgebracht, aber wollte er es denn wirklich? Sie entschied ihm vorerst noch nicht zu folgen und griff sich stattdessen ihr Handy. Obwohl sie keine Lust darauf hatte, mit jemanden zu sprechen, wusste sie, dass sie es einigen Menschen schuldig war, sich bei ihnen zu melden. Wohlwollend hatte sie schon im Taxi eine weitere Nachricht verfasst und sie an Freunde und Verwandte verschickt. Es sollten also mittlerweile alle wissen, dass es ihr gut ging. Jedoch hielt das die wichtigsten Menschen in ihrem Leben natürlich nicht davon ab, sich davon persönlich überzeugen zu wollen. Sechsundsechzig Anrufe in Abwesenheit befanden sich auf ihrem Telefon, dazu noch mehrere Kurzmitteilungen, Facebook- und Whatsapp- Nachrichten.

Eve vernahm das rieselnde Geräusch der Wasserleitung. Gleichzeitig wählte sie die Nummer ihrer Eltern. Es war schon sieben Uhr morgens in Spanien und sie überkam ein schlechtes Gewissen. Wahrscheinlich hatte ihre Familie die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Bereits nach dem ersten Freizeichen beantwortete ihre Mutter den Anruf: „Evelyn, Schatz, ist alles in Ordnung? Wie geht es dir?" Die Tränen schossen ihr in die Augen. Nein, das durfte nicht sein. Gerade hatte sie sich doch noch einigermaßen unter Kontrolle. Schnell versuchte sie sich auf Dan zu konzentrieren und darauf wie er wohl aussehen würde, wenn er im Jacuzzi lag. Jedoch half das nicht viel, aber sie wusste, dass sie sich zusammenreißen musste, wenn sie nicht wollte, dass ihre Mutter ebenfalls die Nerven verlor. Ruhig atmete sie ein und sagte dann in einem gelassenen Tonfall: „Hi Mom. Ja, alles bestens. Mir ist nichts passiert." Zu mehr war sie nicht im Stande. Hastig wischte sie sich die Tränen von den Wangen, die sich eigenständig den Weg über ihre Wangen bahnten, während ihre Mutter hunderte Fragen stellte, die allesamt vollkommen unerträglich waren, weswegen sie sich wieder Mühe gab, normal zu klingen, während sie ihre Mutter wissen ließ: „Wir waren die ganze Zeit über in einem Aufzug eingesperrt, ich habe fast gar nichts mitbekommen. Es ist schon wahnsinnig spät hier, Mom. Ich muss jetzt wirklich schlafen. Sobald ich genaueres weiß, melde ich mich bei dir. Gute Nacht." Eve war kurz davor verzweifelt zu schluchzen, weswegen sie den Anruf einfach beendete, ohne ihre Antwort abzuwarten. Danach wählte sie Emmas Nummer.

„Na endlich, Eve. Spinnst du eigentlich? Wie konntest du mich nur so lange warten lassen? Ich wäre beinahe umgekommen vor Sorge", nahm sie den Anruf entgegen. „Es tut mir leid", flüsterte Eve. Ja, es war die Wahrheit, sie fühlte sich schlecht, weil sie ihrer Freundin bestimmt eine Heidenangst eingejagt hatte. „Was ist eigentlich genau passiert? Geht es dir gut?", fragte Emma zügig.

Auch ihr wollte sie vormachen, dass sie sich weit besser fühlte als sie es in Wirklichkeit tat, warum sie kurz angebunden sagte: „Mir geht es ganz gut, danke der Nachfrage. Alles so weit okay. Wie geht es dir? Hab ich etwas verpasst?"

Ihre beste Freundin schnaubte laut: „Wenn du glaubst, dass ich dir diesen Blödsinn abnehme, hast du dich geschnitten. Ich kenne dich viel zu gut. Also sag mir auf der Stelle was passiert ist!" Entsetzt schnappte Eve nach Luft. Die Tränen verselbstständigten sich abermals: „Emma ... bitte ... ich kann im Moment noch nicht über die Geschehnisse sprechen." Schreckliche Bilder liefen in ihrem Kopf ab. Wieder sah sie Amelia tot vor sich. Panisch sprang sie auf und rannte zum Badezimmer. Sie wollte nicht darüber nachdenken. Diese Gedanken sollten einfach nicht in ihrem Kopf herumgeistern. Immer wieder schüttelte sie den Kopf bevor sie energisch die Tür aufriss, ohne auch nur darüber nachzudenken anzuklopfen. Dan stand mit dem Rücken zu ihr und warf einen fragenden Blick über seine Schulter. Er war vollkommen nackt, drehte sich dennoch sofort zu ihr um. Eilig lief Eve auf ihn zu, das Handy hatte sie immer noch an das Ohr gepresst, jedoch verstand sie nicht, was ihre Freundin von sich gab, weil sie viel zu sehr in ihre eigenen Ängste vertieft war. Nur wenige Zentimeter vor Dan blieb sie stehen, als sie realisierte, dass sie gerade einem nackten Daniel gegenüberstand. Das schien ihn jedoch nicht weiter zu stören, denn augenblicklich zog er sie in seinen Arm, drückte ihren Kopf fest gegen seine nackte Brust und hauchte mehrere Küsschen auf ihren Haaransatz. Laut schluchzte sie. „Alles gut, Süße, alles in Ordnung", flüsterte er ihr in die Haare und wiederholte sich einige Male. Die Pausen zwischen seinen Versprechungen füllte er mit weiteren zärtlichen Küssen an die Schläfe, welche ihr halfen die Angst etwas aufzulösen. Er griff sich ihr Handy und führte es an sein eigenes Ohr, bevor er sagte: „Hallo, hier spricht Dan. Es tut mir leid, aber Evelyn kann im Moment nicht reden."

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