Kapitel 50

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Mit leichten Kopfschmerzen wachte Eve am Morgen auf. Nachdem die Lightnings nach einer Verlängerung ins Shootout mussten, hatten sie zum Glück trotzdem gewonnen. Um den Sieg zu feiern, war das Basketballteam noch in einer Kneipe eingekehrt. Das hatte sie jetzt davon, dass sie unbedingt drei Bier trinken wollte. Trotzdem lächelte sie, während sie über Dans Arme streichelte, die er so fest um sie geschlungen hatte, als würde sie ihm ansonsten jeden Moment davonlaufen. Vorsichtig wandte sie ihren Kopf zu ihm und beobachtete seine gleichmäßigen Atemzüge. Wie immer schlug ihr Herz sofort einen Takt schneller, während sie ihn betrachtete. Sanft hob sie seinen Arm an und drehte sich in seine Richtung. „Guten Morgen, Schatz", wisperte sie und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Verschlafen schlug er die Augen auf und blickte ihr ins Gesicht. „So kann der Morgen nur gut sein", sagte er lächelnd. „Ich liebe dich", antwortete sie reflexartig. Er grinste, presste die Augenlider aufeinander und kuschelte seinen Kopf in das Kissen. „Ich liebe dich noch viel mehr", schwor er, als er die Augen wieder aufmachte und ihr fest in ihre blickte. Sie schüttelte den Kopf, denn sie war davon überzeugt, dass man nicht mehr lieben konnte, als sie es tat. Aber er lächelte nur weiterhin und streckte seinen Arm aus. Mit den Fingern strich er ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. Plötzlich veränderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht und die Liebe, die sie gerade noch wahrgenommen hatte, schien in den Hintergrund zu rücken. „Weißt du, Home, das nächste Mal wenn wir bei Dr. Apple sind muss ich wohl nochmal etwas ansprechen, dass mit all dem hier zu tun hat. Keinesfalls will ich, dass das zwischen uns steht, aber es muss einfach ausgesprochen werden. Ich weiß irgendwie nicht so richtig, wie ich mit der Situation umgehen soll." Sie blickte ihn fragend an und befürchtete sofort, dass sie irgendetwas falsch gemacht hatte. „Der schrecklichste Tag meines Lebens ist zugleich auch der beste. Wäre dieses Attentat am Flughafen nie passiert hätten wir uns vielleicht nie wiedergesehen und ich will beim besten Willen nicht egoistisch klingen, natürlich würde ich es sofort rückgängig machen, könnte ich diese Menschen retten, aber gleichzeitig ...", er stoppte, weil er wusste, dass es sich sonst ganz bestimmt egoistisch anhören würde, was er zu sagen hatte. Sie wusste aber auch so was er meinte. Er wollte den Tag des Anschlages nicht ungeschehen machen, genau wie sie, er hätte den Verlauf vielleicht verändert, wenn er denn die Möglichkeit dazu gehabt hätte, aber keinesfalls hätte er den Tag vollkommen aus seinem Leben streichen wollen. Auch Eve hatte Probleme damit, nicht zu wissen, ob sie deshalb ein schlechter Mensch war, denn ihr war klar, dass sie die vielen Menschenleben über ihr eigenes Wohl stellen musste, aber sie konnten doch ohnehin nicht ändern was geschehen war. „Weißt du, Dan, immer wenn ich an den Punkt komme, an dem ich denke, dass ich egoistisch bin, weil ich trotz alldem froh bin dich kennengelernt zu haben, denke ich an die kleine Amelia", sie holte tief Luft, weil sie nicht so recht wusste, wie sie weitersprechen sollte, „egal wie ich die ganze Geschichte dann zu drehen und wenden versuche, bin ich am Schluss sicher, dass sie sich für uns freut, da wo sie jetzt ist. Warum sollte man nicht auch aus der schrecklichsten Situation das Beste machen dürfen? Wir haben nichts falsch gemacht, Dan. Wir sind nicht diejenigen, die auf Menschen geschossen haben. Hätten wir die Möglichkeit gehabt, hätten wir es verhindert." Er nickte geistesabwesend. „Du hast recht", sagte er dann und drückte ihr ein Küsschen auf die Lippen, „komm lass uns aufstehen, wir haben fast bis Mittag geschlafen und Johnny wartet bestimmt schon auf uns." Lächelnd warf Eve die Beine aus dem Bett. Den Termin mit dem Tätowierer hatte sie schon wieder vollkommen vergessen. Obwohl sie keine guten Erinnerungen daran hatte, freute sich darauf, das Tattoostudio heute besuchen können. Endlich einmal ohne einen Gedanken an Sam verschwenden zu müssen. Zum Glück hatte sich das alles so ergeben, denn der Tätowierer war mittlerweile ihr Freund. Nicht nur das, er war auch irgendwie zu ihrem Verbündeten geworden. Obwohl sie nicht mit Johnny darüber gesprochen hatte, dass sie mit den Neuigkeiten über das Ultraschallbild noch bis zu dem nächsten Termin bei Dr. Apple warten wollte, hatte sie keine Bedenken deswegen. Sie war sich sicher, dass er nicht so sehr in ihre Privatsphäre eingreifen, oder sich gar verplappern würde. Deshalb stand sie dem heutigen Termin vollkommen relaxed gegenüber. Während sie sich anzog, konnte sie den Gedanken sogar verdrängen, dass sie, auch wenn es nur aus Rücksicht auf Daniel war, ein Geheimnis vor ihm hatte. Es war zu seinem eigenen Besten und das würde er verstehen, wenn sie sich ihm dann bei der nächsten Sitzung mit der Psychologin offenbaren würde. Denn das entsprach Daniels Charakter. Möglicherweise würde er im ersten Moment ein bisschen geschockt und vielleicht sogar böse sein, aber diese Kleinigkeit würde er ihr vergeben. Immerhin hatten sie schon größere Probleme durchgestanden.

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