Kapitel 53

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Es gibt heute 3 Kapitel, aber dafür morgen keines.
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Eve saß vor Daniels Wagen und schluchzte laut. Immer noch hatte sie keinen Plan was sie jetzt machen würde. Sollte sie sich vielleicht ein Hotelzimmer nehmen? Aber zuerst würde sie ihre Sachen brauchen. Konnte sie denn ohne Erlaubnis einfach in Daniels Haus spazieren und ihre Koffer packen? Aber das war im Moment ohnehin keine Option. In ihrem Zustand traute sie sich nicht zu fahren. Verzweifelt suchte sie nach einer Lösung für ihre Situation, während ihr Herz in ihrer Brust so schwer war, dass sie Angst hatte, ihr Oberkörper würde jeden Moment explodieren. Ferngesteuert machte sie das erste, das ihr einfiel. Sie googelte nach der Telefonnummer des Tattoostudios und rief dort an. Betend, dass nicht Sam den Anruf beantworten würde, lauschte sie dem Freizeichen. „Sansabi Tattoo, Johnny am Apparat", wurde der Anruf entgegengenommen. Zumindest in diesem Fall hatte sie Glück. „Johnny", schluchzte sie in den Hörer. „Wer ist da?", fragte er ziemlich unhöflich. „Hier ... hier ist Evelyn." „Eve", sagte er sofort freundlicher, „was ist passiert?" „Kann ich ... Kann ich dir das später erklären?", bat sie. „Ich brauche dringend jemanden der mich beim Krankenhaus abholt. Am besten aber ohne Auto. Irgendwie muss ich Daniels Wagen nach Hause stellen." Warum sie sich in dieser Situation Gedanken um sein Auto machte, wusste sie nicht, dennoch schien es ihr im Moment sinnvoll zu sein. Sie kannte ihn, wenn er dachte, er war ganz gesund, würde er sich möglicherweise selbst aus der Klinik entlassen. „Krankenhaus?", fragte Johnny „Eve bist du denn sicher, dass es dir gut geht?" „Ja", log sie, „bitte komm einfach hier her." „Okay, ich mache mich sofort auf den Weg", damit war die Verbindung unterbrochen.

Nur wenige Minuten später, die Evelyn jedoch wie Stunden vorkamen, kam James aus dem Aufzug. „Eve, ich bin sicher er kann sich bald wieder an dich erinnern", versuchte er sie zu beruhigen. „Das wichtigste ist, dass es ihm gut geht", antwortete sie und meinte es wirklich so, auch wenn sie die kleine egoistische Stimme in ihrem Kopf nicht unterdrücken konnte, die ihr vorsagte, dass es besser wäre, er hätte sie nicht vergessen. Dennoch versuchte sie stark zu sein. Sie würde irgendwie damit umgehen können, wenn er sie nicht mehr wollte, jedoch würde sie sterben, wenn es ihm schlecht gehen würde. Der Basketballspieler sah sie mittleidig an, nickte aber dann. „Brauchst du vielleicht ein Taxi?", fragte er liebevoll. „Nein, danke. Johnny holt mich gleich ab", sagte sie. „Dann warte ich solange mit dir." „Das brauchst du wirklich nicht James. Ich weiß deine Hilfe sehr zu schätzen, aber es ist wirklich nicht notwendig. Du hast doch bestimmt noch besseres zu tun." Er zog sie nur in seinen Arm und streichelte ihr beruhigend über den Rücken. „Evelyn, du gehörst nun zur Familie und die Familie ist das wichtigste im Leben. Deshalb werde ich mich so gut es geht um dich kümmern und ich bin mir ganz sicher, dass das auch für das restliche Team gilt. Aber glaub mir einfach, wenn ich sage, dass diese Situation ohnehin nicht lange andauern wird. Fire könnte niemals jemanden für immer vergessen, der ihm so wichtig ist, wie du. Es wird alles gut, Evelyn. Du darfst die Hoffnung nur nicht aufgeben." „Ich weiß einfach nicht was ich jetzt machen soll", schluchzte sie. In diesem Moment tauchte Johnny auf. „Was ist passiert?", fragte er irritiert. Eve wollte antworten jedoch versagte ihre Stimme. James übernahm das für sie: „Fire hatte einen Unfall." Johnny schnaubte entsetzt. „Ihm ist nichts passiert, jedoch kann er sich an nichts erinnern, was nach dem Attentat am Flughafen passiert ist." „Er hat mich vergessen", schluchzte Eve und bevor sie sich klarmachen konnte, wie dumm sich das anhörte, hatte Johnny sie schon in seinen Arm gezogen. „Es wird alles gut", redete jetzt auch er beruhigend auf sie ein. „Aber ich weiß nicht was ich jetzt machen soll. Ich kann doch nicht einfach in sein Haus und so tun als wäre alles normal. Ich weiß aber auch nicht wo ich sonst hinsoll." „Alles ist gut, Kleine", wiederholte er sich, „Wir holen jetzt deine Sachen und du kommst mit zu mir. Ich habe ein Gästezimmer." Obwohl der Vorschlag von Johnny sie eigentlich erleichtern sollte, musste sie zuerst an etwas Anderes denken. „Ich kann doch nicht einfach in sein Haus gehen", schluchzte Eve. „Wenn du es nicht machst, mach ich es", versprach Johnny. Gut, das wäre wahrscheinlich in Ordnung. Mit Johnny an ihrer Seite kam sie sich zumindest nicht vor wie ein Einbrecher, denn an ihn würde er sich erinnern können, falls er irgendwann davon Wind bekam, dass sie bei ihm zuhause waren. Sie nickte und ließ sich von ihm hochziehen.

Vor Daniels Haus angekommen, fühlte sie sich plötzlich trotzdem wie ein Fremder. Als wäre sie nie zuvor hier gewesen, aber sie brachte sich dazu trotzdem auszusteigen. So schnell sie konnte, packte sie ihre sieben Sachen zusammen und warf danach den Schlüssel in seinen Postkasten. Vollkommen ausgelaugt ließ sie sich anschließend in das Taxi fallen, das Johnny mittlerweile gerufen hatte und schloss die Augen. Was sollte sie auch sonst machen? Sie wusste, dass sie geduldig sein musste, aber Geduld war noch nie ihre Stärke gewesen. Dazu kam, dass sie nicht mehr lange in Florida bleiben konnte und ihr auch nicht ganz klar war, wie lange Johnnys Angebot gelten würde. In ihrem Kopf schmiedete sie einen Plan. Zwei Wochen lang würde sie noch in Miami bleiben, auch wenn sie auf ihre Ersparnisse zurückgreifen müsste, für den Fall, dass Johny sie rauswarf. Wenn Dan sich bis dahin nicht an sie erinnern würde, müsste sie nicht zuletzt aus rechtlichen Gründen zurück nach Spanien. Die neunzig Tage, die sie sich visafrei in den USA aufhalten durfte waren fast abgelaufen. Danach musste sie wohl versuchen ihr Leben so normal wie möglich weiterzuführen, auch wenn sie wusste, dass sie die Hoffnung niemals aufgeben würde, dass er sich doch wieder an sie erinnern könnte.

Fünf Stunden später saß sie auf ihrem Bett. Genau so, wie sie es die ganze Zeit gemacht hatte, seit sie bei Johnny angekommen war. Sie hatte zwar das Gefühl, dass sie es dem Tätowierer schuldig war, mit ihm zu sprechen, schaffte es aber einfach nicht. Denn wenn sie eines mit Sicherheit wusste, war es, dass sie bei jedem Wort, das sie über Daniel verlieren würde, in ein noch tieferes Loch fallen würde. Auch Johnny schien das verstanden zu haben, anstatt sie nämlich zu bedrängen, hatte er nur kurz an die Tür geklopft, um ihr eine halbvolle Flasche Wodka zu reichen. Natürlich wusste Eve, dass es eine scheiß Idee sein würde, sich mit Alkohol zu betäuben, aber sie wollte einfach nichts mehr spüren. Dieser Schmerz brachte sie beinahe um. Und so hatte sich die Flüssigkeit mittlerweile halbiert. Jedoch brachte der Rausch nicht unbedingt den gewünschten Effekt. Anstatt sich nun besser zu fühlen, bemitleidete sie sich selbst. Gab sogar Daniel die Schuld daran, dass das alles passiert war. Selbstverständlich wusste sie, dass das nur ein Trugschluss ihres von Alkohol benebelten Hirn war, aber sie verspürte dennoch den Drang, zu Daniel zu fahren, um ihn zu beschimpfen. Auch das war natürlich Blödsinn. Dann hätte er nur gedacht, dass sie ein Verrückte war. Doch in ihrem Kopf war der Einzige der von Sinnen war, Daniel. Er hatte sie vergessen. Sie, die Frau die er liebte. So etwas passierte doch nur in seichten Soaps und nicht im wirklichem Leben. Sie war sich ganz sicher, dass sie ihn niemals vergessen könnte. Retrograde Amnesie hin oder her. „Pfff", stieß sie einen sehr erwachsenen laut aus und griff sich ihr Handy. Gedankenverloren wählte sie seine Nummer, legte aber sofort wieder auf. Was hätte sie auch sagen sollen? Stattdessen klickte sie sich durch ihren Chatverlauf. Das konnte er doch nicht einfach vergessen haben. Sie las die letzten Nachrichten, die bei ihr eingegangen waren.

Von: Daniel Keene An: Eve 20:22

Bitte Liebling, melde dich bei mir. Wir müssen reden. Es ist alles nicht so wie du denkst. Ich will einfach nicht ohne dich sein.

Von: Daniel Keene An: Eve 22:12

Bitte komm zu unserem Termin bei Dr. Apple, damit ich dir alles erklären kann. Ich liebe dich.

Sie machte einen Screenshot und kopierte ihn in den Chat, löschte ihn aber sofort wieder. Das machte doch keinen Sinn. Sollte Dan sich an sie erinnern wollen, würde er ihre Nachrichten ganz bestimmt auch alleine lesen und wenn nicht, würde sie es ohnehin nicht ändern können. Sie schmiegte den Kopf in ihr Kissen und schluchzte laut.

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