Es waren dreizehn Tage vergangen. Dreizehn Tage voller Qualen und Tränen und Eve fühlte sich immer noch kein Stück besser. In der letzten Zeit hatte sie sich einfach in ihrem Zimmer verkrochen und nur hin und wieder einen Bissen von dem Essen genommen, dass ihr Johnny tagtäglich vor die Tür stellte. Sie wollte ihm danken, aber sie konnte die Kraft einfach nicht aufbringen, die sie gebraucht hätte, um aus diesem Raum zu treten. Heute war es jedoch an der Zeit, denn sie musste ihr Eigentum ein letztes Mal packen. Morgen würde sie abreisen und Daniel hier zurücklassen. Daniel, von dem sie seit dem Tag im Krankenhaus nichts gehört hatte. Dieser Umstand war so unerträglich für sie, dass sie ihm an jedem einzelnen Tag einen Brief geschrieben, jedoch niemals abgesendet hatte. Gestern hatte sie sämtliche Zeilen noch einmal überflogen und dabei festgestellt, dass jeder Brief nur eine Kopie des vorhergehenden war. Sämtliche Texte handelten davon, wie sehr sie ihn liebte und was sie alles gemeinsam durchgestanden hatten. Jedoch würde er bestimmt niemals einen von ihnen zu sehen bekommen, weil sie sich dieser Peinlichkeit der einseitigen Liebe nicht hingeben wollte. Trotzdem war es das Einzige, das sie beruhigte. Da zu sitzen und zu schreiben, mehr war ihr einfach nicht geblieben. Sie befürchtete, dass sie nie wieder etwas von Daniel hören würde. Für ihn existierte sie nicht mehr. In seinem Kopf war sie wie ausgelöscht. Warum sollte er sich also bei ihr melden? Bereits jetzt wusste sie aber, dass sie die Schreibroutine zuhause trotzdem weiterhin beibehalten wollte. Das war die einzige Art, wie sie ihre Gefühle ausdrücken konnte, denn sie hatte Angst vor Daniels Reaktion, wenn sie sich mal nicht zurückhalten konnte und ihm womöglich eine Nachricht hinterlassen würde, in der sie all ihren Schmerz ausdrückte. Das wäre wahrscheinlich genau seine Art gewesen, um für sie zu kämpfen, aber sie hatte das Gefühl, dass er Mitteilungen, in denen sie um seine Liebe bettelte, nicht gutheißen würde. Am liebsten wäre sie einfach verschwunden. Irgendwohin wo sie keiner kannte und wo sie bis an ihr Lebensende einsam und allein sein konnte. Einfach abzuhauen ohne sich zu verabschieden schien ihr trotzdem nicht unbedingt der richtige Weg zu sein. Sie wollte sich gerade ihr Handy schnappen und Dan eine letzte Abschieds-SMS schicken, als es plötzlich an der Tür klingelte. Johnny hatte des Öfteren Besuch, dennoch überkam sie jedes Mal ein schreckliches Gefühl, wenn sie den Ton der Klingel wahrnahm. Niemals traute sie sich zu hoffen, dass es sich bei dem Besuch um Daniel handeln könnte. Auch wenn sie diese Hoffnung natürlich trotzdem nicht ganz ausblenden konnte, übertönte meistens ohnehin die Angst, es könnte Samantha sein, ihren Wunsch Daniel wiederzusehen. Deshalb stand sie aus dem Bett auf und lauschte an der Tür. Erleichtert stellte sie fest, dass Johnny sich eindeutig mit einem Mann unterhielt, weswegen sie wieder kehrtmachte, sich abermals auf ihre Matratze fallen ließ und anfing ein paar Worte in ihr Smartphone zu tippen.
An: Daniel Keene 16:04
Hallo mein Schatz!
Sie löschte die Nachricht und begann von vorne.
An: Daniel Keene 16:05
Hey! Ich wollte dir nur kurz mitteilen, dass ich Amerika morgen verlassen werde. Du hast meine Nummer und weißt wie du mich erreichen kannst, falls es notwendig ist.
Eine neue Welle der Trauer überkam sie. Sie konnte diese Nachricht nicht einfach so unpersönlich gestalten. Obwohl sie ihn nicht unter Druck setzen wollte, musste sie ihm einfach ihre Gefühle mitteilen. Deswegen fügte sie hinzu:
Ich hoffe du kannst dich irgendwann an mich erinnern, denn ich vermisse dich wirklich wahnsinnig. Ich liebe dich über alles. Egal wie lange es dauert, ich werde auf dich warten.
Ohne es nochmals zu lesen, drückte sie auf senden.
Als sie vor der Tür den Ton eines Mobiltelefons wahrnahm, überkam sie sofort erneut die Hoffnung, dass es sich bei dem Besucher um Dan handelte, aber sie traute sich ihrer Vermutung einfach nicht nachzugehen.
DU LIEST GERADE
Seelentattoos
RomanceAls Evelyn am Flughafen auf Daniel trifft, wirkt er auf sie genau wie der Typ Mann auf den sie sich nie wieder einlassen will. Mit all den Tattoos und seiner arroganten Art, macht er ihr bereits bei ihrer ersten Begegnung klar, dass er ganz genau we...