Kapitel 13

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Wie sollte Eve nur anfangen ihre Aussage über den Anschlag zu machen? In dem Moment, als die ersten Schüsse gefallen waren, hatte Dan sie gerade darum gebeten ihm ihre Telefonnummer zu geben. Sollte sie das hier offenlegen? War das denn wichtig für den Verlauf der Befragung? Dafür was geschehen war? Ja, eigentlich war es das schon. Hätte er sie nicht so überrumpelt, wäre sie nicht stehen geblieben und wie Dan selbst schon festgestellt hatte, hätten sie keine Chance mehr gehabt, wären sie erst mal auf die Rolltreppe getreten. Die war voll mit Reisenden gewesen und auch ohne es gesehen zu haben, wusste Eve, dass der Attentäter jeden einzelnen von ihnen erschossen hatte.

Doch ihr war nicht klar, ob es auch Dan recht sein würde, würde sie seine Annäherungsversuche hier ausplaudern, immerhin hatte sie ihm einen Korb gegeben, als er um ihre Telefonnummer gefragt hatte. Beinahe hätte sie gelacht. Wie konnte sie sich in so einem Moment über so banale Dinge sorgen.

Zu ihrer Verwunderung grinste Dan nun leicht und übernahm einfach das Wort, obwohl er nicht derjenige war, den sie gefragt hatten. „Evelyn war gerade dabei mich abblitzen zu lassen", erklärte er lächelnd und auch der Polizist zog die Mundwinkel nach oben, sah ihn dann aber verwirrt an. „Und genau in dem Moment, in dem ich sicher war, dass sie mir ihre Telefonnummer doch geben wollte, fing dieser Arsch an zu schießen."

Auch Daniel wusste, dass das nicht der richtige Zeitpunkt war um zu scherzen, aber er spürte wie Eve kurz davor war in eine dunkle Gedankenwelt abzudriften, weswegen er versuchte ihren Kampfgeist zu wecken, indem er den arroganten Kerl raushängen ließ, den sie nicht ausstehen konnte. „Mir kann einfach niemand widerstehen", lachte er leicht. Dieses Schauspiel kostete ihm selbst einiges an Kraft, doch er durfte nicht zulassen, dass Evelyn panisch wurde. Sie schenkte ihm einen abwertenden Blick. Siegessicher blickte er ihr in die Augen und zwang sich abermals zu einem Lächeln. Offensichtlich hatte er es geschafft ihre Gedanken von all dem Tod wegzulenken und sie dazu gebracht ihn stattdessen wieder für ein überhebliches Arschloch zu halten. „Ich hätte dir meine Nummer ganz bestimmt nicht gegeben", fauchte Eve. Laut lachte Dan los: „Ist schon in Ordnung, Süße. Wahrscheinlich wolltest du mich auch gar nicht küssen." Die Polizisten blickten geschockt zwischen den beiden her. „Das Krankenhauspersonal meinte sie wären verlobt", sprach der größere der beiden seine Gedanken aus. „Sind wir auch", erklärte Dan immer noch grinsend. „Ich habe gefragt und sie hat sofort Ja gesagt, nur ihre Nummer wollte sie mir nicht geben."

Der andere Polizist funkelte ihn böse an: „Streich das wieder aus dem Protokoll, Sasha, diese kindische Auseinandersetzung müssen wir wirklich nicht aufnehmen. Würden Sie also bitte von vorne erzählen, wie dieser Anschlag ihrer Meinung nach abgelaufen ist?" Er blickte von Dan zu Eve und beide nickten.

„Also", setzte Dan an, „Wie Sie wahrscheinlich wissen, sind wir mit dem Airbus von Madrid angekommen." Plötzlich überkam Evelyn ein schreckliches Gefühl und sie unterbrach ihn „Wurden denn alle Menschen getötet, die auf unserem Flug waren?" Ein Polizist schüttelte den Kopf: „Wir haben noch nicht alle Leichen identifiziert, aber wir können Ihnen versichern, dass nur die Erste Klasse aus dem Flugzeug ausgestiegen war. Das Gate wurde sofort geschlossen, als die ersten Schüsse fielen und die meisten Passagiere dann aus dem Airbus evakuiert." Dan schenkte ihr einen fragenden Blick, um festzustellen ob sie mit ihren Fragen fertig war. Eve nickte.

„Wir haben den normalen Weg zum Gepäckband genommen und waren kurz davor ins Erdgeschoss zu fahren, um unsere Koffer abzuholen, als Evelyn stehen blieb und sich zu den Aufzügen umdrehte. Dann ist alles wahnsinnig schnell gegangen, ich habe gesehen, wie dieser Typ in ihre Richtung zielte, zuerst an ihr vorbei, dabei hat er diese kleine Amelie getötet. Die Kugel hat jedoch auch Evelyn an der Hüfte gestreift und dann war da irgendetwas Blaues." Eve starrte ihn mit großen Augen an. Er hatte die Gestalt ebenfalls gesehen und sie wusste, dass es auch ihm seltsam vorkam darüber zu sprechen. „Jedoch kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob bereits zuvor Schüsse gefallen sind", fuhr Dan fort. Auch Eve hatte keinen genauen Überblick über den zeitlichen Ablauf der Geschehnisse. Ihre Erinnerungen waren irgendwie verschwommen.

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