Die zweite Therapiesitzung einige Tage später, war ebenfalls ganz gut über die Bühne gegangen. Eve saß im Esszimmer und lachte über einen Zeitungsartikel, den sie soeben gelesen hatte. Langsam beruhigte sich ihre Gefühlslage wieder ein wenig. Ihre Alpträume waren jedoch immer noch die Gleichen, genau wie die Tatsache, dass sie jeden Morgen als Erstes daran dachte, wie glücklich sie sich schätzen konnte noch zu leben. Dennoch heilte die Zeit langsam die Wunden. Mittlerweile waren fast drei Wochen seit dem Attentat vergangen und tagsüber vergingen die Stunden nun wieder angenehmer. Eve wollte endlich anfangen ihren Plan abzuarbeiten. Jedoch hatte sie über Punkt eins noch einen anderen gestellt. Endlich zum Flughafen zu fahren und die Kerze anzuzünden, die sie schon seit Tagen mit sich herumschleppte. Genau wie den Brief den sie extra für Amelia geschrieben hatte.Dan kam zu ihr ins Wohnzimmer. Auch er hatte ein Grinsen im Gesicht. Wie selbstverständlich ging er auf sie zu und drückte ihr ein Küsschen auf die Lippen. Das war zu einer alltäglichen Routine in den letzten Wochen geworden. Eigentlich verhielten sie sich wie ein altes Ehepaar. Manchmal, wenn sie nähe brauchten, kuschelten sie sich aneinander. Jedoch achteten sie beide peinlich genau darauf sich nicht in sexuelle Gedanken zu verstricken. Sie hielt ihm ihre Kaffeetasse unter die Nase. Auch das Teilen war mittlerweile mehr als normal für sie beide. Alles was Dan gehörte, gehörte ebenso Evelyn und umgekehrt.
„Liebling, ich mache mich kurz auf zum Supermarkt, denn ich muss mir unbedingt die neue Ausgabe meiner Lieblingssportszeitschrift besorgen. Brauchst du irgendetwas?", fragte er liebevoll. „Wohin fährst du denn?", wollte sie wissen.
„Ich fahre nicht, ich laufe. Gleich um die Ecke befindet sich diese kleine Tankstelle, die haben auch Zeitschriften, aber wenn du etwas anderes möchtest kann ich noch einen Umweg einlegen."
Eve schüttelte den Kopf. Eigentlich wollte sie ihm verbieten mit seinem Bein zu laufen. Vor allem weil er hier ein wenig abgelegen wohnte und ihn womöglich niemand finden würde, sollte er Probleme bekommen.
„Nimm bitte dein Handy mit. Nur für den Fall, dass du Hilfe benötigst." Er schüttelte lächelnd den Kopf: „Evelyn, ich bin doch kein kleines Kind, ich verausgabe mich schon nicht." Immer noch grinsend drückte er ihr noch ein Küsschen auf die Lippen, schon war er verschwunden. Obwohl sie wusste, dass er recht hatte und sie sich eigentlich nicht so viele Sorgen um einen erwachsenen Mann machen musste, konnte sie die negativen Gedanken nicht abschütteln. Um sich abzulenken ging sie durch die Terrassentür in den Garten. Es war noch frühmorgens, dennoch hatten die Sonnenstrahlen schon einige Kraft. Durch einen kleinen Auslass in der Hecke sah sie Daniels Nachbar Carl, den sie vor ein paar Tagen kennengelernt hatte. „Guten Morgen", begrüßte sie ihn freundlich. Carl war ein älterer Herr mit graumelierten Haaren, der vor vielen Jahren im Lotto gewonnen hatte und mit dem Geld dieses Haus gekauft hatte. Er bildete eine angenehme Ausnahme zu den anderen reichen Schnösel, die hier vollkommen zurückgezogen lebten.
„Morgen, Evelyn. Na, wie geht es dir heute? Wo ist Daniel?"
„Er ist nur kurz zu der Tankstelle um die Ecke. Leider lässt er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen und ist daher gelaufen. Ich hoffe wirklich er hat keine Schmerzen." Sie verzog das Gesicht leicht und Carl lachte. „Ach, Sweety, kein Grund zur Sorge. Daniel ist ein ausgesprochener Kämpfer. Es würde mich nicht wundern, wenn er im Herbst schon wieder einen Marathon läuft." Wahrscheinlich stimmte das, jedoch änderte das nichts an dem einengenden Ziehen in ihrer Brust. Sie hatte einfach ein ungutes Gefühl dabei und wünschte sich mittlerweile sie wäre mit ihm mitgegangen. Trotzdem versuchte sie es weiterhin mit der Ablenkung. „Wie geht es deiner Frau? Alles wieder okay, mit ihrem Rücken?" Carl seufzte leise: „Ach weißt du, wir sind einfach nicht mehr die jüngsten, aber es ist wieder ein wenig besser geworden." Evelyn lächelte freundlich. Urplötzlich verging ihr das Lachen, ein schrecklicher Schmerz durchfuhr ihren Bauch. Keuchend drückte sie sich die Hände an die Magengegend und krümmte sich. „Alles okay?", wollte Carl wissen. „N ... Nein, irgendetwas stimmt nicht", brachte sie stockend hervor. „Soll ich dich ins Krankenhaus fahren?", fragte er mitfühlend. Sie schüttelte hektisch den Kopf. „Nein, ich glaube es ist nichts mit mir, ich muss zu Dan", teilte sie ihm mit.
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Seelentattoos
RomanceAls Evelyn am Flughafen auf Daniel trifft, wirkt er auf sie genau wie der Typ Mann auf den sie sich nie wieder einlassen will. Mit all den Tattoos und seiner arroganten Art, macht er ihr bereits bei ihrer ersten Begegnung klar, dass er ganz genau we...